Azathoth - Vermischte Schriften
Ihn segne Frieden hier, indes ich fern Mit heißer Andacht seinen Namen ehre.
Noch vertrautere Töne erhoben sich, als Milton, nicht mehr blind, die unsterbliche Harmonie verkündete:
... oder laß meine Lampe zur mitternächtlichen Stunde gesehen werden auf einem hohen einsamen Turm, wo ich möge oft überwachen des Bars Gestirn mit dem übergroßen Hermes, oder zu folgen Platos Geist, um zu entdecken, welche Welt oder was für weite Felder aufhalten die unsterbliche Seele, wenn sie verläßt ihre Wohnung im fleischernen Behälter...
Zuweilen komme die prächtige Tragödie mit ihrem
königlichen schleppenden Mantel, vorstellend Thebens oder Pelops Haus, oder des göttlichen Trojas Wundergeschichte...
Schließlich erklang die jünglingsharte Stimme von Keats, der von allen Sendboten dem lieblichen Faunenvolk am ähnlichsten war:
Erlauschter Klang ist süß; noch Süßres sagt Der stumme: Linde Pfeifen, stimmet an!
Verdirbt auch dies Geschlecht in kurzer Frist, Du überdauerst Leid und Zeit und Tod, Freundin des Menschen, lehre mein Gedicht:
"Schönes ist wahr und Wahres schön - dies ist, Was ihr auf Erden wißt, mehr frommt euch nicht..
Als der Sänger geendet hatte, trug der Wind einen Klang aus dem fernen Ägypten herüber, wo nachts Aurora am Nil um ihren erschlagenen Memnon trauert. Die rosenfingrige Göttin stürzte sich dem Donnerer zu Füßen und rief kniend: »Meister, es ist an der Zeit, daß ich die Tore des Sonnenaufgangs öffne.«
Und Phoebus reichte seine Leier Calliope, seiner Braut unter den Musen, und schickte sich an, nach dem juwelenbesetzten und auf Säulen ruhenden Palast der Sonne aufzubrechen, wo die an den goldenen Wagen des Tages geschirrten Rosse bereits unruhig tänzelten. Also stieg Zeus von seinem geschnitzten Thron herab und legte seine Hand auf Marcias Kopf, wobei er sprach:
»Tochter, die Dämmerung naht, und es ist gut, daß du vor dem Erwachen der Sterblichen in dein Heim zurückkehrst.
Weine nicht über die Freudlosigkeit deines Lebens, denn der Schatten irriger Überzeugungen wird bald verschwunden sein und die Götter werden aufs neue unter den Menschen wandeln.
Suche ohne Unterlaß nach unserem Sendboten, denn in ihm wirst du Frieden und Trost finden. Sein Wort wird deine Schritte zum Glück leiten, und in seinen Träumen von Schönheit soll dein Gemüt finden, wonach es sich sehnt.«
Nachdem Zeus geendet hatte, ergriff der junge Hermes sanft die Jungfrau und trug sie zu den verblassenden Sternen empor, hinauf und westwärts über unsichtbare Meere.
Viele Jahre sind verstrichen, seit Marcia von den Göttern und ihrer Zusammenkunft auf dem Parnaß geträumt hat. Heute nacht sitzt sie in demselben geräumigen Wohnzimmer, aber nicht allein.
Verschwunden ist der alte Geist der Unrast, denn an ihrer Seite ist jemand, dessen Name vor Ruhm leuchtet: der junge Dichter aller Dichter, dem die ganze Welt zu Füßen liegt. Er liest Worte aus einem Manuskript, die niemand je zuvor gehört hat, die aber, wenn man sie hört, den Menschen die Träume und Phantasien zurückbringen werden, die sie vor vielen Jahrhunderten verloren haben, als Pan sich in Arkadien zum Schlummer niederließ und die gewaltigen Götter sich zurückzogen, um sich unter den Lotosblüten jenseits des Gartens der Hesperiden zur Ruhe zu begeben. In den zarten Kadenzen und verborgenen Melodien des Sängers hatte das Gemüt der Jungfrau endlich Ruhe gefunden, denn dort hallen die göttlichsten Töne des thrakischen Orpheus wider, Töne, die selbst Felsen und Bäume an Hebrus' Ufern bewegten. Der Sänger endet und verlangt mit Eifer nach einem Urteil, und doch, was kann Marcia schon sagen, als daß der Gesang »der Götter würdig sei«? Und während sie spricht, kommt ihr neuerlich eine Vision vom Parnaß und der weit entfernten, mächtigen Stimme, die sagt:
»Sein Wort wird deine Schritte zum Glück lenken, und in seinen Träumen von Schönheit wird deinem Gemüt alles zuteil werden, wonach es sich sehnt.«
Die Straße
Es gibt Leute, die behaupten, daß Dinge und Plätze Seelen haben, und es gibt Leute, die behaupten, sie hätten keine; ich wage es nicht, mich dazu zu äußern, aber ich will gern etwas von einer Straße erzählen.
Menschen von Macht und Ehre haben die Straße geprägt: gute, tatkräftige Männer von gleicher Herkunft wie wir, die von den Glücklichen Inseln jenseits des Meeres gekommen waren.
Zunächst war sie nur ein Pfad, ausgetreten von Wasserträgern, die vom Waldesrand zu der
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