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Sie sich eigentlich, dass Sie es wagen, mir zu sagen, dass ich mein ganzes Leben hindurch vielleicht einfach nur Glück hatte?« Nun, niemand glaubt im Grunde, dass sein Erfolg auf pures Glück zurückzuführen ist. Mein Ansatz ist folgender: Mit unserem Monte-Carlo-Generator können wir völlig zufällige Situationen erzeugen. Wir können damit das genaue Gegenteil von konventionellen Methoden erreichen: Anstatt bei Menschen aus Fleisch und Blut nach bestimmten Eigenschaften zu suchen, können wir künstliche Gestalten mit genau bekannten Attributen schaffen. So können wir Situationen hervorrufen, die von reinem, unverfälschtem Glück abhängen, ohne den Einfluss von Geschick oder welche andere Bezeichnung für »Nicht-Glück« wir in Tabelle 1 gewählt haben mögen. Mit anderen Worten: Wir können künstliche Niemande herstellen, die wir auslachen können; sie werden bewusst all ihrer potenziellen Fähigkeit beraubt (genau wie ein Placebo-Medikament).
In Kapitel 5 haben wir gesehen, wie Menschen mit der Hilfe von Eigenschaften überleben können, die eine Zeit lang der aktuellen Zufallsstruktur entsprechen. An dieser Stelle nehmen wir einen weitaus einfacheren Fall: Wir kennen hier die Zufallsstruktur. Bei der ersten Übung dieser Art handelt es sich um eine Weiterentwicklung des alten Spruchs: »Selbst eine kaputte Uhr geht zweimal am Tag richtig.« Wir werden noch einen Schritt weiter gehen, um zu zeigen, dass Statistik ein zweischneidiges Schwert ist. Lassen Sie uns mit unserem an früherer Stelle vorgestellten Monte-Carlo-Generator eine Population von 10 000 fiktiven Investmentmanagern simulieren (den Generator braucht man dazu zwar nicht unbedingt, denn wir könnten auch eine Münze werfen oder reine Algebra betreiben, aber mit dem Monte-Carlo-Generator ist das viel anschaulicher – und macht mehr Spaß). Nehmen wir an, jeder von ihnen spielt ein vollkommen gerechtes Spiel: Jeder kann mit einer Wahrscheinlichkeit von jeweils 50 Prozent zum Jahresende 10 000 Dollar Gewinn oder Verlust machen. Führen wir nun noch eine weitere Einschränkung ein: Sobald ein Manager ein einziges schlechtes Jahr erlebt, wird er für immer und ewig aus der Stichprobe ausgeschlossen. Das bedeutet das Aus für ihn. Damit wandeln wir auf den Spuren der Börsenlegende George Soros; er soll seinen versammelten Managern erklärt haben: »Die Hälfte von euch wird nächstes Jahr nicht mehr dabei sein« (in seinem Englisch mit osteuropäischem Akzent). Wie George Soros setzen auch wir extrem hohe Standards; wir suchen nur nach Managern mit makelloser Erfolgsbilanz. Für schlechte Performance haben wir keine Geduld.
Der Monte-Carlo-Generator wirft eine Münze: Bei Kopf macht der betreffende Manager im Jahresverlauf einen Gewinn von 10 000 Dollar; bei Zahl verliert er 10 000 Dollar. Wir starten das Spiel für das erste Jahr. Zum Jahresende erwarten wir, dass 5000 Manager einen Gewinn von 10 000 Dollar und die anderen 5000 einen Verlust in gleicher Höhe verbuchen. Jetzt lassen wir das Spiel ein zweites Jahr laufen. Wieder können wir erwarten, dass 2500 Manager in zwei Jahren in Folge den erforderlichen Gewinn erzielen. Im dritten Jahr sind es 1250, im vierten 625 und im fünften 313. In einem fairen Spiel haben wir jetzt also 313 Manager, die in fünf aufeinander folgenden Jahren Gewinne verbucht haben. Nur weil ihnen das Glück hold war.
Wenn wir derweil einen dieser erfolgreichen Börsenhändler in die reale Welt hineinwerfen, würden wir äußerst interessante und hilfreiche Kommentare zu seinem bemerkenswerten Stil, seinem scharfsinnigen Denken und den Einflussfaktoren hören, die ihm zum Erfolg verholfen haben. Einige Analysten würden seine Leistung auf spezifische Kindheitserlebnisse zurückführen. Sein Biograf würde sich darüber auslassen, welch wunderbaren Vorbilder seine Eltern gewesen seien; in der Mitte des Buches fänden wir Schwarzweißaufnahmen eines großen Geistes in den prägenden Jahren. Wenn er dann im nächsten Jahr keine überdurchschnittliche Wertentwicklung mehr erzielt (bedenken Sie, dass die Wahrscheinlichkeit, dass er ein gutes Jahr erlebt, bei 50 Prozent geblieben ist), würden die Schuldzuweisungen beginnen, würden ihm schwindende Arbeitsmoral oder ein verschwenderischer Lebenswandel vorgeworfen. Es würde etwas gefunden, was er vor seiner Erfolgsphase tat und jetzt nicht mehr tut, und sein Misserfolg würde diesem Faktor zugeschrieben. In Wirklichkeit hat ihn aber einfach nur das Glück
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