Azathoth - Vermischte Schriften
mürrischer Mensch gewesen, schon als er vor einem Jahr eingestellt wurde. Er hatte insgeheim an irgendeiner mechanischen Vorrichtung gearbeitet, über ständige Bespitzelung Klage geführt und hatte mit den einheimischen Arbeitern auf unerwünscht gutem Fuß gestanden. Doch kannte er sich unbestritten mit der Arbeit, dem Land und den Leuten aus. Er pflegte lange Ausflüge in die Berge zu unternehmen, wo die Peone lebten, und sogar an ihren uralten, heidnischen Zeremonien teilzunehmen. Er deutete genauso oft merkwürdige Geheimnisse und fremdartige Kräfte an, wie er sich seiner Geschicklichkeit in mechanischen Dingen rühmte. In letzter Zeit war er rasch verfallen, hatte seine Kollegen mit krankhaftem Argwohn verfolgt und sich mit seinen einheimischen Freunden an Erzdiebstählen beteiligt, als seine Geldmittel schwanden. Aus diesem oder jenem Grund brauchte er sündhaft hohe
Geldbeträge - ständig kamen für ihn Kisten aus Laboratorien und Werkstätten in Mexico City oder den Vereinigten Staaten an.
Was seine schließliche Flucht mit allen Unterlagen anging -
das war nur eine verrückte Rachegeste für das, was er
»Bespitzelung« nannte. Er war unzweifelhaft hochgradig verrückt, denn er war durch das Land gezogen zu einer verborgenen Höhle an einem wildzerklüfteten Hang der von Gespenstern heimgesuchten Sierra de Malinche, wo kein Weißer lebt, und hatte einige erstaunlich merkwürdige Dinge getan. Die Höhle, die man ohne die schließliche Tragödie nie gefunden hätte, war voller aztekischer Idole und Altäre, letztere waren mit den versengten Knochen neuerer entsetzlicher Flammenopfer bedeckt. Die Einheimischen wollten nichts verraten - sie schworen sogar hoch und heilig, von nichts zu wissen -, doch war unschwer zu erkennen, daß ihnen die Höhle als alter Treffpunkt diente und daß sich Feidon an ihren Praktiken beteiligt hatte.
Die Suchmannschaft hatte den Ort nur wegen des Singsangs und des Aufschreis am Schluß gefunden.
Es war fast fünf Uhr morgens gewesen, und nachdem sie die ganze Nacht kampiert hatten, hatte sich die Mannschaft eben angeschickt zusammenzupacken, um unverrichteter Dinge zum Bergwerk zurückzukehren. Dann aber hatte jemand in einiger Entfernung schwache Klänge vernommen und wußte sofort, daß einer der abscheulichen alten Eingeborenenriten an einer einsamen Stelle am Hang des leichenförmigen Berges hinausgeheult wurde. Sie hörten dieselben alten Namen -
Mictianteuctii, Tonatiuh-Metzli, Cthulhu, Ya-R'lyeh und alle übrigen -, aber das Merkwürdige war, daß vermischt mit ihnen auch englische Wörter vorkamen. Das echte Englisch des weißen Mannes, nicht das des Mexen- Kauderwelsch. Sie eilten den Klängen nach, den mit Schlingpflanzen bewachsenen Berghang empor, als nach einer kurzen Stille der Aufschrei ihre Ohren traf. Es war etwas Grauenvolles - etwas Schlimmeres, als jeder einzelne von ihnen je gehört hatte. Es schien eine leichte Rauchentwicklung zu geben, und ein scheußlicher ätzender Geruch machte sich breit.
Dann stießen sie auf die Höhle, deren Eingang durch Mesquitensträucher verdeckt war, doch stiegen aus ihm jetzt Wolken eines stinkenden Rauches. Innen war die Höhle von Kerzen erhellt, die erst vor einer halben Stunde entzündet worden sein mußten. In ihrem zuckenden Schein zeigte sich der entsetzliche Altar mit seinen grotesken Bildern, und auf dem kiesbedeckten Boden lag das Grauenvolle, das die ganze Menge zurückschaudern ließ. Es war Feidon, den Kopf zu Asche verbrannt durch eine merkwürdige Vorrichtung, die er sich übergestülpt hatte - eine Art Drahtkäfig, der mit einer ziemlich mitgenommenen Batterie verbunden war, die offenkundig von einem nahen Altarkelch zu Boden gefallen war. Bei diesem Anblick wechselten die Männer Blicke, denn sie mußten an die
»elektrische Hinrichtungsmaschine« denken, die erfunden zu haben sich Feidon immer rühmte - die Vorrichtung, die alle abgelehnt, aber zu stehlen und nachzuahmen versucht hatten.
Die Unterlagen waren sicher in Feidons offener Aktentasche, die in der Nähe stand. Die Kolonne der Suchmannschaft marschierte mit ihrer gräßlichen Last auf einer improvisierten Tragbahre eine Stunde lang nach Nr. 3 zurück.
Das war alles, aber es reichte, um mich erblassen und zurückschrecken zu lassen, als mich Jackson an der arrastra vorbei zu dem Schuppen führte, in dem die Leiche lag. Denn mir mangelte es nicht an Phantasie, und ich wußte nur zu gut, in welch höllischen Alptraum diese Tragödie auf
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