Babel 1 - Hexenwut
bisschen anders ... Na ja ... also ... Die Opfer gehören einer besonderen Gruppe an ...«
»Einer Sekte?«
»So was Ähnliches.« Seufzend stand Babel da und schob die Hände in die Hosentaschen.
Es war nie einfach, jemandem zu erzählen, was sie war und tat. Es klang irgendwie immer beknackt, das musste sie zugeben. Aber es schien die Nacht der Neubeginne zu sein, und es war ihr wichtig, dass Tamy Bescheid wusste. Ob sie nach Babels Geständnis allerdings noch mit ihr reden würde, stand auf einem anderen Blatt. Nicht immer, wenn sie sich einem normalen Menschen offenbart hatte, wurde ihr auch geglaubt. Es kam nicht nur auf den richtigen Zeitpunkt, sondern auch auf die Wortwahl an.
Am Ende stellte sie die älteste aller Fragen: »Glaubst du an Magie?«
»Du meinst mit Zauberstab und Kristallkugel?«
»Eher mit Blut und Sprüchen.«
»Voodoo.«
»Nicht ganz.« Babel ließ sich neben ihr an der Häuserwand nieder und legte den Kopf auf die Knie. »Okay, ich erzähl dir jetzt was, und ich weiß, dass sich das seltsam anhört, aber du kannst sicher sein, dass ich nicht high bin oder versuche, dich zu verarschen, okay?«
Tamy zögerte, sagte aber nach einem Moment: »Okay.«
Ohne sie anzusehen, begann Babel ihr von der Magie zu erzählen. Sie holte weit aus, von wegen Hexenverbrennung und dass da möglicherweise die eine oder andere echte dabei gewesen war. Dass die Menschen vor Jahrhunderten ja auch geglaubt hätten, Blitze wären Teufelszeug. Und dass es auch heute noch Dinge gab, die sich die meisten Menschen nicht erklären konnten, daher waren sie dazu übergegangen, sie zu ignorieren. Die Errungenschaften der Aufklärung hätten eben auch zu einer Ignoranz des alten Wissens geführt.
An dieser Stelle bekam Tamy einen glasigen Blick, und Babel bemerkte, dass sie glaubte, sie wolle ihr einen Vortrag über Religion halten. Also platzte sie mit »Magie!« heraus, als würde das eine Wort alles erklären. Dann haspelte sie weiter, erzählte von der Hexentradition in ihrer Familie, dass es weitervererbt wurde, aber auch spontan auftreten konnte. Wie sie Karl kennengelernt hatte. Schließlich versuchte sie, Tamy zu erklären, wie Magie funktionierte und dass es eine alte Kunst war. Dass es im Grunde mehr Physik war als Zauberei und dass es vor allem darum ging, sich Sachen vorzustellen.
»Klingt wie bei einem dieser beknackten Kurse. Visualisieren Sie Ihr Ziel, damit es sich erfüllt.«
»Äh ... na ja ... kann sein, aber das meine ich nicht. Es geht nicht darum, deinen inneren erfolgsgeilen Egomanen zu entdecken, sondern um das Verändern der Realität auf physikalischer Ebene.« Sie nickte gewichtig, aber wirklich überzeugt sah Tamy nicht aus. Was keine Überraschung war. Wahrscheinlich hätte es Babel mehr beunruhigt, wenn sie ihr erzählt hätte, sie glaube ihr jedes Wort.
»Du meinst, wenn man sich etwas vorstellt, geht es auch irgendwann in Erfüllung?«
»So ungefähr, nur geht das bei Hexen eben deutlich schneller,
weil sie magisch aktiv sind, das heißt, wir können die Magie direkt beeinflussen. Aber natürlich umgibt uns die Magie immerzu. Auch magisch passive Menschen können sie manchmal wahrnehmen. Du hast garantiert auch schon die Erfahrung gemacht, dass dir eine Gänsehaut über den Rücken läuft, wenn du an einen bestimmten Ort kommst. Manche nennen es Karma, aber im Grunde genommen sind es nur die Energien eines Ortes, die du spüren kannst. Oder du wünschst dir etwas sehr, und dann trifft es auch ein.«
»Das sind Zufälle.«
»Nein, sind es nicht.«
Babel beobachtete sie, aber Tamy stand noch immer mit unbeweglicher Miene vor der Tür. Es war nicht zu erkennen, ob sie Babel für durchgeknallt hielt.
Erst nach einer Weile sagte sie: »Okay.«
»Okay? Mehr hast du nicht dazu zu sagen?«
»Was soll ich denn sagen?«
»Na, wie wäre es mit: He, du spinnst doch. Oder: Zauber mir ein Kaninchen aus dem Hut.«
»Kannst du das?«
»Ein Kaninchen aus dem Hut zaubern?«
Tamy nickte.
»So funktioniert das nicht. Auch Magie hat ihre Grenzen, sonst wäre der Witz mit der Weltherrschaft längst kein Witz mehr. Du kannst nicht aus nichts etwas machen. Man kann nur eine Sache in etwas anderes umwandeln. Das ist ein bisschen wie beim ersten Gesetz der Thermodynamik: Energie geht nicht verloren.«
»Aha. Was kannst du also?«
»Soll ich dir das jetzt beweisen?«
»Wäre gut, wenn du nicht willst, dass ich dich auf eine Alkoholvergiftung überprüfen lasse.« Nur Tamy konnte im
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