Babel 1 - Hexenwut
als er dich ansah, als gäbe es nichts Wichtigeres auf der Welt als dich?
Das ist vorbei.
Bist du sicher?
Sie stöhnte und zog sich das Kissen über den Kopf. Das Einzige, was jetzt noch fehlte, war eine Tiefenprüfung vom Finanzamt!
Babel blieb hegen, bis ihr die Luft ausging, dann tauchte sie wieder auf und warf einen Blick auf den Wecker. Die roten Digitalziffern brannten sich auf ihre Retina, und plötzlich fiel ihr siedend heiß ein, dass der Tiertransport Judiths Krähe vorbeibringen würde.
» Mist! « Sie sprang aus dem Bett, zerrte die Strickjacke vom Haken an der Tür, warf sie über und rannte die Treppe hinunter, wobei ihr Getrampel große Ähnlichkeit mit einer Stampede haben musste. Schwungvoll riss sie die Haustür auf und schickte eine magische Welle in die Schutzwälle des Grundstücks, die den Ablenkungszauber vom Haus nahm. Danach stand sie heftig atmend in der Tür, und der geschnitzte Bär mit dem Türklopfer im Maul schien missbilligend auf sie herabzusehen.
»Was? Noch nie verschlafen?«, fragte sie, aber der Bär antwortete nicht.
Die kühle Morgenluft zerrte an ihren Haaren und biss sie in die Wangen. Als sie auf die Straße schaute, sah sie, wie sich ein grüner Transporter langsam dem Haus näherte. Auf der Seitentür prangte das Logo des Tiertransportunternehmens. Vor ihrem Tor hielt der Wagen an, und ein missmutig aussehender Rotschopf stieg aus und warf dem Haus finstere Blicke zu. Schuldbewusst zog Babel den Kopf ein. Der Mann ging um das Auto herum, nahm eine Box aus dem Laderaum und trat an das Tor heran. Als er sie endlich erblickte, runzelte er die Stirn.
Sie musste einen schönen Anblick bieten. Blanke Beine mit Tennissocken, Strickjacke, zerzaustes Haar und vermutlich Kissenabdrücke auf der Wange. Sehr vertrauenerweckend.
»Ihr Haus liegt ganz schön versteckt, gute Frau. Ich bin dreimal dran vorbeigefahren, bevor ich es gesehen habe. Fast hätte ich es aufgegeben und wäre weitergefahren.«
»Ja, tut mir leid.«
»Na, ist ja nicht Ihre Schuld.«
Genau genommen war es ihre Schuld. Normalerweise bekam sie ihre Post an die Büroadresse geliefert. Nun ja, man konnte nicht an alles denken, vor allem nicht, wenn man erst gegen vier Uhr morgens eingeschlafen war. Ihr Gehirn befand sich noch irgendwo zwischen der Traumwelt und der ersten Tasse Kaffee.
Nachdem er seine missmutige Stimmung erst einmal überwunden hatte, stellte sich der Rotschopf als erstaunlich redselig heraus. Er bot ihr ein Pfefferminzbonbon an und versicherte ihr, wie vorbildlich sich die Krähe verhalten hatte.
»Nicht so wie die Schlange, die ich letzte Woche im Wagen hatte.« Anerkennend nickte er, während er auf seinen Block kritzelte. »Dieses clevere Mistvieh. Ich sag Ihnen was - klar war die Besitzerin der Meerschweine unglücklich darüber, dass von sieben nur fünf den Bestimmungsort erreicht haben, kann ich ja verstehen. Aber ist das ein Grund, wie eine Furie über mich herzufallen?« Erwartungsvoll schaute er Babel an, aber irgendwie hatten sich ihre Gedanken bei dem Wort Schlange aufgehangen. »Ich meine, nur weil es der Schlange irgendwie gelungen ist, die Box zu öffnen ... Das passiert eben manchmal. Himmel, Meerschweine zu züchten, ist doch nun wirklich kein Problem. Was stellt die sich so an?«
»Ja ... nicht zu verstehen.«
»Gut, dass es Versicherungen gibt, was?«
Skeptisch betrachtete Babel die hellgrüne Box mit den bleistiftgroßen Luftlöchern, die er ihr in die Hand drückte, und hoffte, dass darin wirklich Judiths Krähe hockte und nicht zufällig etwas anderes mit giftigem Stachel, weil das eben manchmal passierte. Die Energiewellen deuteten auf etwas Größeres hin, aber konnte sie sich da sicher sein?
Während sie noch versuchte, anhand des Gewichts herauszufinden, was wohl in der Box hockte, beklagte sich der Rotschopf darüber, dass das Benzin so teuer geworden war und das Wetter zu schwül für die Jahreszeit sei. Nachdem Babel mit ihrer Unterschrift bestätigt hatte, dass er ihr eine Box mit lebendem Inhalt übergeben hatte - die Box wackelte schließlich -, verabschiedete er sich mit dem Hinweis, er müsse weiter, um giftige Frösche auszuliefern.
Diese Äußerung verleitete sie zu der panischen Frage: »Und Sie sind sicher, dass das meine Box ist?«, aber dafür hatte er nur ein müdes Nicken übrig.
»Wenn nicht, dann rufen Sie einfach die Nummer auf Ihrer Quittung an, dann komm ich das abholen.«
Dann bin ich vielleicht schon tot!, wollte sie rufen. Gefressen
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