Küss! Mich! Jetzt! (Julia) (German Edition)
1. KAPITEL
Ein Unglück kommt selten allein, dachte Roxanne Trammel, als sie durch den Türspalt blickte. Am Aussehen des Mannes, der am Verkaufstresen ihres Brautausstattungsgeschäfts in Sydney stand, war nichts auszusetzen: etwa ein Meter fünfundachtzig groß, sehr männlich, eisblaue Augen, pechschwarzes Haar. Bei so einem Anblick schlugen Frauenherzen schneller – ihres eingeschlossen.
Am liebsten hätte sie sich irgendwo verkrochen. Sie kannte den Mann leider nur zu gut, und dass er ausgerechnet hier auftauchte, nachdem sie kurz zuvor in ein Brautkleid geschlüpft war, konnte man nur als blanken Hohn bezeichnen.
In diesem Moment zog er die schwarzen Augenbrauen zusammen, warf einen Blick auf seine sportlich-elegante Armbanduhr und rieb sich den Nacken, den sie, Roxy, vor gar nicht so langer Zeit umschlungen hatte. An jenem schicksalhaften Frühlingsabend war es zum ersten und einzigen Kuss zwischen ihr und Nate Sparks gekommen. Wenn sie die Augen schloss, meinte sie, immer noch den herben Duft seines Aftershaves zu riechen und die raue Wange an ihrer zu spüren. Die magische Liebkosung hatte sie tief berührt und in eine andere, aufregende Welt versetzt.
„Hallo? Ist jemand da?“ Der Besucher sah um sich, beugte sich über den Tresen und wirkte verärgert, weil sich niemand blicken ließ.
Nervös biss Roxy sich auf die Lippe und hoffte, er würde einfach wieder verschwinden. Sie hatte Nate Sparks nichts zu sagen. Außerdem lief ihr langsam die Zeit davon, die ihr noch zur Lösung ihres Problems zur Verfügung stand. Die Zukunft von mindestens drei Menschen hing von dem Kleid ab, in dem sie steckte.
Im Verkaufsraum hatte Nate einen Notizblock mit dem Werbeschriftzug ihres Geschäfts Perfect Dress gefunden und zog einen goldenen Füllfederhalter aus der Sakkotasche. Nachdenklich tippte er sich mit dem Füller gegen das Grübchen im Kinn. Dann brachte er sein Anliegen zu Papier.
Der exquisite Duchesse-Satin raschelte, als Roxy versuchte, etwas mehr durch den Türspalt zu erkennen.
Was mochte Nate schreiben? Bitte verzeih mir mein mieses Verhalten. Komm mit mir zum Abendessen. Unwahrscheinlich. Nate hatte sich damals blitzschnell aus dem Staub gemacht. Dabei hatte der Kuss ihn ebenso überwältigt wie sie. Darüber bestand kein Zweifel. Doch da sie sich auf der Verlobungsparty von Roxys bester Freundin mit Nates bestem Kumpel kennengelernt hatten und Roxy in den höchsten Tönen von ihrem Beruf als Brautausstatterin geschwärmt hatte, befürchtete er wohl, der Nächste zu sein, der vor dem Altar landete. Darum hatte er kurzerhand die Flucht ergriffen.
Roxy betrachtete die Ehe zwar als durchaus ernst zu nehmende Institution, war sich aber bewusst, dass dazu mehr gehörte als heißes Verlangen. Diese Meinung brauchte sie Nate Sparks nicht auf die Nase zu binden, doch hinter der Tür konnte und wollte sie sich auch nicht ewig verstecken. Das ließ ihr Stolz nicht zu.
Also atmete Roxy tief durch und betrat entschlossen den Verkaufsraum, wobei die Schleppe erotisch raschelte.
Nate erstarrte für einen Moment, fasste sich aber sofort wieder und rang sich ein Lächeln ab. „Du bist ja doch da. Ich war gerade dabei, dir eine Nachricht zu schreiben.“ Er räusperte sich. „Hübsches Outfit. Bedienst du hier immer im Brautkleid?“
Diese Frage verdiente eine passende Antwort. „Nur wenn ich mich einsam fühle.“ Roxy musste sich das Lachen verkneifen, als Nate sie fassungslos ansah. Offensichtlich wusste er nicht, ob das ein Scherz war oder er lieber schnell wieder das Weite suchen sollte. Doch er konnte ganz beruhigt sein. Sie würde ihn ganz sicher nie wieder in die Nähe ihrer Lippen lassen. Sorgfältig entfernte Roxy die funkelnde Tiara und den Schleier und legte die Sachen auf den Tresen.
„Was kann ich für dich tun, Nate?“
„Greg hat es mir heute Morgen erzählt. Du wirst es ja schon von Marla erfahren haben.“
Roxy nahm die Strassohrringe ab. „Die Hochzeit ist abgeblasen.“ Nach einjähriger Verlobungszeit!
Die Frau, für die Roxy mit viel Liebe zum Detail das Brautkleid genäht hatte, wollte nun doch nicht heiraten. Diese Nachricht hatte sie schwer getroffen – und nicht nur wegen Marla. Auch sie selbst war am Boden zerstört. Noch nie zuvor hatte sie so ein atemberaubendes Kleid kreiert. Es hätte in der Branche für Furore gesorgt – genau zum richtigen Zeitpunkt.
Nate sah ihr tief in die Augen und sagte leise mit seiner tiefen Stimme: „Greg ist mein bester
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