Auszeit für Engel: Roman (German Edition)
Geburtstagsfeier eingeladen. Und die Woche darauf stand uns tagtäglich vor Augen, dass wir all das frische Obst und Gemüse immer noch nicht gegessen hatten.
Wir ertrugen es kaum, in die Küche zu gehen. Der Anblick von Blumenkohlköpfen und Weintrauben verfolgte uns, so dass wir nie wirklich zur Ruhe kamen. Nach und nach, während die Tage verstrichen und die Sachen verdarben, warfen wir sie verstohlen weg, ohne uns gegenseitig einzugestehen, was wir
taten. Und erst als die letzte Kiwi in den Mülleimer gekullert war, lichtete sich der schwarze Schatten und wir konnten uns wieder entspannen.
Pizza aus dem Tiefkühlfach ist mir tausend Mal lieber und längst nicht so viel Stress.
Und genau das, eine Tiefkühlpizza, kaufte ich für unser Abendessen. Ich stürzte in den nächsten Supermarkt und warf zwei Pizzas und eine Packung Frühstücksflocken in den Einkaufskorb.
Und dann trat das Schicksal auf den Plan.
Ich kann wochenlang ohne Schokolade auskommen. Also gut, tagelang. Aber wenn ich erst mal ein kleines Stück gegessen habe, will ich mehr, und das halbe staubige Mars zur Mittagszeit hatte das hungrige Tier in mir von der Kette gelassen. Und als ich im Kühlfach die Schachteln mit Trüffelpralinen sah, beschloss ich nach dem Motto:»Warum auch nicht?«, dem inneren Drängen nachzugeben und eine zu kaufen.
Wer weiß, was passiert wäre, wenn ich es nicht getan hätte. Konnte etwas so Unverfängliches wie eine Schachtel Pralinen wirklich mein ganzes Leben aus dem Gleis bringen?
Garv war schon zu Hause, und wir begrüßten uns ein wenig befangen. Wir hatten nicht damit gerechnet, den Abend zu zweit zu verbringen, sondern uns darauf verlassen, dass mit Liam und Elaine die komische Atmosphäre zwischen uns gemildert würde.
»Du hast gerade Donna verpasst«, sagte er. »Sie ruft dich morgen im Büro an.«
»Was gibt’s Neues?« Donnas Liebesleben ist ein einziges Chaos mit hohen Idealen, und da ich eine ihrer besten Freundinnen bin, empfinde ich es als meine Pflicht, ihr gute Ratschläge zu geben. Aber oft fragte sie auch Garv, um, wie sie sagte, »eine Einschätzung aus männlicher Sicht« zu hören, und seine Ratschläge waren so gut, dass sie ihn Doctor Love nannte.
»Robbie möchte, dass sie aufhört, sich die Achselhöhlen zu rasieren. Er findet das sexy, aber sie hat Angst, dass sie dann wie ein Affe aussieht.«
»Und was hast du ihr geraten?«
»Dass es völlig in Ordnung ist, wenn Frauen Haare –«
»Richtig, Schwester!«
» – aber wenn es ihr wirklich unangenehm ist, dann soll sie ihm sagen, sie würde aufhören, sich die Achselhöhlen zu rasieren, wenn er anfangen würde, Frauenslips zu tragen. Was dem einen recht ist, ist dem anderen … und so.«
»Du bist ein Genie, wirklich.«
»Danke.«
Garv nahm die Krawatte ab und warf sie über eine Stuhllehne, dann fuhr er sich mit den Fingern durch die Haare und schüttelte alle Spuren seiner Berufsidentität ab. Fürs Büro trug er sein Haar ordentlich aus dem Gesicht gekämmt, und der Nacken war sauber ausrasiert, aber in seiner Freizeit ließ er das Haar in die Stirn fallen.
Es gibt Männer, die sehen so gut aus, dass es wie ein Schlag mit dem Hammer auf den Kopf ist, wenn man ihnen zum ersten Mal begegnet. Zu der Sorte gehört Garv nicht; er gehört mehr zu der Sorte, die man zwanzig Jahre lang, tagein, tagaus, sehen kann, und dann wacht man eines Morgens auf und denkt: »Mein Gott, der ist richtig nett, warum ist er mir nicht früher aufgefallen.«
Sein offenkundigster Pluspunkt war seine Größe. Allerdings war ich auch groß, weswegen ich nie prahlen konnte: »Er ist ein Haus von einem Mann!« Dennoch, wenn ich mit ihm zusammen war, konnte ich hochhackige Schuhe tragen, was mir gefiel – meine Schwester Claire hingegen war mit einem Mann verheiratet gewesen, der genauso groß war wie sie, so dass sie flache Schuhe tragen musste, damit er sich neben ihr nicht unzulänglich fühlte. Dabei hat sie eine richtige Schwäche für Schuhe.
Aber dann hatte er eine Affäre und hat sie verlassen, so dass man sagen könnte, am Schluss hat sich alles zum Guten gewendet.
»Wie war’s im Büro?«, fragte Garv.
»Größtenteils schrecklich. Und bei dir?«
»Fast den ganzen Tag furchtbar. Aber für zehn Minuten, zwischen Viertel nach vier und fünf vor halb fünf, war es ganz
angenehm, da habe ich mich auf die Feuerleiter gestellt und so getan, als würde ich noch rauchen.«
Garv arbeitet als Versicherungsstatistiker, was für viele Leute
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