Baby-Bingo
Güteklasse hat durch mein Alter bereits abgenommen?«, frage ich Carla.
»Besser geworden ist sie sicher nicht«, sagt sie in ihrer entwaffnend ehrlichen Art. »Sonst wärst du ein Naturwunder. Neben dem Alter sind aber auch die gesunden Lebensumstände entscheidend …«
»Also viel Alkohol und wenig Schlaf.«
»Du bringst es auf den Punkt. Aber im Ernst, es spielt noch eine Menge mehr eine Rolle: Stress, Krankheiten, genetische Veranlagung.«
»Schon klar. Und wie funktioniert das mit der Spermienuntersuchung, Doktor Carla?«
»Keine Angst, es ist völlig schmerzfrei«, sagt Carla. Sie weiß, dass ich selbst harmlose Zahnreinigungstermine Wochen vor mir herschiebe.
»Du weißt also bereits wieder im Detail, wie das funktioniert«, sage ich.
»Aber sicher. Ist alles ganz einfach. Du gehst zu deinem Urologen, produzierst dort, in Gedanken an mich natürlich, eine tolle Probe. Und er untersucht sie. Fertig. Machst du das mal – versprochen?«
»Versprochen.«
Nun bin ich derjenige, den die Sorgen und Zweifel plagen. Bisher ging ich automatisch davon aus, dass mein Beitrag zum potenziellen Nachwuchs makellos sei. Aber mein letzter Beweis dafür ist über 20 Jahre her. Was ist, wenn dem gar nicht so ist, wenn ich nicht mehr zeugungsfähig bin? Was würde das für unsere Beziehung bedeuten, wenn Carla von mir nie ein leibliches Kind bekommen könnte?
Verdammt, was für ein Tag.
Ich beschließe, der Unsicherheit ein schnelles Ende zu machen. Gleich morgen werde ich einen Termin beim Urologen vereinbaren.
Carla
Der Tipp
»Und? Habt ihr auch Kinder?«
Nachdem Martin und ich uns gerade gefühlte zwei Stunden die ausführlichen Beschreibungen eines Paares in den ersten Wochen seines glücklichen Elterndaseins angehört haben, muss te diese Frage ja kommen.
Martin und ich schütteln den Kopf. »Nein, noch nicht.«
Keine Party ohne dasselbe Frage-Antwort-Spiel:
1. »Was macht ihr beruflich?«
2. »Wo wohnt ihr?«
3. »Habt ihr Kinder?«
Das Leben der anderen. Innerhalb von zwei Small-Talk-Minuten gescannt.
Wir feiern Maries 36. Geburtstag, und ich merke, wie meine gute Laune innerhalb von Sekunden Frostbeulen bekommt. Gerade waren wir noch zwei plaudernde Paare auf gleicher Augenhöhe. Jetzt komme ich mir vor, als hätten wir uns mit einer ansteckenden Hautkrankheit geoutet. Ungewollte Kinderlosigkeit – unvorhersehbar und kann jeden treffen.
Ich habe das Gefühl, als hätte ich den Bus verpasst und stehe auf einmal ganz allein an der Haltestelle, während alle anderen das Ticket zum Familienglück bereits eingelöst haben und abgefahren sind.
Was ist nur los heute? Ist wieder mal Weltkindertag? Oder warum dreht sich alles nur ums Thema Kind?
Es begann schon am Morgen. Neben meinem Frühstücksteller lag ein zusammengerolltes Blatt Papier mit Schleife. Wie schön, wieder mal ein Gutschein, dachte ich. Obwohl seine Gutscheine bisher ja eigentlich typisch für Geburtstage und Weihnachten waren. Diesmal lag ich mit meiner Vermutung aber daneben. Ich entrollte das Papier und sah auf den ersten Blick nur Zahlen und medizinische Fachausdrücke.
»Morphologie: 70 Prozent normal geformte … Motilität: 40 % progressiv lebhaft bewegliche …«
»Entscheidend ist der letzte Satz«, sagte Martin mit einem Siegerlächeln, als hätte er gerade den Grand Prix von Monaco zum dritten Mal in Folge gewonnen.
»Im vorliegenden Ejakulat zeigt sich eine sehr gute Fertilität«, las ich laut vor.
Mein Blick fiel auf mein gerade geköpftes Frühstücksei, und ich musste lachen. »Gutes Timing«, sagte ich. »Das heißt, bei dir ist alles in Ordnung?«
»Du siehst hier das Spermiogramm eines Dreißigjährigen«, lobte sich Martin selbst. »Alles in Topform, sagt der Arzt.«
»Mein Held. Ich bin stolz auf dich!«
Ich merkte, wie erleichtert Martin war. Wie oft hatte ich schon von Paaren gehört, die seit Jahren versuchen, ein Kind zu bekommen. Doch irgendwann stellt sich heraus, dass der Mann aufgrund seiner unzureichenden Spermienqualität gar keine Kinder auf normalem Weg zeugen kann. Immerhin liegt der Grund für Zeugungsunfähigkeit zu 40 bis 50 Prozent beim Mann. Auch wenn das einige Männer nicht glauben wollen und sich oft hinter Machosprüchen verstecken.
Viele Frauen kümmern sich daher in Eigenregie um die Optimierung des männlichen Beitrags. Wie meine Freundin Theresa. Sie ging so weit, dass sie ihrem Mann Mountainbike fahren und den wöchentlichen Saunagang mit seinen Kumpels im Sportklub verbot, weil
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