AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)
irrte zu Ava und in seiner Angst, sich vor ihr zu beschmutzen, trat er aus dem markierten Kreis.
»Jermyn!« Vater Dermot hob warnend die Hand. Jermyn grinste, aber er gehorchte und Donovan atmete erleichtert auf.
»Mach weiter, aber beachte die Regeln«, gebot der Vater. »In solchen Fällen ist es gut, an Essig oder Wüsten zu denken, Donovan.«
Jermyn zuckte die Schultern. Wie immer sollte er üben, sich zu beherrschen, eine Kunst, mit der er sich nicht anfreunden konnte. Nach jedem Rückfall sprach Vater Dermot geduldig auf ihn ein.
»Bezähme deine niederen Triebe, sonst wirst du nie die Gedanken, die du sehen möchtest, aus dem wilden Gewühl, das in den meisten Köpfen herrscht, herausfinden. Schalte alle Gefühle aus, die deinen Geist verschleiern und ihm die Schärfe nehmen. Lernst du dies nicht, so verschleuderst du deine Gabe.«
Jermyn hatte sich lange dagegen gesträubt, doch allmählich sah er die Weisheit dieser Worte ein. Er versuchte, die Wut, die in ihm lauerte, zu beherrschen. Manchmal gelang es und manchmal nicht. Gestern etwa war er wieder einmal gescheitert.
Sie hatten über Pferde und Reitkünste gesprochen. Für Quentin waren es Arbeitstiere, er ging hinter ihnen mit dem Pflug über die Felder. Ava ritt seit sie laufen konnte, aber sie hatte freimütig zugegeben, weder eine hervorragende noch eine begeisterte Reiterin zu sein. Donovan aber hatte sich hinreißen lassen, von der Schönheit edler Rosse und von der hohen Kunst eines eleganten Reitstils zu schwärmen. Jermyn hatte schweigend zugehört bis er es nicht mehr aushielt.
»Na, dich hat's ja gepackt«, unterbrach er Donovans Loblied, »was für ein Jammer, dass du's so gar nicht kannst, mit den edlen Gäulen. Muss ganz schön schmerzhaft sein, wenn man immer abgeworfen wird, was? Vielleicht solltest du's mal mit 'nem Steckenpferd versuchen. Als ich dich hoch zu Ross gesehen hab, lagst du kurz drauf in der Scheiße. Vor deinem Alten und 'nem ganzen Haufen Leute.«
Wie immer lief Donovan dunkelrot an und blickte beschämt zu Ava. Sie runzelte die Brauen, aber um ihre Mundwinkel zuckte es. Das war zu viel für Donovans gepeinigte Seele und das Quäntchen Ärger machte seine Zunge beweglich.
»Und du hast dafür eine Tracht Prügel bekommen, auch vor allen Leuten.«
Quentins und Avas Gelächter war bei seinem Aufschrei schlagartig verstummt. Stöhnend war er zurückgetaumelt, als ihm Jermyns Fluch wie ein Peitschenhieb durch den Schädel fuhr.
Vater Dermot hatte von dem Vorfall erfahren und ihnen die gemeinsame Übung befohlen, aber Jermyn fiel es nicht leicht, das rechte Maß zu halten.
Während sich die stechenden schwarzen und die wasserblauen Augen voller Abneigung musterten, rief Quentin plötzlich:
»He, schaut's her.«
Die jungen Männer sahen sich um und hielten den Atem an.
Unbemerkt waren die Gewitterwolken zurückgekommen und hatten sich über dem Garten entladen.
Die ausladende Zeder hätte leicht ein Opfer der Blitze werden können, hätten sie sich nicht allein über Ava ergossen. Mit ausgebreiteten Armen stand sie in einem Netz aus silbrigem Feuer. Blaue Flämmchen tanzten über ihre Fingerspitzen, Haarsträhnen hatten sich aus ihrem Zopf gelöst und ringelten sich mit unheimlichem Eigenleben um ihr Gesicht.
Den Kopf in den Nacken gelegt, genoss sie die prickelnde Kraft. Als sie lachte, versprühte ihr Haar Funken und das Himmelsfeuer leuchtete kalt aus den hellen Augen.
»Genug jetzt«, rief sie endlich, »beruhigt euch und geht in Frieden.«
Ein letztes Mal rumpelte es über ihr, dann zogen die schwarzen Wolken grollend davon. Ava sah ihnen liebevoll nach. Als sie die ungläubigen Blicke der jungen Männer bemerkte, lächelte sie halb verlegen.
Mit einer tiefen, respektvollen Verbeugung zollte Quentin ihr Tribut, als Wettermeister kannte er die Zerstörungskraft der Blitze. Ava errötete und erwiderte die höfliche Geste mit einem ernsthaften Knicks. Jermyn hatte sich schnell gefangen, er wandte sich scheinbar gleichgültig ab, aber seine finstere Miene verriet, dass ihn das Schauspiel mehr beeindruckt hatte, als er zugeben wollte.
Donovan dagegen war völlig verzaubert. Er hatte die anderen vergessen und wie es schien auch sich selbst. Nicht einmal rot wurde er, als er auf Ava zutrat, mit großer Selbstverständlichkeit ihre Hand ergriff und sie zu einem vollkommenen höfischen Handkuss an die Lippen führte.
Zutraulich beugte er sich zu ihr.
»Lady Avaninian, ich danke Euch für Euren Schutz. Doch habt
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