Ausziehen!
war.«
»Er war Tight End bei den Lions«, sagte ich. »Wenn es das ist, was Sie meinen.«
»Wussten Sie, dass er ein Voyeur war?«
»Wie bitte?« Die Luft wich aus meinen Lungenflügeln.
»Und ein Exhibitionist?«
»Andrew?«
»Reden Sie alle Ihre Patienten mit Vornamen an?«
»Ein Spanner?«
»Howard Lepinski hat gesagt, dass Sie ihn ›Mr. Lepinski‹ nennen.«
»Sie haben mit Mr. Lepinski gesprochen?«
»Ich denke, das beantwortet meine Frage schon.«
»Was zum Teufel denken Sie sich dabei, mit meinen Patienten zu reden?«, fragte ich und trat unwillkürlich einen Schritt auf ihn zu. Er wich nicht zurück. Nur seine Mundwinkel zuckten wieder. Ich konnte nicht anders: Ich fragte mich, welchen Abdruck mein Ferragamo wohl auf seinem dämlichen, sardonischen Gesicht hinterlassen würde.
»Wussten Sie, dass er ein Exhibitionist war?«
»Lepinski?« Der Schuh sank.
»Bomstad.«
»Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?«
Dieses Mal hob er die Brauen. Ich zog den Morgenmantel fester über der Brust zusammen und erinnerte mich an mein professionelles Image. »Da müssen Sie sich irren«, erklärte ich und hob in einem überheblichen Anflug von Stolz mein Kinn. Entfacht die Freudenfeuer, die Märtyrerin ist wieder da!
»Weder irre ich mich«, antwortete er, »noch …« - er sprach das Wort mit einem betont harten »ch« aus - »… will ich Sie auf den Arm nehmen.«
Ich ging in mein Wohnzimmer hinüber und ließ mich in meinen La-Z-Boy-Sessel plumpsen. Irgendwann hatte er mal einem Mann namens Ron gehört. Ron war nicht lange geblieben. Der Sessel schon. Noch ein Grund mehr, warum ich Möbel Männern vorzog. »Bomstad?«, fragte ich und sah zu Rivera hinauf. Er hatte tiefe Augenhöhlen, wie eine Skulptur, und seine Haare waren zu lang, um modisch zu wirken. Um seine Ohren herum wellte es sich in dunklen Locken. »Andrew Bomstad?«
»Der Bomber«, bestätigte er. »Sie sind nicht die erste Frau, der er den Kopf verdreht hat.«
»Er hat mir nicht -«
»Warum haben Sie ihm dann den Wein geschickt?«
Dieses Mal stierte ich ihn nur an, starr wie ein Kirschkern.
»Den Spumante«, sagte er und stierte zurück. »Haben Sie ihm den geschickt?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Wussten Sie, dass er eine Freundin hatte?«
Ich nickte.
»Hat Sie das gestört?«
»Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass -«
»Es gab noch viele andere. Er stand besonders auf junge Frauen. Teenager. Sie entsprechen eigentlich nicht seinem Typ.«
»Ich habe ihm nicht -«
»Nicht, dass ich an seiner Wahl etwas auszusetzen hätte, aber wie ist er auf Sie gekommen?«
»Ich sagte Ihnen doch gerade, dass ich -«
»Ich meine, man würde annehmen, ein Mann wie Andy, ›der Bomber‹ Bomstad, würde einen Psychologen aufsuchen, der etwas … bekannter ist. Aber wahrscheinlich hat er Sie nicht wegen Ihres Diploms gewählt. Und vielleicht haben Sie auch nicht so viel über seine Vergangenheit gewusst. Sein Trainer hat einen erstklassigen Job gemacht und all seine Fehltritte aus den Schlagzeilen rausgehalten. Sie müssen jetzt allerdings auspacken. Ich werde alles diskret behandeln, um Ihre Praxis da nicht mit hineinzuziehen. Seit wann haben Sie mit Bomstad geschlafen?«
»Ich habe nicht -«
»Einen Monat? Ein paar Wochen?«
»Jetzt hören Sie mir mal gut zu!«, fauchte ich, schoss aus meinem Sessel heraus und trat so nah an ihn heran, dass ich den Kopf heben musste, um ihm ins Gesicht sehen zu können. »Ich habe nicht mit ihm geschlafen! Nicht ein einziges Mal! Ich habe seit Ewigkeiten mit niem…«
Er stand vollkommen reglos vor mir und starrte auf mich herunter. Ein beinahe überraschter Ausdruck huschte über sein Gesicht.
Langsam wurde ich wieder klar im Kopf. Ich atmete tief ein und trat einen Schritt zurück.
»Ich hatte keinen Geschlechtsverkehr mit Mr. Bomstad«, sagte ich kühl.
Wenn er jetzt wieder mit irgendwas zucken würde, würde ich ihm ins Auge spucken.
»Niemals?«
»Nie.«
»Oh.« Er nickte. »Haben Sie einen Freund?«
»Im Moment nicht.«
Er klappte sein Notizbuch zu und machte sich auf in Richtung Tür, wo er sich noch einmal umdrehte. »Jahrelange Enthaltsamkeit«, sagte er grüblerisch, »macht eine Frau leicht reizbar.«
Kurz erwog ich, ihm meinen Schuh doch noch um die Ohren zu hauen, aber dazu war ich viel zu professionell. Und außerdem war er angesichts des geladenen Ferragamos verdammt schnell verschwunden.
3
Ehrliche Freunde sind schon ganz nett, aber gegen’ne faustdicke Lüge und’nen Sixpack
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