Azazel
anzusprechen) und zu erzählen und von dem was er für sie tun könnte.
Allerdings ist meine Diskretion sprichwörtlich - ich habe nicht die geringste Ahnung, wie du von meinem Dämon erfahren hast.
Außerdem fiel es mir leicht, mich zu beherrschen, denn ich bin ein dickfelliger, realistischer Mensch, der nicht zu rührseliger Sentimentalität neigt. Freilich muß ich auch gestehen, daß ich in meinem finsteren Herzen eine Schwäche für bezaubernde und außergewöhnlich schöne junge Frauen habe ... auf eine schickliche und würdevolle Art ... meistens. Und mir fiel ein, daß ich ihr helfen könnte, ohne ihr von Azazel zu erzählen. - Was natürlich nicht heißen soll, daß sie mir nicht geglaubt hätte, denn ich bin ein Mann, dessen Worte niemals jemand in Zweifel zieht, Psychos wie du ausgenommen.
Ich trug Azazel die Angelegenheit vor, und er reagierte alles andere als erfreut. »Ständig bittest du um Abstraktes«, sagte er.
»Keineswegs«, erwiderte ich. »Ich möchte eine einfache Fotografie. Du mußt sie nur herbeizaubern.«
»Ach, das ist alles, ja? Wenn es so einfach ist, mach du es doch. Ich bin sicher, du verstehst das Prinzip des MasseEnergie-Äquivalents .«
»Nur eine Fotografie.«
»Ja, und mit einer Miene, die du weder definieren noch beschreiben kannst.«
»Natürlich hat er mich nie angesehen, wie er seine Frau ansehen würde. Aber mein Vertrauen in deine Fähigkeiten ist grenzenlos.«
Ich hätte erwartet, daß diese Dosis ekelerregenden Einschmeichelns ihn umstimmen würde. »Du mußt das Foto machen«, sagte er mürrisch.
»Ich würde nie den richtigen -«
»Mußt du auch nicht. Darum kümmere ich mich, aber es wäre viel einfacher, wenn ich ein materielles Objekt hätte, worauf ich die Abstraktion brennen kann. Mit anderen Worten, eine Fotografie; sei es auch eine höchst unzulängliche, wie ich sie von dir erwarten würde. Und natürlich nur ein Abzug. Mehr bringe ich nicht zustande, und ich werde mir den konjunktivischen Muskel weder für dich noch einen anderen Hohlkopf deiner Welt zerren.«
Ja, gut, manchmal ist er ein klein wenig zickig. Ich nehme an, damit will er nur seine Wichtigkeit hervorheben und zeigen, daß man ihn nicht für selbstverständlich nehmen darf.
Ich traf die O'Donnells am nächsten Sonntag, als sie aus der Messe kamen. (Eigentlich hatte ich mich auf die Lauer gelegt.) Sie willigten ein, mich ein Bild von ihnen in ihrer Sonntagskleidung machen zu lassen. Sie war entzückt, er schaute ein wenig verdrossen drein. Danach machte ich so unauffällig wie möglich ein Porträtfoto von Kevin. Ich konnte ihn unmöglich dazu bringen, daß er lächelte oder strahlte oder rümpfte oder was immer Rosie so anziehend fand, glaubte aber nicht, daß das eine Rolle spielte. Ich war mir nicht einmal sicher, ob die Kamera richtig eingestellt war. Schließlich bin ich keiner dieser berühmten Fotografen.
Dann besuchte ich einen Freund, der ein Meister der Fotografie ist. Er entwickelte beide Schnappschüsse und vergrößerte das Porträt auf fünfundzwanzig mal vierzig.
Er ging recht mißmutig ans Werk und murmelte ständig, wie beschäftigt er sei, aber ich achtete gar nicht darauf. Wie wichtig konnten seine albernen Aktivitäten im Vergleich zu den bedeutenden Dingen, die mich beschäftigen, schon sein? Ich bin immer wieder überrascht, wieviel Leute das einfach nicht begreifen.
Als er die Vergrößerung fertig hatte, legte er ein vollkommen anderes Gebaren an den Tag. Er betrachtete sie und sagte in einem Tonfall, den ich nur als höchst herablassend bezeichnen kann: »Sag nicht, daß du so ein Foto gemacht hast.«
»Warum nicht?« sagte ich und streckte die Hand danach aus, aber er traf keine Anstalten, es mir zu geben.
»Du wirst mehr Abzüge haben wollen«, sagte er.
»Nein, keinesfalls«, sagte ich und sah ihm über die Schulter. Es war ein erstaunlich scharfes Foto in leuchtenden Farben. Kevin O'Donnell lächelte, obwohl ich mich zum Zeitpunkt der Aufnahme nicht an ein derartiges Lächeln erinnern konnte. Er wirkte gutaussehend und fröhlich, was mich freilich nicht über die Maßen ansprach. Vielleicht hätte eine Frau mehr gesehen - oder ein Mann wie mein Freund, der Fotograf, der, wie es nun mal so ist, seiner Maskulinität nicht ganz so sicher ist wie ich.
»Nur noch einen - für mich«, sagte er.
»Nein«, sagte ich nachdrücklich, nahm das Bild und hielt dabei sein Handgelenk umklammert, damit er es ganz sicher nicht wegziehen konnte. »Und das Negativ,
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