Azathoth - Vermischte Schriften
seiner Ankunft im Dezember jenes Jahres. Corey war ein verhältnismäßig junger Mann, noch keine vierzig, zwei Meter groß, mit zarter, frischer Haut, die frei von jeder Haarzierde war, obwohl er sein Haar ziemlich lang trug, wie es damals unter Künstlern im Quartier Latin von Paris der Fall war. Er hatte strahlend blaue Augen, und sein hohlwangiges Gesicht wäre in jeder
Menschenansammlung aufgefallen, nicht bloß wegen seines durchdringenden Blicks, sondern ebensosehr wegen der seltsamen, wie ein Flechtwerk aussehenden Haut an einer Stelle hinter dem Kiefer, unter den Ohren und ein kurzes Stück unter den Ohren den Hals hinunter. Er sah nicht schlecht aus, und eine merkwürdige, beinahe hypnotische Eigenheit, welche die feinen Züge seines Gesichts prägte, übte so etwas wie Faszination auf die meisten Leute aus, die ihm begegneten. Er hatte sich, als ich ihn besuchte, bereits gut eingewöhnt und begonnen, an einer Statue von Rima, dem Vogelmädchen, zu arbeiten, die eine seiner gelungensten Arbeiten zu werden versprach.
Er hatte sich Vorräte für einen Monat angelegt, die er selbst aus Innsmouth geholt hatte, und er schien mir mitteilsamer als gewöhnlich zu sein, vor allem, was seine entfernten Verwandten betraf, über die in den Läden von Innsmouth allerlei geredet wurde, wenn auch sehr vorsichtig. Da sie so abgeschieden lebten, zogen die Marshes natürlich einige Neugierde auf sich; und da diese Neugierde unbefriedigt blieb, war ein beeindruckendes Sagen- und Legendengerank um sie
gewachsen, das bis eine Generation weit zurückreichte, die sich im Handel im südlichen Pazifik engagiert hatte. Die Gerüchte waren so unbestimmt, daß sie für Corey wenig Sinn ergaben, aber das, was man vernahm, wies auf alle möglichen Arten alchemistischen Grauens hin, von dem er in einer nebulösen Zukunft mehr zu erfahren hoffte, wiewohl er keinen Drang dazu verspürte. Das Thema war in dem Dorf einfach so beherrschend, erklärte er, daß es beinahe unmöglich war, ihm auszuweichen.
Er sprach auch von einer geplanten Ausstellung, erwähnte Freunde in Paris und seine Studienjahre dort, die Kraft von Epsteins Bildhauerarbeiten und die politischen Unruhen, die im Lande kochten. Ich erwähne diese Dinge, um anzudeuten, wie völlig normal Corey anläßlich meines ersten Besuches bei ihm nach seiner Rückkehr aus Europa war. Ich hatte ihn natürlich flüchtig in New York gesehen, als er nach Hause gekommen war, aber kaum lange genug, um irgendein Thema so
ausführlich zu besprechen, wie wir es an jenem Dezembertag 1927 tun konnten.
Ehe ich ihn im folgenden März wiedersah, erhielt ich von ihm einen merkwürdigen Brief, dessen Quintessenz im letzten Absatz zu finden war, auf den alles übrige im Brief als Höhepunkt hinauszulaufen schien - »Vielleicht hast Du etwas von den seltsamen Vorfällen in Innsmouth im Februar gelesen.
Ich habe keine klare Information darüber, aber es muß gewiß irgendwo in der Presse zu finden gewesen sein, so
zurückhaltend sich auch unsere Zeitungen in Massachusetts in dieser Sache verhalten zu haben scheinen. Mir ist von der Angelegenheit nichts weiter bekannt, als daß eine große Schar von Bundesbeamten die Stadt heimsuchte und einige ihrer Bürger abführte - unter ihnen einige meiner Verwandten, wiewohl ich nicht sagen kann, welche von ihnen, da ich mir nie die Mühe gemacht habe herauszufinden, wie viele von ihnen es gibt - oder gab, je nachdem. Was ich in Innsmouth herausfinden kann, bezieht sich auf den Handel mit dem südlichen Pazifik, an dem gewisse Schiffahrtsinteressen offensichtlich noch immer beteiligt waren, obwohl das ziemlich weit hergeholt scheint, da die Docks einen völlig verlassenen Eindruck machten und überhaupt weitgehend nutzlos waren für die Schiffe, die jetzt den Pazifik durchpflügen und von denen die meisten die größeren und moderneren Häfen anlaufen. Abgesehen von den Gründen für das Vorgehen der Bundesbehörden - und, wie Du erkennen wirst, von weitaus größerer Wichtigkeit für mich - gibt es den unbestreitbaren Umstand, daß, gleichzeitig mit der Razzia in Innsmouth, einige Marineeinheiten vor der Küste in der Nähe des sogenannten Teufelsriffs auftauchten und dort eine Unmenge von Wasserbomben warfen!
Diese lösten in der Tiefe solche Turbulenzen aus, daß in der Folge ein Sturm alle Arten von Treibgut an die Küste schwemmte, darunter einen merkwürdigen blauen Ton, der sich hier an der Wasserlinie ablagerte. Er schien mir dem Modellierton
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