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Trick dabei ist, sich von jenen fern zu halten, die nicht zu wissen scheinen, dass sie reine Entertainer sind (wie der in Kapitel 2 erwähnte George Will), sondern sich tatsächlich für Denker halten.
Ein weiteres Problem war die Interpretation der Botschaft in den Medien: Dieser Nassim meint, dass Märkte zufällig sind und daher purzeln die Kurse. Das machte mich unversehens zum Überbringer schlechter Nachrichten. »Schwarze Schwäne«, jene seltenen und unerwarteten Abweichungen, können sowohl positive als auch negative Ereignisse sein.
Der Medienjournalismus ist jedoch weniger standardisiert, als es den Anschein hat; er zieht ein recht ansehnliches Kontingent nachdenklicher Menschen an, die sich erfolgreich über das kommerzielle Plattitüdensystem hinwegsetzen und denen tatsächlich die Botschaft und nicht einfach nur die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit am Herzen liegt. Eine naive Beobachtung aus Gesprächen mit Ojo Anandi (NPR), Robin Lustig (BBC), Robert Sculley (PBS) und Brian Lehrer (WNYC) läuft darauf hinaus, dass öffentlich-rechtliche Journalisten einer ganz anderen intellektuellen Spezies angehören. Übrigens korreliert die Qualität der Diskussion umgekehrt mit dem Luxus der Studios: WNYC, wo ich den Eindruck hatte, dass Brian Lehrer sich am meisten bemühte, meine Thesen nachzuvollziehen, wird aus Büros betrieben, die mit zu den schäbigsten gehören, die mir diesseits von Kasachstan untergekommen sind.
Ein letzter Kommentar zum Stil. Ich beschloss, den Stil dieses Buches ebenso idiosynkratisch zu halten wie in der ersten Auflage. Homo sum, im Guten wie im Schlechten. Ich bin fehlbar und sehe keinen Grund, meine kleinen Fehlerchen zu verbergen, wenn sie Teil meiner Persönlichkeit sind – ebenso wenig wie ich eine Perücke aufsetzen würde, wenn ich mich fotografieren lasse, oder mir die Nase von jemand anderem ausborgen möchte, wenn ich mein Gesicht zeige. Nahezu alle Verlagsredakteure, die den Entwurf lasen, empfahlen Veränderungen auf Satzebene (um meinen Stil zu »verbessern«) sowie in der Textstruktur (in der Organisation der Kapitel). Ich habe sie fast alle ignoriert und festgestellt, dass keiner meiner Leser diese Anpassungen für notwendig hielt – faktisch bin ich der Meinung, dass es den Text belebt, wenn darin die Persönlichkeit des Autors (mit allen Unvollkommenheiten) zum Ausdruck kommt. Leidet die Verlagsbranche etwa unter dem klassischen »Expertenproblem« mit entsprechenden Faustregeln, die keine empirische Gültigkeit besitzen? Mehr als 100 000 Leser später beginne ich mir klar zu werden, dass Bücher nicht für Redakteure geschrieben werden.
Nassim Nicholas Taleb
Prolog
Moscheen in den Wolken
In diesem Buch geht es um Glück, das sich als etwas anderes (nämlich als Geschick) tarnt und wahrgenommen wird, sowie auf allgemeinerer Ebene um Zufälligkeiten, die sich nicht als solche zu erkennen geben und für etwas anderes (nämlich für Bestimmung) gehalten werden. Dieses Phänomen manifestiert sich in der Figur des glücklichen Narren: ein Mensch, der von unverhältnismäßig viel Glück profitieren kann, seinen Erfolg aber anderen, meist sehr präzisen Gründen zuschreibt. Diese Verwirrung entsteht in Bereichen, wo man es niemals vermuten würde, selbst in der Wissenschaft, wenngleich nicht auf ebenso pointierte und augenfällige Weise wie im Wirtschaftsleben. Auch in der Politik stößt man häufig auf dieses Phänomen; hier manifestiert es sich in der Gestalt des Staatschefs, der von Arbeitsplätzen spricht, die »er« geschaffen hat, von »seinem« Wirtschaftsaufschwung und der Inflation »seiner Vorgänger«.
Wir sind immer noch ganz eng verwandt mit unseren Vorfahren, die über die Savanne streiften. Bei der Entstehung unserer Überzeugungen spielt der Aberglaube selbst heute noch (oder vielleicht sogar gerade heute) eine wichtige Rolle. So wie sich eines Tages ein Mitglied eines primitiven Stammes an der Nase kratzte, Regen fallen sah und dann eine elaborierte Methode des Nasenkratzens entwickelte, um dringend benötigten Regen herbeizurufen, verbinden wir wirtschaftlichen Wohlstand mit irgendeiner Zinssenkung der US-Notenbank oder den Erfolg eines Unternehmens mit der Berufung eines neuen Chefs, der »das Ruder in die Hand nimmt«. Unsere Buchläden sind voll von Biografien erfolgreicher Männer und Frauen, die ihre eigenen Erklärungen dafür bieten, warum sie im Leben so viel erreicht haben (mit dem Ausdruck »zur richtigen Zeit am richtigen
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