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bei den Kopf und Zahlergebnissen handle es sich um Wetteinsätze in Geldform, die einer Person zufließen. Die Abweichung von der Norm, wie sie von übermäßigen Kopf- bzw. Zahlwürfen symbolisiert wird, ist in diesem Falle allein dem Glück beziehungsweise der Varianz zuzuschreiben, nicht den Fähigkeiten des hypothetischen Spielers (da jedes der beiden Ergebnisse mit gleicher Wahrscheinlichkeit eintreten kann).
Je größer im realen Leben die Abweichung von der Norm ist, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass sie anstatt auf Geschick auf Glück zurückzuführen ist: Selbst wenn die Wahrscheinlichkeit, Kopf zu werfen, bei 55 Prozent liegt, sind zehn Gewinne in Folge dennoch sehr unwahrscheinlich. Dies lässt sich leicht verifizieren anhand der Geschichten über sehr prominente Börsenhändler, die rasch in Vergessenheit gerieten – wie die Helden, die ich in den Trading Rooms beobachtete. Ebenso gilt dies auch für die Körpergröße von Menschen oder Hunden. Um bei letzterem Beispiel zu bleiben: Angenommen, zwei durchschnittlich große Hundeeltern produzieren einen Wurf großer Welpen. Wenn die größten Hunde aus diesem Wurf zu sehr vom Mittelwert abweichen, werden sie tendenziell Nachkommen haben, die kleiner sind als sie selbst, und umgekehrt. Dieser »Rückfall« großer Ausreißer wurde historisch beobachtet und als Regression zum Mittelwert erklärt. Je größer die Abweichung, desto bedeutsamer ist ihre Wirkung.
Aber seien Sie auch hier wieder gewarnt: Nicht alle Abweichungen sind auf diesen Effekt zurückzuführen – nur ein unverhältnismäßig großer Anteil davon.
Ergodizität
Wenn ich mich fachlicher ausdrücken möchte, muss ich sagen, dass die Menschen glauben, sie könnten die Eigenschaften einer Verteilung aus einer betrachteten Stichprobe ableiten. Geht es aber um Aspekte, die vom Höchstwert abhängen, spielt eine völlig andere Verteilung eine Rolle, nämlich die der besten Leistungsträger. Wir bezeichnen den Unterschied zwischen dem Durchschnitt einer solchen Verteilung und der unkonditionalen Verteilung von Gewinnern und Verlierern als Survivor Bias – in diesem Fall handelt es sich um die Tatsache, dass etwa drei Prozent der ursprünglichen, an früherer Stelle beschriebenen Gruppe fünf Jahre in Folge einen Gewinn erzielen. Darüber hinaus veranschaulicht dieses Beispiel das Wesen der Ergodizität, nämlich dass die Zeit die ärgerlichen Auswirkungen des Zufalls ausgleichen wird. Trotz der Gewinne, die diese Manager in den letzten fünf Jahren einfuhren, erwarten wir, dass sie auch in Zukunft zu jedem beliebigen zukünftigen Zeitpunkt die Gewinnschwelle erreichen. Es wird ihnen aber nicht besser ergehen als der ursprünglichen Gruppe, die zu einem früheren Zeitpunkt scheiterte. Auf lange Sicht gleicht sich alles aus.
Als ich vor einigen Jahren einem gewissen A., einem dieser »Herren des Universums«, erklärte, dass Erfolgsbilanzen weniger aussagekräftig seien, als er meinte, fand er diese Bemerkung so beleidigend, dass er vor Wut sein Feuerzeug nach mir warf. Dieser Vorfall lehrte mich einiges. Vergessen Sie nicht, dass niemand die Zufälligkeit seines eigenen Erfolges akzeptiert. Nur Misserfolge sind auf reines Pech zurückzuführen. Das Ego dieses Herren wurde gebauchpinselt, als er in die Leitung einer Abteilung mit »großartigen Händlern« aufstieg, die damals vorübergehend auf dem Markt ein Vermögen verdienten und dies der Solidität ihres Geschäfts, ihrem Urteilsvermögen oder ihrer Intelligenz zuschrieben. Später erlebten sie im harten New Yorker Winter von 1994 ein Fiasko (während des Rentenmarktzusammenbruchs, der auf Alan Greenspans überraschende Zinserhöhung folgte). Interessant an der Sache ist, dass einige Jahre später meines Wissens kaum einer von ihnen noch im Börsenhandel tätig ist (Ergodizität).
Denken Sie daran, dass der Survivor Bias von der Größe der ursprünglichen Gruppe abhängt. Die Aussage, dass jemand in der Vergangenheit Gewinne erzielte, ist für sich genommen weder aussagekräftig noch relevant. Wir müssen wissen, wie groß die Gruppe war, aus der er hervorging. Anders ausgedrückt: Wenn wir keine Informationen darüber haben, wie viele Manager es versuchten und scheiterten, sind wir nicht in der Lage, die Gültigkeit einer Erfolgsbilanz zu beurteilen. Wenn sich die ursprüngliche Gruppe aus zehn Managern zusammensetzte, würde ich dem Besten die Hälfte meiner Ersparnisse anvertrauen, ohne mit der Wimper zu zucken.
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