Auszeit - Ein Schwarz Weiss Tot Krimi
habe »am Hals heftig geblutet«. Mevrou van Rensburg steht unter
Schock und verlangte eine vollständige Aufklärung des Geschehnisses. Der
Verantwortliche müsse zur Rechenschaft gezogen werden.
Laut Kaptein
Strydom wird die Polizei in dem Fall weiterhin mit Hochdruck ermitteln, doch
leider konnte bisher keiner der Zeugen Angaben über die Herkunft und die Art
des Gegenstands machen, der den Tod von Meneer Holtzhausen verursacht hat.
Meneer Holtzhausen, der vor allem für seine gemeinnützige Arbeit
bekannt war, hinterlässt eine Frau, Marie, und zwei Töchter, Stefanie (19)
und Drika (17). Am Mittwoch wird in der zentralen Gemeinde der
niederländisch-reformierten Kirche in Kapstadt ein Gedenkgottesdienst
abgehalten.
October legte den Zeitungsausschnitt weg
und nahm wieder den Brief zur Hand.
Mehr später
. Er schüttelte den
Kopf, griff nach dem Kuvert und vergewisserte sich, dass der Brief wirklich an
ihn gerichtet war.
An der Anschlussstelle Modderdam war er so
in Gedanken, dass er auf der linken Spur in Richtung Mitchell’s Plain blieb. Die
Macht der Gewohnheit – zwanzig Jahre lang. Als er seinen Fehler bemerkte, war er
derart im dichten Feierabendverkehreingekeilt, dass er
erst in Greenlands drehen und dann zurück in Richtung Durbanville fahren
konnte.
Es
war schon Viertel nach fünf, als er die Glastür des Restaurants in der
Oxfordstraat öffnete.
Kaapse Kos
stand in eleganten weißen Buchstaben
über dem Eingang. Seine Frau Pearlie hatte darauf bestanden, diesen schlichten
Namen zu wählen – »Küche der Kap-Region«. October hatte dafür plädiert, das
Restaurant in Anspielung auf das Paradies »Pearlie’s Gates« zu nennen,
schließlich sei ihre Küche geradezu himmlisch. Doch sie hatte erwidert: »Nein,
danke, mein Herz, aber das klingt mir zu hochtrabend.« Und sie hatte recht
gehabt – wie immer.
Aus der Küche wehte der köstliche Duft von
Basmatireis.
»Hallo, Uncle Johnnie«, begrüßte ihn Muna Abrahams
fröhlich und fuhr fort, die Tische zu decken. Muna war jung und schön – Pearlies
Nichte und ihre rechte Hand.
»Hallo, Muna. Wie geht’s, wie steht’s?«
»Es geht nicht
nur, es läuft, Uncle Johnnie«, antwortete sie, wie sie es von klein auf gelehrt
hatte. Und sie lachte ihr hübsches Lachen.
Er ging weiter
nach hinten durch und stieß die Schwingtüren zur Küche auf. Pearlie stand am
Herd, Zuyane Adams in seiner weißen Kochkluft neben ihr. Aufmerksam und
konzentriert rieb er Fischfilets mit der Masala-Gewürzpaste ein. October hielt
einen Augenblick inne und beobachtete seine Frau, seine Meisterköchin, sein
molliges Herzblatt, schon seit fast vierzig Jahren. Sie spürte seine Anwesenheit
mit ihrem sechsten Sinn und lächelte bereits, ehe sie sich umsah. Er gesellte
sich zu ihr. Ihr fiel auf, dass er hinkte, und sie fragte besorgt: »Das
Wetter?«
»Bestimmt«, sagte er und küsste sie. »Der Sommer lässt
dieses Jahr auf sich warten.«
»Hallo, Uncle Johnnie«, grüßte Zuyane.
»Hallo,
Zuyane.«
»Komm, probier mal«, sagte Pearlie. Sie nahm einen Löffel, schöpfte ein wenig
von dem Bredie heraus und blies darauf, um es abzukühlen. »Zu viel schwarzer
Pfeffer?«, fragte sie und hielt ihm den Löffel hin. Es war ihr festes Ritual. Er
schloss die Augen und ließ sich die Kostprobe auf der Zunge zergehen. Das
Fleisch war butterzart, der Geschmack vollkommen, man konnte es nicht anders
nennen. Er ließ sie eine Zeit lang zappeln, wie jeden Abend, öffnete die Augen
und sah ihren erwartungsvollen Blick.
»Nein«, sagte er.
»Was heißt
›nein‹?«, fragte sie bekümmert.
»Nein, es ist nicht zu viel schwarzer Pfeffer
dran.«
»Zu
wenig Zucker?«
»Nein. Es schmeckt ganz wunderbar. Das beste, das du
je gekocht hast.«
»Ist das dein Ernst, mein Herz?«
Wieder küsste er
sie. »Ja, mein voller Ernst.«
»Hattest du einen guten Tag?«
»Einen
interessanten. Ich erzähl’s dir später. Wie sieht es mit den Reservierungen
aus?«
»Proppenvoll!«, sagte sie. »Kaum zu glauben, was?«
Er stieg die Treppe zur Wohnung hinauf –
drei Schlafzimmer, ein Badezimmer, Küche und Wohnzimmer, direkt über dem
Restaurant. Ihr Haushalt bildete eine farbige Insel inmitten der Weißen von
Durbanville, aber Pearlie hatte vonAnfang an darauf
beharrt, dass sie dieses Opfer bringen müssten, weil sie keine Lust habe, jeden
Tag mitten in der Nacht nach
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