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Australien 02 - Der Sternenleser

Australien 02 - Der Sternenleser

Titel: Australien 02 - Der Sternenleser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Grenville
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kluge Schwester vermissen. Sie war der einzige Mensch auf der Welt, bei dem er sich niemals hatte verstellen müssen.
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    Er erhielt die Uniform – die weißen Kniehosen und die rote Jacke mit den Tressen und den Messingknöpfen seines Regiments. Man händigte ihm eine Muskete aus und brachte ihm bei, wie man das Schwarzpulver einfüllte, die Bleikugel setzte und mitsamt eines Schusspflasters mit dem Ladestock in den Lauf hinunterstieß, anschließend das Zündkraut auf die Pulverpfanne schüttete und den Batteriedeckel schloss, um die Waffe schussbereit zu machen.
    Es war eine geniale Konstruktion, die mit überzeugender Logik funktionierte. Wenn man den Hahn gespannt hatte und den Abzug betätigte, schlug das Steinschloss mit dem Flintstein gegen die stählerne Fläche des Batteriedeckels. Dabei wurde ein Funkenregen erzeugt, das Zündkraut in der Pfanne entflammte und brachte die Schwarzpulverladung hinter dem Bleigeschoss zur Entzündung. Durch die expandierenden Gase wurde die Kugel dann aus dem Lauf getrieben. Die Abfolge war genauso zufriedenstellend wie bei einem Sextanten, dessen Spiegel und eingravierte Gradbruchteile einem verrieten, wo genau die Sonne am Himmel stand.
    Zu gegebener Zeit wurde Rooke zum Leutnant ernannt und Seiner Majestät Linienschiff Resolution zugeteilt. Während er im Beiboot saß und zusah, wie das Schiff immer größer wurde, fasste er den Vorsatz, dass dies ein neuer Anfang sein würde. Niemand hier kannte ihn: Daniel Rooke konnte genauso gut klug sein wie dumm. Zusammen mit der neuen roten Jacke und der Muskete an ihrem Riemen über der Schulter konnte er ein nagelneues Selbst annehmen.
    Der Zufall wollte es, dass seine Hängematte im Bauch der Resolution neben der eines Mannes hing, der nicht unterschiedlicher hätte sein können als er.
    Talbot Silk war klein und quirlig und mit seinem schmalen Gesicht und allzu dünnen Mund nicht gerade hübsch, doch die erfrischende Lebendigkeit seines Wesens war einfach entwaffnend und wog alles andere auf.
    »Also, Rooke«, sagte er an jenem ersten Nachmittag, nachdem der Quartiermeister ihnen ihre Hängematten zugewiesen und sie dann allein gelassen hatte. »Sag mir doch bitte gleich ganz offen, ob du ein Schnarcher bist. Bist du’s nämlich, werden wir eine Regelung finden müssen.«
    »Nein, nein«, begann Rooke, »das heißt, ich weiß es nicht, woher sollte ich auch? Ich, also, na ja, du wirst mir sagen müssen, ob ich schnarche oder nicht.«
    Silk warf ihm einen belustigten Blick zu. Er hatte die Natur seines Nachbarn blitzschnell durchschaut und ihm vergeben.
    »Potztausend, Rooke, ich sehe schon, wir zwei werden prima miteinander auskommen. Ich werde heute Nacht also wach bleiben und es dir morgen früh sagen. Jetzt komm erst mal mit, ich weiß zufällig, dass es heute Abend nicht genug Klöße für alle gibt, deshalb sollten wir uns besser sputen.«
    Es gab niemanden, der Silk nicht mochte: Er war herzlich, amüsant und unkompliziert, stets mit den richtigen Worten am richtigen Ort. Unter den boshafteren Exemplaren seiner Kameraden wurde gemunkelt, sein Vater sei Tanzlehrer. In der Tat traf es zu, dass sich Silk in Unterhaltungen leichtfüßig bewegte. Er konnte andere mit einem witzigen Zucken der Augenbraue und einem trockenen Tonfall zum Lachen bringen und war ein Geschichtenerzähler, der noch das banalste Ereignis in etwas Unterhaltsames verwandelte.
    Silks Charme hatte ihn schon weit gebracht: Nur zwei Jahre älter als Rooke, war er bereits Oberleutnant und hatte seine flinken Augen schon auf die nächste Beförderung gerichtet. Der Krieg war für Silk nichts weiter als eine Gelegenheit, seinem nächsten Ziel näherzukommen: der Ernennung zum Hauptmann Silk.
    Mit Silk als lebendem Vorbild neben sich arbeitete Rooke daran, eine akzeptable Version seiner selbst zu erfinden, die für die raue Kameradschaft der Offiziersmesse tauglich war. Er lernte, wie man ein oder zwei Banalitäten austauschte. Er stählte sich, um den Blick anderer erwidern zu können. Während er den Leutnants am Tisch in der Offiziersmesse beim Fangbecherspielen zusah, ging ihm auf, dass man, um zu gewinnen, einfach nur lernen musste, den Lärm ringsumher völlig auszublenden. Er hätte es auch gerne einmal probiert – doch er traute sich nicht.
    Der neue Daniel Rooke war dem alten nicht vollkommen unähnlich. Nach wie vor war er ein stiller Geselle, der sich gerne im Hintergrund hielt, doch eines Abends vergaß er sich so weit, dass er die

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