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für Misserfolge. Hätte der Autor die gleiche Untersuchung bei Bankrotteuren durchgeführt, hätte er sicherlich auch diesen Mitbürgern Risikofreudigkeit bescheinigen können.
Einige Leser (und einige fantasielose Verlage, bevor ich das Glück hatte, Texere zu finden) baten mich, die »Behauptungen im Buch mit Daten zu untermauern« – Grafiken, Schaubilder, Diagramme, Charts, Tabellen, Zahlen, Empfehlungen, Zeitreihen et cetera. Bei diesem Text handelt es sich um eine Reihe logischer Gedankenexperimente, nicht um eine wirtschaftswissenschaftliche Seminararbeit; Logik bedarf keiner empirischen Verifizierung (da haben wir wieder diesen »irrigen Umkehrschluss«: Es ist ein Fehler, Statistiken ohne Logik zu verwenden, wie dies Journalisten und einige Ökonomen tun, doch umgekehrt gilt nicht, dass die Verwendung von Logik ohne Zahlenmaterial ebenfalls verkehrt ist). Wenn ich schreibe, ich würde bezweifeln, dass der Erfolg meines Nachbarn aufgrund der Rolle des Zufalls in seinem Beruf nicht in gewissem Maße mehr oder weniger auch auf Glück zurückzuführen ist, muss ich das nicht »austesten« – das Gedankenexperiment zum russischen Roulette genügt. Ich muss lediglich zeigen, dass es neben der Theorie, er sei ein Genie, auch eine alternative Erklärung gibt. Mein Ansatz besteht darin, eine Gruppe geistig minderbemittelter Menschen zu bilden und zu zeigen, wie eine kleine Minderheit davon sich zu erfolgreichen Geschäftsleuten entwickeln kann – und genau diejenigen fallen uns auf. Ich behaupte nicht, dass Warren Buffett keine Fähigkeiten besitze, nur dass eine große Gruppe beliebiger Investoren nahezu unausweichlich durch reines Glück jemanden mit seiner Erfolgsbilanz hervorbringt.
Die verpassten Bären
Es überraschte mich auch, dass ich trotz der lautstarken Warnungen vor Medienjournalisten in meinem Buch zu Fernseh- und Radiosendungen in Nordamerika und Europa eingeladen wurde (darunter ein urkomischer »dialogue de sourds« bei einem Radiosender in Las Vegas, bei dem der Interviewer und ich völlig aneinander vorbeiredeten). Niemand schützte mich vor mir selbst, und ich nahm diese Interviews an. Seltsamerweise benötigt man die Presse, um die Botschaft zu kommunizieren, dass die Presse Gift ist. Meine banalen Statements ließen mich wie einen Betrüger fühlen, doch hatte ich meinen Spaß dabei.
Möglicherweise wurde ich eingeladen, weil die Interviewer der Mainstream-Medien mein Buch entweder nicht gelesen hatten oder die Beleidigungen nicht verstanden (sie »haben nicht die Zeit«, Bücher zu lesen) und die öffentlich-rechtlichen Journalisten es zu gründlich gelesen hatten und sich dadurch gerechtfertigt fühlten. Ich kann mit ein paar Anekdoten aufwarten: Einer berühmten Fernsehsendung wurde mitgeteilt, dass »dieser Taleb glaubt, Aktienanalysten sind nur Zufallspropheten«. Daher waren die Produzenten begierig darauf, mich meine Thesen in der Sendung vortragen zu lassen. Ihre Bedingung lautete aber, dass ich drei Aktienempfehlungen abgeben müsse, um mein »Know-how« zu beweisen. Ich verzichtete auf meinen Besuch in der Sendung und verpasste so die Gelegenheit, ihnen allen einen herrlichen Bären aufzubinden: Ich hätte drei zufällig ausgewählte Aktien beschreiben und wohlklingende Erklärungen auf meine Selektion zuschneiden können.
Bei einer weiteren Fernsehsendung erwähnte ich in meinen Ausführungen zum Zufallscharakter des Aktienmarktes und der Tatsache, dass Ereignisse im Nachhinein immer mit einer passenden Logik verbrämt werden, dass »Menschen glauben, es gäbe eine Story, wo das nicht der Fall ist«. Der Moderator hakte sofort ein: »Heute morgen wurde eine Story über Cisco berichtet. Können Sie sich dazu äußern?« Hier die beste meiner Anekdoten: Nachdem ich zu einer einstündigen Diskussion in einer Bloomberg-Radiosendung geladen worden war (sie hatten Kapitel 11 nicht gelesen), teilte man mir wenige Minuten vor Beginn mit, ich solle nicht auf die Thesen in diesem Buch zu sprechen kommen, da man mich nicht eingeladen habe, um über den Zufall, sondern über den Börsenhandel zu sprechen (gewiss eine weitere Gelegenheit, allen einen dicken Bären aufzubinden – doch war ich darauf nicht gut genug vorbereitet und verließ daher das Studio vor Beginn der Sendung).
Die meisten Journalisten nehmen die Dinge nicht zu ernst: Schließlich geht es in ihrem Metier um reine Unterhaltung und nicht um Wahrheitssuche, insbesondere wenn sie für Funk und Fernsehen arbeiten. Der
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