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Buchs enthalten, konzentrierten sich die meisten Menschen auf die Beispiele für falsche Wahrscheinlichkeitsberechnungen in Kapitel 11 (gewiss mit Abstand das am wenigsten originelle Kapitel in diesem Buch, in dem ich die gesamte Literatur zu Wahrscheinlichkeitsverzerrungen komprimiert habe). Mehr noch: In den Naturwissenschaften mögen wir ein gewisses Verständnis der Wahrscheinlichkeiten haben – besonders in der Physik. In den Sozial-»Wissenschaften« wie der Ökonomie wissen wir dagegen allen Beteuerungen der Experten zum Trotz herzlich wenig darüber.
Ehrenrettung für (einige) Leser
Ich habe versucht, möglichst wenig auf meinen direkten Beruf als mathematisch orientierter Börsenhändler zurückzugreifen. Dass ich an den Finanzmärkten arbeite, dient nur als eine Inspiration und macht dieses Buch keineswegs (wie viele Leser dachten) zu einem Leitfaden für den Zufall an der Börse – ebenso wenig wie die Ilias als militärisches Handbuch missverstanden werden sollte.
Nur drei von vierzehn Kapiteln spielen in einem finanziellen Umfeld. Die Börse ist nur ein spezielles Beispiel für Zufallsfallen – allerdings auch bei weitem das interessanteste, da Glück hier eine besonders große Rolle spielt (wäre ich Tierpräparator oder Übersetzer von Schokoladenetiketten, wäre dieses Buch sehr viel kürzer ausgefallen). Darüber hinaus wird Glück im Finanzbereich von niemandem verstanden – obwohl die meisten Akteure glauben, sie würden es verstehen, wodurch die Wahrnehmungsverzerrungen noch vergrößert werden. Ich habe versucht, meine Börsenanalogien zur Veranschaulichung zu nutzen, so wie ich das in einem Dinnergespräch tun würde – beispielsweise mit einem intellektuell neugierigen Kardiologen (als Vorbild diente mir hier mein Freund der zweiten Generation, Jacques Merab).
Zur ersten Fassung des Buches erhielt ich viele E-Mails, was der Traum eines Essayisten sein kann, da diese Dialektik ideale Bedingungen für eine Neubearbeitung der zweiten Auflage schafft. Meiner Dankbarkeit verlieh ich Ausdruck, indem ich jede dieser E-Mails (einmal) beantwortete. Einige dieser Antworten habe ich in den verschiedenen Kapiteln in den Text aufgenommen. Da ich häufig als Bilderstürmer betrachtet werde, freute ich mich auf wütende Briefe in der Manier »Wie können Sie es wagen, über Warren Buffett zu urteilen« oder »Sie sind ja nur neidisch auf seinen Erfolg«. Zu meiner Enttäuschung fanden die meisten derartigen Angriffe anonym über amazon.com statt (schlechte Publicity gibt es nicht: Manchen Menschen gelingt es, die Werbetrommel für ein Buch zu rühren, indem sie es mit Beleidigungen überhäufen).
Als Trost für die fehlenden Attacken erhielt ich Briefe von Menschen, die sich durch dieses Buch in ihrer Ehre gerettet fühlten. Die lohnendsten Briefe stammten von jenen, denen das Leben ohne ihre eigene Schuld übel mitgespielt hatte – sie verwendeten dieses Buch, um ihren Ehefrauen klar zu machen, dass sie einfach weniger Glück gehabt hatten als ihr Schwager (und nicht etwa inkompetenter waren). Am meisten berührte mich der Brief eines Mannes aus Virginia, der innerhalb weniger Monate seinen Job, seine Frau und sein Vermögen verlor und zum Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens der Furcht einflößenden US-Börsenaufsichtsbehörde SEC wurde – und sich dabei zunehmend besser fühlte, weil er stoisch blieb. Eine Korrespondenz mit einem Leser, der von einem schwarzen Schwan getroffen wurde – dem unerwarteten zufälligen Ereignis mit gravierenden Folgen (hier der Verlust eines Babys) –, ließ mich nachlesen, was in der Literatur zur Anpassung nach schwer wiegenden zufälligen Ereignissen stand (in der nicht zufällig wieder einmal Daniel Kahneman eine herausragende Rolle spielt, der Pionier der Theorien zu irrationalem Verhalten unter Unsicherheit). Ich muss gestehen, dass ich als Börsenhändler niemals wirklich das Gefühl hatte, jemandem einen besonderen Dienst zu erweisen (mich selbst ausgenommen); es war ein erhebendes Gefühl, als Essayist einen sinnvollen Beitrag leisten zu können.
Alles oder nichts
Die Botschaft dieses Buches stiftete einige Verwirrungen. So wie unser Gehirn nicht ohne weiteres probabilistische Nuancen erkennt (es stürzt sich auf eine grobe »Alles-oder-nichts«-Vereinfachung), war es schwer zu erklären, dass es hier darum ging, dass alles zufälliger ist, als wir glauben, und die Aussage nicht lautete, dass alles Zufall ist. Ich war mit Kommentaren
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