Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen
alle unter Höllenqualen. Das Grauen, das um sie herum herrschte, trieb sie noch in den Wahnsinn, immerzu hörte sie neue Dramen, die sich im Gang abspielten, und erhaschte Blicke auf die angespannten Gesichter der Menschen, die die Todkranken oder Schwerverletzten begleiteten.
Außerdem trieben sie die Schmerzen zum Wahnsinn, die Schmerzen in ihren Rippen, ihrem Rücken, ihrem Kopf, ihrem ganzen Körper. Nicht weniger schmerzhaft waren die Gedanken, die sie sich über Clancy machte, und die ständige Sehnsucht nach ihren Mädchen. Seit sie das Bewusstsein wiedererlangt hatte, hatte Clancy sie noch kein einziges Mal besucht. Gott sei Dank, dachte sie, und gleichzeitig dieses Schwein ! Es war ihr unvorstellbar, wie er so grausam sein konnte, ihr die Mädchen so lange vorzuenthalten. Sie wusste, dass Rod und Flo nicht die Wahrheit sagten, wenn sie immer wieder behaupteten, Clancy würde sie bald mit den Kindern besuchen kommen. Als Emily sie anbettelte, die Kinder zu Hause abzuholen und zu ihr zu bringen, versuchten die beiden sie aufzumuntern, indem sie ihr von Snowgums Erholung erzählten, aber das konnte Emily nicht von ihrem Kummer ablenken. Sie hatte ein paarmal mit ihren Kindern und ihrem Ehemann telefoniert, wobei eine Krankenschwester den Hörer an ihr Ohr gehalten hatte. Jedes Mal hatte Clancy behauptet, er würde Meg und Tilly am nächsten Vormittag zu ihr bringen, aber bis jetzt waren sie noch nicht aufgetaucht.
Selbst Mick Parker war angeschlurft gekommen, um sie zu besuchen, mit betretener Miene und glatt rasiert, in der Hand ein paar ziemlich zerzupfte Trauben, und hatte sich verlegen dafür entschuldigt, dass er sie gerammt hatte. Doch als sie ihn nach Clancy und den Kleinen gefragt hatte, hatte er nur mit den Achseln gezuckt und erklärt, er hätte sie nicht gesehen.
»Können Sie mich nicht einfach entlassen?«, bettelte Emily den Arzt an, weil sie sich nicht ausmalen wollte, was für Zustände unter Clancys sogenannter Fürsorge herrschen mussten.
Der Arzt schüttelte den Kopf. »Auf keinen Fall, meine Liebe. Erst in ein paar Wochen!«
»Wochen!«
»Sie haben sich schwere Verletzungen zugezogen«, erklärte der Arzt, ohne von seinem Klemmbrett aufzusehen.
Sie spielte mit dem Gedanken, ihn zu fragen, ob sie in das Buschkrankenhaus in Dargo verlegt werden konnte, aber ohne dass sie einen Grund dafür benennen konnte, merkte sie, dass ihr dieser Gedanke nicht gefiel. Betrübt sah Emily zu, wie der Arzt etwas unterschrieb und der Krankenschwester reichte.
»Ach, kommen Sie! Schauen Sie nicht so traurig!«, sagte er. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass Ihre beiden Mädchen und Ihr hübscher Mann schon im Gebäude sind und Sie gleich besuchen kommen. Wenn das kein Grund zum Lächeln ist!«
Er verschwand so eilig aus dem Zimmer, wie er gekommen war, und Emily blieb allein zurück, um die Nachricht zu verdauen. Clancy? Hier? Mit den Mädchen? Wie schön, dass sie endlich da waren! Aber wie konnte sie ihm im Beisein ihrer beiden Mädchen erklären, dass es vorbei war? Wie konnte sie das andererseits verschieben? Den Gedanken, so weiterzuleben wie vor dem Unfall, ertrug sie einfach nicht.
Und plötzlich standen sie vor ihr. Meg hatte jedes bunte Kleidungsstück angezogen, das sie nur finden konnte, und sah aus wie ein Hippie-Engel. Ein Krönchen, eine blaue Sonnenbrille, lila Feenflügel, dicke grüne Perlen um den Hals. Nicht nur ein, sondern zwei Prinzessinnenkleider in Gelb und Rosa über einem gestreiften Pulli und, natürlich, Reitstiefel in Kombination mit knallbunten Ringelstrümpfen. Tilly war in ein Batmankostüm mit Schaumstoff-Brustmuskeln, Maske und Cape gekleidet und hatte dazu eine falsche Perlenkette angelegt.
Hinter ihnen stand groß und mächtig Clancy, dem die Unsicherheit deutlich anzusehen war. Auch die beiden Mädchen blieben erst ängstlich in der Tür stehen, aber ihre Mienen hellten sich glücklich auf, sobald sich Emily an dem Haltegriff über ihrem Bett hochzog und sie strahlend begrüßte: »Na, hallo!«
»Mummy!«, kreischte Tilly auf, und beide Mädchen kamen zu ihr gerannt, kletterten auf ihr Bett und küssten sie ab, wobei die Gemäldesammlung, die sie mitgebracht hatten, zahllose Knicke und Risse bekam.
»Au, au, au!«, wehrte sich Emily. »Vorsichtig. Nimm dein Bein da weg, Matilda. Vorsichtig! Mum tut immer noch alles weh. Ach, meine Mädchen! Meine kleinen Wunderkinder!«
»Hab keine Angst, Mummy! Ich werde dich retten«, versprach Tilly mit Batmanstimme.
»Hi«,
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