Baby-Bingo
nicht immer.
Aber nach fünf Jahren Beziehung ist das so eine Sache mit den Bettaktivitäten. Wie ein Lieblings-T-Shirt, das im Laufe der Jahre, trotz Feinwaschmittel, immer mehr an Farbe verliert, verblasst auch unser Sexleben etwas. Dabei war ich immer fest davon überzeugt, wenn ich mal wieder in der Cosmopolitan einen Artikel über »Wie beleben Sie Ihr Liebesleben?« gelesen hatte, dass ich das nie nötig haben würde.
»Bei uns hat’s auch etwas länger gedauert«, sagt unsere neue Party-Bekanntschaft und schaut mich verständnisvoll an. Das hatte ich nicht erwartet. Statt Small-Talk-Ping-Pong ehrliches Mitgefühl.
»Ich hatte Endometriose und nur noch einen Eierstock. Ein Wunder, dass ich überhaupt schwanger geworden bin.«
Martin blickt mich irritiert an. Gespräche über Eierstöcke sind nicht so sein Ding, so genau möchte er das gar nicht wissen. Dankbar dafür, dass sein Glas gerade leer ist, entschuldigt er sich und ergreift mit dem Mann meiner Gesprächspartnerin die Flucht.
»Mir hat Akupunktur total geholfen. Ich kenne da einen ganz tollen chinesischen Arzt. Wenn du da mal hingehen möchtest, gebe ich dir seine Nummer.«
Wie bitte? Meine Eierstöcke sind in Bestzustand! Sehe ich schon so frustriert aus, dass ich Hilfe von Wunderheilern brauche? Das sage ich natürlich nicht. Stattdessen lächle ich freundlich und antworte: »Gerne – eine gute Idee.«
Meine Güte, wie sich die Zeiten ändern. Früher sprachen wir auf Partys noch über essenzielle Themen. Zum Beispiel, wie das Robbie-Williams-Konzert war und wann Carrie end lich Mr. Big heiraten wird. Jetzt unterhalten wir uns über Eierstöcke. Damals hat man sich einfach spontan auf ein Bier getroffen, Pizza bestellt und hatte einen witzigen Abend. Heu te bekomme ich Monate vorher eine »save-the-date«-E-Mail als Vorankündigung für die Geburtstagseinladung. Und statt Pizza gibt es Karotten-Ingwer-Suppe und Dinkel-Grünkern-Quiche.
Neben dem Kinderthema stehen Gesundheitsprobleme ganz oben auf der Partytalk-Liste. Kaum jemand, der nicht gerade irgendeine Darmsanierung oder Ayurveda-Diät macht und deswegen auf Alkohol und Kohlenhydrate verzichten muss. Metabolic Balance statt Chips und Erdnussflips. Ich habe das Gefühl, unsere Partys sind langweiliger geworden. Exzesse? Fehlanzeige. Der Höhepunkt ist mittlerweile, wenn jemandem das Rotweinglas aus der Hand auf den weißen Schiffsparkettboden fällt.
Gegen 22 Uhr verabschieden sich dann bereits die ersten Paare. Mit der willkommenen Entschuldigung, den Baby- oder Hundesitter auslösen zu müssen.
Maries Schwangerschaft scheint irgendwie ansteckend zu sein. Nie habe ich auf einer Party so viele Schwangere gesehen. Dabei sind die meisten bereits im Alter von Marie – oder darüber. Willkommen im Klubhaus der Spätgebärenden. Denn die durchschnittliche Mutter in Deutschland ist heute bei der Geburt bereits über 30 Jahre alt. Und ich werde dann die Seniorpräsidentin dieses Klubs.
Wie auch immer, gutes Karma. Ich atme tief ein und schließe kurz die Augen. Nächstes Jahr möchte ich hier auch mit dickem Bauch stehen. Und keiner stellt mir dann mehr die Frage: »Habt ihr auch Kinder?«. Denn die beantwortet sich von selbst.
Ich gehe in die Küche und gieße mir ein großes Glas Rotwein ein. Irgendeinen Vorteil muss es ja haben, noch nicht schwanger zu sein. Aber wo ist eigentlich mein eierstockgeschädigter Mann? Ich entdecke ihn auf dem Balkon, eifrig ins Gespräch vertieft mit einer sehr großen und sehr blonden Schönheit. Typ Giselle Bündchen, mit Mörder-High-Heels und Beinen bis zum nächsten Stockwerk.
Na super, während ich Tipps für die Familienplanung sammle, flirtet der Vater meines ungeborenen Kindes mit einer heißen Kandidatin für Germany’s Next Topmodel. Demonstrativ stelle ich mich neben die Balkon-Giselle und Martin. Man muss als Frau gelegentlich Zeichen setzen.
Martin legt den Arm um mich und zieht mich an sich. »Stell dir vor, Anouschka hat Zwillinge«, sagt er.
Auch das noch! Ich frage mich, wie um alles in der Welt sie es mit ihrem Size-Zero-Figürchen geschafft hat, ein Kinder-Doppelpack auszutragen.
»Interessant«, sage ich. Was soll ich auch sonst sagen?
Wir haben kein Kind, geschweige denn zwei, keinen Hund und noch nicht mal einen Kanarienvogel, mit dem ich auftrumpfen könnte. Anouschka dagegen zeigt uns strahlend Fotos ihrer Zwillinge Lilly und Emma auf dem iPhone.
»Bei uns hat es drei Jahre und fünf IVF-Behandlungen gedauert«, sagt
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