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Auszeit für Engel: Roman (German Edition)

Auszeit für Engel: Roman (German Edition)

Titel: Auszeit für Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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glücklich, wenn ich eine Lockenschere und ein Mobiltelefon hatte. Aber Garv brauchte, weil er ein Mann ist, jedes Digital-Ding und jedes Bang & Olufsen-Gerät, das auf den Markt kam.) »Sie haben also abgesagt.«
    »Fantastisch!«, rief ich. Dann besann ich mich; es waren seine Freunde. »Ich meine, nicht fantastisch für ihn und seinen Zeh, aber mein Tag im Büro war höllisch und …«
    »Lass mal«, sagte Garv. »Ich hatte auch keine Lust. Ich war schon drauf und dran anzurufen und zu erzählen, unser Haus sei abgebrannt oder irgend so was.«
    »Raffiniert. Na, wir sehen uns später.«
    »Was ist mit Essen? Soll ich uns was besorgen?«
    »Nein, du hast gestern was geholt. Heute mach ich das.«
    Ich fing mit meiner abendlichen Ausschalt-Orgie an, als jemand sagte: »Gehen Sie nach Hause, Maggie?« Es war Frances,
meine Chefin, und das »schon« war zwar stumm, aber ich hatte es trotzdem gehört.
    »Richtig.« Bloß keine Missverständnisse aufkommen lassen. »Ich gehe nach Hause.« Höflich, aber bestimmt. Bemüht, mir trotz meiner Stimme, die sofort zu zittern anfängt, wenn ich nervös bin, keine Angst anmerken zu lassen.
    »Der Vertrag für die Sitzung morgen früh ist fertig?«
    »Ja«, sagte ich. Er war es mitnichten. Sie meinte einen anderen Vertrag, einen, mit dem ich nicht einmal angefangen hatte. Es hatte keinen Zweck, Frances vorzujammern, wie schwer ich den ganzen Tag geschuftet hatte, um eine große Sache unterschriftsreif zu bekommen. Sie war von exzessivem Ehrgeiz getrieben und auf dem besten Wege, als Partnerin in die Firma einzusteigen; für sie war harte Arbeit eine Performance-Kunst. Sie verließ nur selten das Büro, und wir Kollegen nahmen an, dass sie unter ihrem Schreibtisch schlief und sich wie eine Frau von der Straße auf der Bürotoilette wusch.
    »Kann ich mal schnell gucken?«
    »Er ist noch nicht in einer präsentablen Form«, sagte ich verlegen. »Ich würde ihn gern ganz fertig haben, bevor ich ihn Ihnen zeige.«
    Sie sah mich eindringlich und viel zu lange an. »Sorgen Sie dafür, dass er morgen um halb zehn auf meinem Schreibtisch liegt.«
    »In Ordnung!« Aber das gute Gefühl, das in mir aufgekommen war, weil unsere Abendverabredung geplatzt war, hatte sich verflüchtigt. Als Frances mit klappernden Absätzen zurück in ihr Büro ging, sah ich auf den Computer, den ich gerade abgeschaltet hatte. Sollte ich bleiben und noch zwei Stunden an dem Vertrag arbeiten? Aber ich konnte nicht mehr. Ich war am Ende meiner Kräfte. All meine Begeisterung, all mein Arbeitseifer – sie waren aufgebraucht. Nein, ich würde stattdessen ganz früh ins Büro kommen und es dann machen.
     
    Ich hatte den ganzen Tag kaum etwas gegessen. Mittags hatte ich, statt die Arbeit zu unterbrechen, meine Schreibtischschublade nach einem Mars durchwühlt, das ich ein paar Tage
zuvor, wie ich mich erinnerte, nur zur Hälfte gegessen hatte. Ich war erfreut, als ich es fand, und reinigte es grob von Staubflusen und Büroklammern, und es schmeckte wirklich köstlich.
    Als ich nach Hause fuhr, hatte ich also Hunger, aber ich wusste, dass im Haus nichts Essbares sein würde. Essen war für Garv und mich ein riesiges Problem. Wie die meisten anderen Menschen, die wir kannten, ernährten wir uns von Mikrowellen-Mahlzeiten oder Take-aways, und ab und zu gingen wir zum Essen aus. Zwischendurch, wenn wir mit den sich anstauenden normalen Sorgen aufgeräumt hatten, wandten wir uns einen Moment dem Problem zu, dass wir nicht genügend Vitamine zu uns nahmen – wenigstens war das so, bevor es zwischen uns so komisch wurde. Wir nahmen uns dann fest vor, besser und gesünder zu leben, und kauften ein Glas mit Multivitamin-Tabletten, die wir ein, zwei Tage lang nahmen und dann prompt vergaßen. Oder aber wir machten einen Rieseneinkauf im Supermarkt, und wenn wir Massen von Brokkoli und verdächtig orange leuchtenden Mohrrüben nach Hause trugen, und dazu so viele Äpfel, dass man eine achtköpfige Familie eine Woche lang mühelos davon ernähren konnte, kugelten wir uns beinah die von Skorbut verkümmerten Arme aus. »Reich ist, wer gesund ist«, stellten wir voller Selbstzufriedenheit fest, denn uns schien es, dass der Einkauf von frischem Obst und Gemüse schon die gewünschte Wirkung haben würde. Erst als uns klar wurde, dass die Sachen auch verzehrt werden müssten, wurde es schwierig.
    Jedesmal verschworen sich die Ereignisse gegen unsere Kochpläne: Wir hatten länger im Büro zu tun, oder wir waren zu einer

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