Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aussicht auf Sternschnuppen

Aussicht auf Sternschnuppen

Titel: Aussicht auf Sternschnuppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Koppold
Vom Netzwerk:
meiner Vorstellung eine laute und leidenschaftliche Szene zu machen. In der Realität kam mir dieses Phantasiegespinst auf einmal ziemlich albern vor. Meine Wut verrauchte so schnell wie sie gekommen war und machte einer bohrenden Traurigkeit Platz.
    Kleinlaut fragte ich Fee: „Und was soll ich deiner Meinung nach tun? Ihn einfach wegfahren lassen?“
    „Nein. Auf keinen Fall. Du musst dich zu erkennen geben. Aber bleib ruhig! Und werde bitte nicht handgreiflich! Das ist unter deinem Niveau.“
    „Du gehst also mittlerweile auch nicht mehr davon aus, dass die SMS von einer Geschäftspartnerin ist?“
    Fee gab keine Antwort.
    Giuseppe und seine Begleitung waren mittlerweile an einem silberfarbenen Mercedes-Cabrio angekommen. Eine zierliche Frau mit einem weißgrauen Dutt stand davor.
    Ich zögerte.
    „Helga, wenn du noch einmal mit ihm reden willst, dann solltest du das jetzt machen, denn gleich ist Giuseppe weg.“ Fee stieß mich vorwärts.
    Gut, ich würde es tun – zumindest das mit dem Reden – und wenn er mir besonders dumm kam, konnte ich Fees Warnung ja immer noch in den Wind schlagen und ihm meine Handtasche oder etwas Ähnliches überziehen … Um mir Mut zu machen, wiederholte ich noch einmal kurz, was ich ihm sagen wollte: „Giuseppe, … absolut enttäuscht, … das Allerletzte, … nie wieder sehen, … hast mein Leben zerstört.“ Nein, den letzten Teil musste ich streichen, zu melodramatisch. „Ich hasse dich.“ Auch nicht besser.
    „Helga, jetzt geh!“ Fee versetzte mir einen erneuten Schubs, denn Giuseppe fing an, Angelas Gepäck in den Kofferraum des Cabrios zu zwängen.
    Aber ich war noch zu keinem Ergebnis gekommen. Vielleicht sollte ich Stärke demonstrieren und sagen: „Dass ich dich los bin, ist das Beste, was mir passieren konnte.“ Nein. Zu klischeehaft.
    Die ältere Frau öffnete die Fahrertür und Angela kletterte auf die Rückbank. Giuseppe nahm auf dem Beifahrersitz Platz.
    Mein Gott, mir musste doch etwas einfallen. Schnell! Vielleicht „Ich wünsche dir viel Spaß …“ Zu ironisch. Oder „Gut, dass ich jetzt kein schlechtes Gewissen mehr haben muss, dass ich dich schon seit Monaten mit einem meiner Kollegen betrüge!“ Würde mir an sich recht gut gefallen, klang aber ziemlich unglaubwürdig. Ach, ich würde den letzten Satz einfach weglassen und mit „nie wiedersehen“ aufhören!
    Ich schob mich nach vorne, doch es war zu spät. Die ältere Frau zog die Fahrertür zu, der Motor heulte auf und schon war der Mercedes verschwunden. Schweigend sahen Fee und ich ihm nach.
    „Warum bist du nicht zu ihm gegangen?“, fragte meine Schwester ungehalten. „Ich habe dich extra zum Flughafen gefahren und jetzt bist du genauso schlau wie vorher. Zu deiner Wohnung wird er die Kleine wohl kaum bringen.“
    Ich ließ mich auf den Bürgersteig sinken. „Ich weiß nicht. Vielleicht weil ich nicht der Typ bin für laute Szenen in der Öffentlichkeit bin. Oder weil ich mir nicht ganz sicher war, was ich ihm genau sagen sollte. Vielleicht aber auch, weil ich auf diese Weise immer noch glauben kann, dass es für alles eine ganz harmlose Erklärung gibt.“
    „Und die gibt es bestimmt. Das Mädchen war doch noch so jung. Um die zwanzig. Was sollte die denn mit so einem alten Knacker wie Giuseppe?“
    „Giuseppe ist erst vierzig.“
    „Hättest du dich mit zwanzig mit einem doppelt so alten Mann eingelassen?“
    „Mit Sting schon.“ Ich lächelte schwach.
    „Giuseppe ist aber nicht Sting. Und wer war die alte Frau? Doch bestimmt die Oma des Mädchens.“
    „Oder ihr Chauffeur.“
    „Der Chauffeur. Das glaubst du doch wohl selbst nicht, du Dummchen.“
    „Angela hat bestimmt einen Chauffeur. Sie hat eine Warteliste-Handtasche und ein teures Cabrio. Warum also nicht auch einen Chauffeur?“
    Mir war zum Weinen zumute. Ich würde jetzt nach Hause fahren und googlen, ob Jungfräulichkeit eine zwingende Voraussetzung für das Leben als Nonne war oder ob es reichte, wenn man ab dem Klostereintritt schwor, enthaltsam zu bleiben.
    In diesem Moment vibrierte es in meiner Jeans. Ich hatte eine Kurzmitteilung bekommen. Bestimmt von meiner Mutter. Seitdem Fee ihr vor zwei Wochen einen ganzen Abend lang die Funktionen ihres neuen Handys erklärt hatte und sie nun wusste, wie man SMS schreibt, bombardierte sie mich ständig mit diversen Details aus ihrem Alltagsleben. Tatsächlich!
    „Bin beim Einkaufen und stehe nun vor der Schlange an der Kasse. Hast du am Wochenende Zeit?“
    Na

Weitere Kostenlose Bücher