Ausziehen!
Gesicht nicht aus den Augen, aber sein Blick hätte genauso gut tiefer wandern können. Die Beleidigung und das Kompliment standen beide offen im Raum.
»Meine professionellen Dienste«, stellte ich klar.
Er spitzte die Lippen.
»Hören Sie, Mr. - Lieutenant, ich merke, dass Sie der Psychologie nicht viel Respekt entgegenbringen. Ich meine …« Ich lächelte und versuchte, ihm nicht wie Jessica Rabbit zuzuzwinkern. »… der psychologischen Beratung, aber zufälligerweise bin ich ein intelligentes, gebildetes Wesen.«
Er erhob sich und machte einen ruhelosen Eindruck. »Das habe ich nie bezweifelt.«
Ich sah zu, wie er vor seinem Schreibtisch auf und ab ging, und versuchte, meine Überraschung vor ihm zu verbergen. »Dann lassen Sie mich Ihnen bei Ihren Ermittlungen helfen.«
Er setzte sich mit der linken Pobacke auf die Ecke seines Schreibtischs und verschränkte die Arme über der Brust. »Was für Ermittlungen sollten das sein?«
Ich sah ihn scharf an und ermahnte mich, ihn nicht umzubringen. »Der Fall Bomstad!«
»Ahhh.« Er nickte. »Nein«, sagte er dann und ging zur Tür hinter mir. Er hatte schon die Hand auf der Klinke, als ich begriff, dass ich jetzt entlassen war. Er öffnete die Tür. Ungläubig starrte ich ihn an. Ich trug Prada, nur zur Information. Mit einem Satz war ich aufgestanden.
»Einfach so?«, fragte ich. Vielleicht kiekste meine Stimme dabei ein wenig.
Er neigte den Kopf, als würde er nachdenken. »Ja«, sagte er dann, »einfach so!«
»Was ist los mit Ihnen, Rivera?«, fragte ich ihn. »Haben Sie etwa Angst?«
Mit einem Ausdruck tödlicher Langeweile im Blick sah er mich an. Dann schloss er die Tür. Wir standen uns direkt gegenüber, und ich hatte das Gefühl, als sei der Raum mit einem Mal merkwürdig luftleer.
»Angst?«, fragte er und trat einen Schritt näher. »Wovor sollte ich denn Angst haben, Ms. McMullen?«
Ich glaube, ich habe mir die Lippen geleckt. Ich glaube auch, dass er das beobachtet hat. Seine Augen leuchteten wie die eines Alphawolfs, als er den Blick auf mich richtete. Ich wusste verdammt noch mal nicht, was ich sagen sollte. Vielleicht hatte es mir auch einfach nur die Sprache verschlagen.
Er machte einen weiteren Schritt auf mich zu, obwohl wir nur noch eine knappe Handbreit voneinander entfernt standen. »Wollen Sie mir drohen«, fragte er, »oder mich verführen?«
»Ich? Sie verführen? Ha!« Ich musste laut lachen. »Gott, Rivera, Sie brauchen keinen Psychologen, Sie brauchen einen Traumdeuter!«
»Sie meinen also, ich träume?«, fragte er, und sein Blick wanderte wieder zu meinem Mund. Vor drei Wochen hatte ich mir einen Raspberry-Passion-Lippenstift gekauft, weil der Name wie eine Eissorte klang. Jetzt fragte ich mich, worauf er genau abfuhr, auf die Himbeeren oder die Leidenschaft.
»Von Ihnen?«
Ich zitterte. Ich versuchte, meine Knie unter Kontrolle zu bekommen und ihm nicht auszuweichen. Ich war durch und durch professionell. Da stand ich doch locker drüber! »Ich bin nicht hergekommen, um mich mit solchen piss -« Ich atmete tief ein und fing den Satz noch einmal von vorne an. »Ich bin nicht hergekommen, um mit Ihnen Beleidigungen auszutauschen«, sagte ich.
»Nicht?«
»Nein.«
»Warum sind Sie dann hier?«
»Ich habe Ihnen doch gerade gesagt, dass -«, fing ich an, richtete mich dann jedoch gerade auf und fuhr in einem ruhigeren Tonfall fort: »Ich habe eingesehen, dass ich mit meiner Einschätzung in Bezug auf Mr. Bomstads Persönlichkeit vielleicht ein wenig daneben lag. Aber -«
Er schnaubte. Ich demonstrierte eine bewundernswerte Beherrschung und verkniff es mir, ihn mit meiner Handtasche an die Wand zu klatschen.
»Aber«, fuhr ich fort, »ich bin dennoch fest davon überzeugt, dass in den Lügen, die er mir aufgetischt hat, ein Körnchen Wahrheit steckte.«
»Und Sie begründen dies mit Ihrer eigenen phänomenalen Fähigkeit, Menschen einzuschätzen?«
Ich ging gar nicht erst darauf ein. »Daher«, fuhr ich mit ruhiger Stimme fort, »bin ich mir sicher, dass ich absolut in der Lage wäre, Ihnen bei der Suche nach dem Tagebuch zu helfen, wenn Sie mir nur die Chance dazu geben würden.«
»Ahhh. Das Tagebuch mal wieder. Super«, sagte er. »Dann helfen Sie mal. Wo, glauben Sie, könnte es denn versteckt sein?«
In seinem Haus. In seinem Schlafzimmer, dachte ich, hatte aber keine Lust, ihm das auf die Nase zu binden. »Es wäre durchaus hilfreich«, sagte ich, »wenn ich mich in seinem Haus umsehen dürfte. Meine
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