Azraels Auftrag (German Edition)
umklammerte den Stick.
Carlos hatte die Entstehung des riesigen Blitzes von Anfang an mitverfolgt. In Zeitlupe bewegte sich der Blitzausläufer über den Horizont, da bemerkte Mika, dass sich, auf der gegenüberliegenden Seite ein zweiter Blitz gebildet hatte. Beide Blitze trafen sich direkt vor ihnen in einer Lichtexplosion. Doch damit war das Schauspiel noch nicht beendet.
Die beiden Blitze vereinigten sich zu einem gewaltigen Blitz, der nun die Richtung geändert hatte und auf den Typhoon zuraste.
„Ich glaub´s nicht“, rief Mika, „Carlos, ich übernehme die Steuerung,... festhalten!“
Mika stieß den zweigeteilten Schubregler nach vorne in die Anschlagposition. Einhundertdreißigtausend PS erwachten donnernd zum Leben, und eine titanenhafte Hand drückte den Typhoon nach vorne. Im selben Moment riss Mika den Stick nach hinten und legte ihn nach rechts. Gleichzeitig trat er das rechte Pedal durch. Mika schätzte die Entfernung zum Blitz nur noch wenige hundert Meter.
Der Typhoon legte sich unmittelbar in eine extrem starke Rechtskurve. Unbarmherzige Beschleunigungskräfte pressten den Atem aus den Lungen. Er hörte Carlos ächzen. Sofort reagierten die anzuginternen Drucksysteme und umschlangen wie ein überdimensionales Blutdruckmessgerät die Unter- und Oberschenkel, wodurch verhindert wurde, dass die Beschleunigungskräfte das Blut in die Beine quetschten.
Carlos schätzte den Andruck auf weit über 10 G. Unbewusst bemerkte er, dass die Bordcomputer noch nicht auf den neuen Leistungswert der verstärkten Triebwerke angepasst waren. Normalerweise justierten die Bordcomputer die Steuerflächen derart, dass selbst extremste Steuerbefehle so weit gedämpft wurden, damit die Beschleunigungskräfte 8G nicht überstiegen. Denn was nützte ein kampfstarker Jet, wenn die Crew das Bewusstsein verlieren würde?
Aber die Computer gingen immer noch von den alten Triebwerken aus und berechneten dadurch falsche, viel schwächere Werte. Carlos spürte bereits ein Flimmern vor Augen, der Anfang des gefürchteten Blackouts, wenn das Gehirn nicht mehr mit genug Blut versorgt werden kann. Er bemerkte noch, wie ein Ausläufer des vorbeisausenden Blitzes die linke Tragfläche traf. Ein Prasseln durchzog das Com und der Typhoon schüttelte sich, dann war der Blitzeinschlag vorbei.
Zeitgleich schnarrten beide Warnsummer. Der Fehlermonitor blinkte wie ein kleines Weihnachtsbäumchen auf einem Trucker Armaturenbrett. Gleichzeitig schrie die synthetische, weibliche Stimme des Typhoons,: „WARNING! WARNING! WARNING...!”
„Woa“, stöhnte Mika, „hast du das gesehen?“
Weiter kam er nicht, als er den Glutball direkt über sich spürte. Durch seine neue Fluglage konnte er die nachfolgenden Staffeln sehen. Der gigantische Blitz hatte ihn verfehlt. Doch er hatte sich den nächsten Jet hinter ihm ausgewählt. Die gesamte Energie des Blitzes entlud sich in einem einzigen Moment.
Der Blitz hat die Isolationsschicht komplett verdampft und innerhalb eines Sekundenbruchteils 20.000 Gallonen Kerosin entzündet. Der Jet direkt hinter Mika stürzte als lodernde Wolke nach unten. Eine Bruchteil später konnte man die dünnen Feuerstrahlen der Raketenantriebe sehen, wodurch die Schleudersitze die Piloten hinaus katapultiert wurden.
„... Shit, verdammt noch mal, das waren Karl und Juan“, schrie Mika und hämmerte auf Warnsummer. „Hoffentlich haben sie selbst nichts abgekriegt.” Der schrille Impulston verstummte. Mika überflog die Warnmeldungen.
„Gesamte Staffel, hier DAYWALKER“, meldete er sich über Com, „Achtung!“
Weiter kam er nicht. Ein Rütteln ging durch den Typhoon. Abermals schrillte der Warnmelder auf, begleitet von der Stimme:
„WARNING! RIGHT FLAME OUT. WARNING! RIGHT FLAME OUT!“
„SHIT!“
Die Warnmeldung hatte soeben den Ausfall des rechten Triebwerks bestätigt. Flugtechnisch bereitete der Ausfall eines Triebwerkes noch keine größeren Probleme, ein Triebwerk reicht theoretisch aus.
Mika deaktivierte die Sicherungssperre am Schubregler und zog die rechte Hälfte des Schubreglers zurück in die Stellung Engine Off.
Carlos sagte kein Wort. Schon oft hatten sie solche Manöver trainiert. Trotzdem hatte er das Gefühl, als poche sein Herz im Hals.
„Ganz ruhig, Mädchen,...“, hörte Carlos Mikas Stimme.
Durch einen Tastendruck wurden die Triebwerkanzeigen auf dem rechten Display angezeigt. Mika wartete zwei Sekunden und leitete durch einen weiteren Tastendruck den Startvorgang des
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