Auszeit - Ein Schwarz Weiss Tot Krimi
der durch die Melasse eines eingefrorenen Augenblicks auf Nimmerwiedersehen verschwinden konnte? Und selbst wenn sie einen Plan schmiedeten und Nita ihrerseits ihre Fähigkeiten einsetzte, um ihn zu stellen: Was dann? Sie könnten ihn nicht verhaften. Kein Staatsanwalt würde den Fall übernehmen, und es existierte kein einziges Beweisstück, das October auf legale Weise in seinen Besitz gebracht hatte.
Deswegen legte er so viel Enthusiasmus in seine Stimme, wie er nur konnte. »Ich habe eine Idee.«
Um kurz nach sechs fuhr er hinaus nach Seepunt, zu der offiziellen Adresse von James Daniel Fortuin. Er gelangte zu einem hübsch restaurierten Haus in der Algakirkstraat. Ein blank geputzter kleiner Audi stand vor der Tür.
Hatte der Junge so viel Geld gestohlen? Ohne dass jemand Verdacht geschöpft hatte?
October parkte ein Stück weit die Straße hinunter, aber so, dass er das Haus beobachten konnte. Um zwanzig nach sieben kam ein Mann heraus, weiß, um die vierzig, groß und hager. Das konnte doch gar nicht sein! October rief die Dienststelle in Seepunt an und identifizierte sich. Er bat seine Kollegen, in der Datenbank nach der Telefonnummer zu suchen, die zu dieser Adresse gehörte.
Nach einer Viertelstunde riefen sie zurück. Das Haus gehörte einem gewissen Peter Behrbaum. Die Kollegen gaben ihm die Festnetznummer. Er rief an.
»Hallo?«, fragte eine Frauenstimme.
»Mevrou Behrbaum?«
»Richtig.«
»Entschuldigen Sie, kann ich unter dieser Nummer auch Jimmy Fortuin erreichen?
»Nein, er wohnt in dem kleinen Anbau hinten im Garten. Soll ich Ihnen seine Handynummer geben?«
»Ich weiß nicht, was du mit Zuyane angestellt hast, aber er ist heute zwanzig Minuten früher gekommen und hat die ganze Zeit nur ›Gut, Antie Pearlie, ja, Antie Pearlie‹ gesagt«, berichtete seine Frau, als October um zehn Uhr zum Essen ging.
»Ich habe ihm gesagt, das Leben sei zu kurz, um einen Beruf auszuüben, der einem keine Freude macht«, antwortete er.
»Da hast du recht, mein Herz. Aber wie ich sehe, macht dir momentan dein Urlaub Freude.«
»Ach ja?«
»Mich kannst du nicht an der Nase herumführen, Johnnie October, es steht dir ins Gesicht geschrieben – dieser Stör-mich-nicht-ich-ermittle-Ausdruck.«
»Du kannst mich ruhig stören.«
»Ach, du weißt doch, dass ich mich von diesem Ausdruck noch nie habe abschrecken lassen.«
»Morgen früh muss ich sehr zeitig aufstehen, Pearlie. Aber ich verspreche, leise zu sein.«
Der junge Mann glich einer großen Katze, geschmeidig und wachsam. Um halb acht kam er aus dem Tor des Hauses in der Algakirkstraat und ging in Richtung Meer. Sein jugendlich federnder Gang erinnerte October an Nita.
Er saß in seinem Cressida und versuchte den Eindruck zu erwecken, als warte er geduldig auf jemanden. Jimmy Fortuin ging vorbei, ohne ihn anzusehen. October blickte ihm im Rückspiegel hinterher und beobachtete, wie er rechts in die Kloofstraat abbog. Er ließ den Motor an, wendete und folgte ihm. Er verlor ihn für einen Moment, fuhr schneller und sah, dass der junge Mann nach links in die Kerkstraat abgebogen war. Gleich darauf verschwand er links in der Regentstraat.
October stellte das Auto an der nächsten Straßenecke ab, stieg aus, schloss hastig die Tür und folgte dem Verdächtigen zu Fuß. Hundert Meter vor ihm schloss Fortuin ein Geschäft auf. October wollte gerade stehen bleiben, bemerkte aber rechtzeitig, dass das zu auffällig gewesen wäre. Er überquerte die Straße und musste sich zwingen, sich nicht umzusehen. Erst als er wusste, dass er sich außerhalbvon Fortuins Blickfeld befand, blieb er stehen, drehte sich um und spähte um eine Hausecke.
Jimmy Fortuin schloss die Tür des Geschäfts hinter sich. Es war ein kleiner Laden mit nur einem Schaufenster. Als October das Ladenschild las, schüttelte er verwundert den Kopf:
Die Stoppuhr.
Und darunter:
Neue und gebrauchte Uhren. Reparaturservice.
October frühstückte im New York Bagel und las dabei in aller Ruhe die Zeitung. Um fünf vor zehn bezahlte er die Rechnung und machte sich auf den Weg zu Fortuins Geschäft. Als er die Tür öffnete, läutete leise ein Glöckchen. Drinnen herrschte Halbdunkel. Vitrinen voller Uhren waren aufeinandergestapelt, große und kleine Uhren, Armbanduhren, Wecker, Kuckucksuhren. Standuhren, nebeneinander aufgereiht, Wanduhren, auf alt getrimmt, hübsch hässlich. Ganz im Hintergrund saß James Daniel Fortuin an einer Werkbank, ein Vergrößerungsglas in der einen, einen
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