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Azathoth - Vermischte Schriften

Azathoth - Vermischte Schriften

Titel: Azathoth - Vermischte Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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Ansammlung von Häusern an der Küste gingen. Dann, als mehr Menschen zu der wachsenden Ansiedlung stießen und nach Plätzen Ausschau hielten, wo sie wohnen konnten, bauten sie entlang der Nordseite Hütten aus festgefügten Eichenklötzen, mit Mauerwerk zur Waldseite hin, denn dort lauerten viele Indianer mit Feuerpfeilen. Und einige Jahre später wurden Hütten auf der Südseite der Straße gebaut.
    Die Straße hinauf und hinunter spazierten ernste Männer, die zumeist Musketen oder Vogelflinten trugen, mit spitzen Hüten.
    Und man traf dort auch ihre haubentragenden Frauen und die artigen Kinder. Abends pflegten diese Männer mit ihren Frauen und Kindern bei dem riesigen Herde zu sitzen und zu lesen und zu plaudern. Die Dinge, von denen sie lasen und über die sie plauderten, waren sehr einfach, aber doch Dinge, die ihnen Mut und Güte verliehen und die tagsüber halfen, den Wald zu bezwingen und die Felder zu pflügen. Und die Kinder hörten zu und erfuhren von den Gesetzen und Taten aus alter Zeit, und von jenem trauten England, das sie nie gesehen hatten oder an das sie sich nicht erinnern konnten.
    Ein Krieg brach aus, und als er vorbei war, bedrohten Indianer die Straße nicht mehr. Die Menschen, die eifrig ihrer Arbeit nachgingen, wurden so wohlhabend und glücklich, wie sie es nur zu sein verstanden. Die Kinder wuchsen in Geborgenheit auf, und weitere Familien kamen aus dem Mutterland, um in der Straße zu wohnen. Und die Kinder der Kinder und die Kinder der Neuankömmlinge wuchsen ebenfalls heran. Aus dem Städtchen war eine Stadt geworden, und nach und nach wichen die Hütten Häusern einfachen, schönen Häusern aus Ziegeln und Holz, mit steinernen Treppen und eisernen Geländern und Lampen über den Türen. Diese Häuser waren keine
    Behelfsbauten, denn sie waren für viele Generationen geplant.
    In ihrem Inneren gab es gemeißelte Simse und anmutige Stiegen und vernünftige, behagliche Möbel, Porzellan und aus dem Mutterland mitgebrachtes Silber.
    Auf diese Weise sog die Straße die Träume der Jugend in sich auf und freute sich mit den Bewohnern, als sie anmutiger und glücklicher wurden. Wo es einst nur Macht und Ehre gegeben hatte, waren jetzt auch guter Geschmack und Gelehrsamkeit eingezogen. Bücher und Gemälde und Musik hielten Einzug in die Häuser, und die jungen Männer besuchten die Universität, die sich im Norden über die Ebene erhob. Anstelle von spitzen Hüten und Degen, von Spitzen und schneeweißen Perücken gab es nun Kopfsteinpflaster, über das so manches Vollblutpferd klapperte und manche schöne Kutsche ratterte, und gepflasterte Gehsteige mit Aufsteigeblöcken und Pfosten zum Anbinden der Pferde.
    In jener Straße gab es viele Bäume: würdige Ulmen, Eichen und Ahorn, so daß im Sommer die Szenerie ganz aus sanftem Grün und Vogelgezwitscher bestand. Und hinter den Häusern befanden sich eingezäunte Rosengärten mit heckengesäumten Wegen und Sonnenuhren, wo des Nachts Mond und Sterne verführerisch herabschienen, während zarte Blumen im Tau glitzerten.
    Und so träumte die Straße weiter, über Kriege, Unglücksfälle und Veränderungen hinweg. Wieder einmal mußten die jungen Männer fort, und einige kamen nicht mehr zurück. Das war, als man die alte Flagge einholte und ein neues Banner aus Streifen und Sternen hißte. Aber wenn auch die Menschen von großen Veränderungen redeten, die Straße verspürte nichts davon, denn ihre Bewohner waren noch immer dieselben, die von den alten, vertrauten Dingen in der alten, vertrauten Weise sprachen.
    Und in den Bäumen nisteten noch immer Singvögel, und des Nachts blickten Mond und Sterne auf taubedeckte Blüten in die eingezäunten Rosengärtlein herab.
    Mit der Zeit gab es keine Degen, keine Dreispitze und Perücken mehr in der Straße. Wie seltsam wirkten die Bewohner mit ihren Spazierstöcken, hohen Zylinderhüten und
    kurzgeschnittenem Haar!
    Neue Klänge drangen aus der Ferne - zuerst ein seltsames Keuchen und Schreien von dem eine Meile entfernten Fluß, und dann, viele Jahre später, ein seltsames Keuchen und Schreien und Gemurmel aus anderen Richtungen. Die Luft war nicht mehr ganz so rein wie früher, aber der Geist des Ortes hatte sich nicht geändert. Abstammung und Seele der Vorfahren hatten die Straße geprägt. Dieser Geist änderte sich auch nicht, als man die Erde aufriß, um merkwürdige Rohre zu verlegen, oder als hohe Stangen aufgerichtet wurden, die unheimliche Drähte trugen.
    Jene Straße kündete von so

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