Ausziehen!
aber …«
Bei dieser Aussage dämmerte es mir so langsam. Ich hatte die falsche Tricia Vandercourt vor mir!
»Aber er kann einen so was von zur Weißglut treiben!« Sie ballte die Faust und biss die Zähne zusammen.
Okay, vielleicht war ich bei ihr doch an der richtigen Adresse.
»Und er kann nicht loslassen.« Sie schüttelte den Kopf. »Er hat sich die ganze Zeit über Gedanken gemacht.«
»Worüber?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Über laufende Fälle. Über die Arbeit. Also nicht, dass das eine schlechte Sache wäre oder so. Immerhin ist er ein Bulle. Und es war auch nicht so, als hätte er sich um mich keine Gedanken gemacht.« Sie verdrehte die Augen. »Ich konnte kaum die Auffahrt rausfahren, ohne dass er mir hinterherlief und sich versicherte, dass ich auch ja …«, ihre Hände zitterten, »eine Waffe und eine 5-Liter-Flasche Pfefferspray bei mir hatte.«
Ich musste an das Pfefferspray in meiner Handtasche denken.
»So was in der Art hier.« Sie zeigte auf sich und mich. »Wir hier. Einfach nur zusammensitzen und sich unterhalten. Das hätte ihn wahnsinnig gemacht. Er dachte, ich wäre zu naiv. Er hat niemandem über den Weg getraut. Er war überzeugt davon, dass jeder, den ich treffe, nur darauf aus war, etwas von mir zu bekommen.«
Sie seufzte. Ich wand mich und hatte die direkte Fahrt in die Hölle schon vor Augen.
»Vielleicht war er einfach nur eifersüchtig«, sagte ich. Ich war es definitiv. Wenn ich Beine hätte wie sie, würde ich sie sogar regelmäßig rasieren. Wenn sie meine Patientin wäre, würde ich sie als einfältig und naiv bezeichnen. In Wahrheit war sie aber einfach nur verdammt süß.
»Eifersüchtig?« Sie dachte einen Augenblick lang nach. »Nein«, sagte sie schließlich entschieden und schüttelte den Kopf. »Er war einfach nur so … misstrauisch. Und ich …« Wieder schaute sie mich mit großen Augen an. »Also ich, ich bin eher so.« Mit ihrer rechten Hand ahmte sie ein Schnattern nach. »Er hat immer behauptet, ich würde mich sogar noch mit einem Kaktus anfreunden. Zuerst habe ich ja noch gedacht, das wäre eine gute Sache, aber dann meinte er, dass mich ein Kaktus umbringen könnte.« Sie sah traurig aus und wirkte einen Moment lang wie abwesend.
Wow. Ich suchte nach den passenden Worten und brachte schließlich doch noch etwas zustande. »Ich vermute mal, dass der Job als Polizist ihn so weit gebracht hat.«
»Das könnte natürlich sein«, stimmte sie zu, klang jedoch unschlüssig. »Ich gebe ja seinem Vater die Schuld daran.«
Die Vater-Sohn-Beziehung. Jetzt kamen wir der Sache doch schon näher! Die Therapeutin in mir meldete sich zu Wort. Vielleicht auch die Cocktail-Kellnerin. Beide leben von Gerüchten und Gefühlen, und manchmal kann ich beide nicht ganz voneinander trennen. »Was war denn mit seinem Vater?«
»Er war ein Scheißkerl. Bitte entschuldigen Sie meine deutlichen Worte. Aber wahrscheinlich ist er immer noch einer.«
Ich nickte und dachte an ein halbes Dutzend meiner Patienten. »Väter können manchmal einen wirklich schlimmen Einfluss auf ihre Söhne haben.«
Verblüfft öffneten sich ihre Lippen. »Sind Sie eine … Sozialarbeiterin oder so was?«
Verdammt. »Psychologin.« Unwahrscheinlich, dass mich das verraten würde, und ich war einfach nicht kreativ genug, mir weitere Lügen einfallen zu lassen.
»O Mann!« Sie strich ihre kinnlangen Haare zurück und sah mit einem Mal unwahrscheinlich jung aus. »Und ich quatsche Sie hier mit meinen Problemen voll! Tut mir leid!«
»Nein, nein, kein Problem! Darum liebe ich meinen Job so. Ich höre gerne zu.«
»Dann könnten wir echte Freundinnen werden, denn ich rede für mein Leben gern!« Sie lachte.
»Das ist therapeutisch.«
»Gerald war da völlig anderer Meinung. Aber ich habe ihn auch nur ein paar Monate, nachdem ich meine Therapie begonnen hatte, verlassen. Vielleicht hat für ihn das eine etwas mit dem anderen zu tun. Aber natürlich waren die Probleme schon vorher da. Ich brauchte eigentlich nur eine … Bestätigung, denke ich. Im Grunde …«, fuhr sie fort, doch ich hatte einen Augenblick lang Schwierigkeiten, ihr zu folgen.
»Gerald?« Heiliger Strohsack, dachte ich und spürte, wie Panik in mir aufstieg. Ich hatte tatsächlich die falsche Frau vor mir!
Sie lachte. »Er hasst es wie die Pest, wenn ich ihn so nenne. Alle anderen rufen ihn Jack. Ich finde, dass Gerald ein wunderbarer Name ist, aber sein Vater hieß schon so, und Gott weiß, wie sehr er diesen Namen
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