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Auswahl seiner Schriften

Auswahl seiner Schriften

Titel: Auswahl seiner Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wagner
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wollte, um sie vermischt, gleichsam als Arzneimittel, der kranken Seele zuzureichen, so scheiden sie sich doch alsbald von selbst, und tun sie es nicht, so wirkt das erste gar nicht, wenn aber auch das physische Leben hierbei einige Kraft gewönne, so würde doch das moralische ohne Rettung dahinschwinden.« Klingen diese letzten Worte nicht wie eine Prophezeiung auf unsere Zeit, und ist Wagners Schrift etwas anderes als ein wunderbar ergreifender Kommentar zu diesem Texte? – Die »Vermischung« des »moralischen« Lebens mit dem »physischen« ist der wahre Erbschade, den unsere heutige Zivilisation aus der Zeit der »Glücks«- und »Allgemeinwohl«-Moralisten empfangen hat. Kant reinigte von ihr die erhabene Vernunftmoral des Rechtes und der Pflicht, Wagner will von ihr die innige Gefühlsmoral des Mitleids und der Liebe gereinigt sehen. Muß es der Zukunft vorbehalten bleiben für die harmonische Vereinigung beider »Reinigungen« die philosophisch durchgearbeitete Form zu finden, so können doch ihre Prinzipien schon heute jeder edel und natürlich gebildeten Menschlichkeit gewiß sein: Daß keine Rücksicht auf »allgemeine Nützlichkeit« aus Unrecht Recht machen kann und keine »Forderung des Allgemeinwohles« ebensowenig auch wissenschaftlicher Forschungseifer uns berechtigt, unsere Menschlichkeit zu rohen Henkersdiensten an hochorganisierten Tieren zu erniedrigen.
    Lieber, hochgeehrter Herr!
    Sie trauen mir zu, auch durch mein Wort der neuerdings durch Sie so energisch angeregten Unternehmung gegen die Vivisektion behilflich werden zu können, und ziehen hierbei wohl die vielleicht nicht allzugeringe Anzahl von Freunden in Betracht, welche das Gefallen an meiner Kunst mir zuführte. Lasse ich mich durch Ihr kräftiges Beispiel zu einem Versuche, Ihrem Wunsche zu entsprechen, unbedingt hinreißen, so dürfte weniger mein Vertrauen in meine Kraft mich bestimmen, Ihnen nachzueifern, als vielmehr ein dunkles Gefühl von der Nothwendigkeit mich antreiben, auch auf diesem, dem ästhetischen Interesse scheinbar abliegenden Gebiete den Charakter der künstlerischen Einwirkung zu erforschen, welche von vielen Seiten her bis jetzt mir zugesprochen worden ist.
    Da wir in dem vorliegenden Falle zunächst wiederum demselben Gespenste der »Wissenschaft« begegnen, welches in unserer entgeisteten Zeit vom Sezirtische bis zur Schießgewehr-Fabrik sich zum Dämon des einzig für staatsfreundlich geltenden Nützlichkeits-Kultus aufgeschwungen hat, muß ich es für meine Einmischung in die heutige Frage von großem Vortheil erachten, daß bereits so bedeutende und vollberechtigte Stimmen Ihnen zur Seite sich vernehmen ließen und dem gesunden Menschenverstande die Behauptungen unserer Gegner als irrig, wenn nicht trügerisch offen legten. Andererseits ist allerdings von dem bloßen »Gefühle« in unserer Angelegenheit ein so großer Äußerungs-Antheil in Anspruch genommen worden, daß wir dadurch den Spöttern und Witzlingen, welche ja fast einzig unsere öffentliche Unterhaltung besorgen, günstige Veranlassung boten, die Interessen der »Wissenschaft« wahrzunehmen. Dennoch ist, meiner Einsicht gemäß, die ernstlichste Angelegenheit der Menschheit hier in der Weise zur Frage erhoben, daß die tiefsten Erkenntnisse nur auf dem Wege der genauesten Erforschung jenes verspotteten »Gefühles« zu gewinnen sein dürften. Gern versuche ich es, mit meinen schwachen Kräften diesen Weg zu beschreiten. –
    Was mich bis jetzt vom Beitritte zu einem der bestehenden Thierschutz-Vereine abhielt, war, daß ich alle Aufforderungen und Belehrungen, welche ich von denselben ausgehen sah, fast einzig auf das Nützlichkeits-Prinzip begründet erkannte. Wohl mag es den Menschenfreunden, welche sich bisher den Schutz der Thiere angelegen sein lassen, vor allen Dingen darauf ankommen müssen, dem Volke, um von ihm eine schonende Behandlung der Thiere zu erreichen, den Nutzen hiervon nachzuweisen, weil der Erfolg unserer heutigen Zivilisation uns nicht ermächtigt, andere Triebfedern als die Aufsuchung des Nutzens für die Handlungen der staatsbürgerlichen Menschheit in Anspruch zu nehmen. Wie weit wir hierbei von dem einzig veredelnden Beweggrunde einer freundlichen Behandlung der Thiere entfernt blieben, und wie wenig auf dem eingeschlagenen Wege wirklich erreicht werden konnte, zeigt sich in diesen Tagen recht augenfällig, da die Vertreter der bisher festgehaltenen Tendenz der Thierschutz-Vereine gegen die allerunmenschlichste

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