Ausziehen!
trugen ebenfalls dazu bei. Ich konnte nicht anders, aber ich fragte mich, ob nicht Mr. und Mrs. Peters, die sich aufrichtig um eine Versöhnung bemühten, jeden Tom, Dick und jede Judy flachlegten, die ihnen über den Weg liefen. Auch fragte ich mich, ob Francis Rockwell tatsächlich fünfmal ihre Hände vor jedem Essen wusch und ob die spindeldürre Nita Baldwin, die wie Barbie auf Crack aussah, wirklich Karamelltörtchen zwischen den Mahlzeiten aß, wie sie behauptete.
Und wenn ich nicht gerade damit beschäftigt war, derart weltbewegende Enthüllungen anzuzweifeln, dann fragte ich mich, ob ich ein Angsthase war. Diese Seite hatte ich an mir bisher noch nicht gekannt, und sie gefiel mir gar nicht. Sie war entmutigend.
Die Tage krochen langsam dahin, während die Probleme und unbeantworteten Fragen blieben. Am Freitag schließlich fuhr ich wieder den Bellflower Drive hinunter. Jeder Vorgarten war makellos. Jeder Busch blühte. Alles sah geradezu märchenhaft aus.
Ich wollte schon immer in einem Märchenland leben - wo das Unkraut es nicht wagt, sich auszubreiten, wo die Sonne ewig scheint, das Gras immer grün ist und sich Cellulite in Muskelmasse verwandelt, ohne dass man auch nur das kleinste bisschen dafür tun muss.
Es gab nur einen Haken an der Sache: Zwar neigten Leute wie Andrew Bomstad dazu, Märchenland zu besitzen, und sie konnten es sich auch durchaus leisten, Unkraut zu vergiften und Cellulite zu beseitigen, aber deswegen hieß das nicht, dass es beides nicht mehr gab.
Ich fuhr ein letztes Mal an Bomstads Anwesen vorbei und zockelte wieder heimwärts zu meinem vertrockneten Garten und dem baufälligen Haus. Na ja, das war vielleicht etwas übertrieben, so schlimm sah es auch wieder nicht aus.
Bis ich am Sonntag merklich verrückt wurde. Ich hatte die Distel in meinem Garten gegossen, alle Socken im Haus gewaschen und über Bomstad nachgegrübelt, bis mir das Gehirn dermaßen anschwoll, dass es mir fast zu den Ohren wieder herauskam.
Entweder musste ich einen Blick in Bomstads Haus werfen oder mich selbst einweisen. Ich schloss die Augen, griff nach dem Telefonhörer und wartete, dass Solberg abnahm.
»Chrissy.« Er klang so fröhlich wie ein Singvögelchen. Meine Schultern sackten nach unten.
»He, J.D.«
»Wie geht’s? Ich hab übrigens noch immer nichts von deiner Assistentin gehört.«
»Sie hatte ziemlich viel zu tun in letzter Zeit.« Ich hatte ihr noch nichts von ihm erzählt. Ich wusste, dass das nicht richtig war, aber eine Freundin zu bitten, Solbergs Gesellschaft zu ertragen, schien mir noch schlimmer zu sein.
»Ich habe auch viel zu tun. Vielleicht können wir es ja beide miteinander viel tun«, sagte er und kreischte wie ein verrückter Esel in den Hörer.
Ich zuckte zusammen. »Hör zu, Solberg. Du musst mir noch einen Gefallen tun.«
Die Hölle wartet auf niemanden.
Das Gekreische stoppte mitten in einem lauten I-aah. »Nein!«
»Ach, komm schon!« Ich gebe zu: Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er meine Bitte so strikt ablehnen würde. Immerhin war er immer noch Solberg. »Es handelt sich wirklich nur um eine total unwichtige, klitzekleine Sache. Ich bin mir sicher, du kannst das im Schlaf.«
»Weißt du eigentlich, wie hoch mein IQ ist?«
Diese Frage hatte ich jetzt nicht erwartet. »Nein, ich glaube nicht, dass ich über diese Information verfüge, J.D.«
»Nicht mehr messbar.«
»Aha.«
»Ich weiß schon, was du vorhast.«
Versuchen, nicht ins Gefängnis zu kommen?
»Du versuchst, mir zu schmeicheln, damit ich irgendeinen Scheißjob für dich erledigen soll.«
»Ich kenne niemanden, der das sonst machen könnte, Solberg!«
Ich gebe zu, dass ich meiner Stimme eine mädchen-haft-weinerliche Note beifügte, aber was war schon ein wenig Weinerlichkeit angesichts einer lebenslänglichen Haftstrafe?
»Trotzdem ist die Antwort nein!«
Ich schloss die Augen, ratterte still zwei Ave-Marias herunter und sprang auf. »Ach, wie schade. Elaine hätte nämlich nächsten Samstag noch nichts vor.«
Am anderen Ende der Leitung herrschte eisiges Schweigen. Es wurde unterbrochen von lähmenden Schuldgefühlen, die wie gesundheitsschädliche Dämpfe aus mir herausquollen.
»Was willst du?«, fragte er schließlich.
»Nicht viel.« Mein Herz pumpte. »Wirklich.«
»Was Illegales?«
»Ich bin Psychologin!«, rief ich und gab mir Mühe, entsetzt zu klingen. »Ausgebildet -«
»Was Illegales?«
Ich atmete tief ein und schloss die Augen. »Vielleicht ein klein wenig. Aber
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