BACCARA EXKLUSIV Band 61
wandte sich zu ihr um. „Ich brauche heute Abend nichts mehr. Gehen Sie ruhig nach Hause. Ich vermute, dass José schon auf sein Abendessen wartet.“
„Ach, dieser José“, sagte Lupe mit einem zärtlichen Lächeln. „Er ist immer hungrig wie ein Büffel.“
„Wolf“, verbesserte er sie. „Hungrig wie ein Wolf.“
„Wolf, sí.“ Lupe blieb zögernd in der Tür stehen. „Mr. Shannon, sind Sie heute traurig? Sie lächeln gar nicht und sehen so ernst aus.“
„Nein, nein, es ist alles in Ordnung. Ich muss nur über manches nachdenken. Machen Sie sich um mich keine Sorgen.“
„Ja, aber wer macht sich dann Sorgen um Sie, wenn Lupe es nicht tut? Sie brauchen eine Frau und Kinder, Lachen und fröhliche Stimmen in diesem großen Haus. Sie sind zu viel allein, Carl Shannon.“
Carl musste lachen. „Das haben Sie schon oft gesagt. Gehen Sie lieber, und machen Sie Ihrem Mann etwas zu essen.“
„Gut, ich gehe, aber nur wenn Sie lächeln.“
„Ich lächle ja. Gute Nacht, Lupe.“
„Gute Nacht, Mr. Shannon.“
Ein paar Sekunden später wurde das Licht in der Küche ausgeschaltet, und Carl blickte weiter hinaus in die Nacht. Ein Ausdruck der Wehmut lag auf seinem kantigen Gesicht.
Eine Frau, Kinder, Gelächter in einem großen Haus … Vor vielen, vielen Jahren hatte er auch selbstverständlich angenommen, dass das Teil seiner Zukunft sein würde. Aber dann hatte er einen anderen Weg gewählt, war er einen dunklen Pfad gegangen, auf dem eine Familie keinen Platz hatte.
Und jetzt? Jetzt war es zu spät, noch einmal die Richtung zu ändern. Jetzt war seine Seele von so vielen dunklen Schatten umgeben, war sein Herz zu tief unter Grauen und entsetzlichen Erinnerungen verborgen, dass die Wärme einer liebenden Frau und das Gelächter glücklicher Kinder nicht mehr zu ihm durchdringen könnten. Er war allein, und er würde allein bleiben, hier auf der Triple-S-Ranch.
Vor zwei Jahren hatte er die Welt des Todes und der Lügen, des Hasses und der Schuld verlassen und hatte diese Ranch gekauft. Seitdem hatte er hart gearbeitet, und jetzt konnte er endlich beginnen, die Früchte seiner Mühe zu ernten. Jetzt gehörte er hierher, hier war es ihm möglich, wenigstens ein gewisses Maß an innerer Ruhe zu finden. Diese Ranch war sein Zuhause, sein sicherer Hafen.
Unwillkürlich musste er bei Hafen an Haven denken. Er durfte es nicht länger hinausschieben. Er musste die Akte lesen.
Carl biss die Zähne zusammen und ging mit schweren Schritten in sein Büro.
Haven Larson reichte der elegant gekleideten Mittvierzigerin die hellrosa Tüte. „Ich bin sicher, dass Sie mit Ihrer Wahl zufrieden sein werden, Mrs. Emerson. Die sanfte Pfirsichfarbe steht Ihnen besonders gut.“
„Ich hoffe doch sehr, dass Billy mehr als zufrieden sein wird.“ Mrs. Emerson lachte. „Ich bin in letzter Zeit so nachlässig gewesen. Es wird Zeit, dass ich wieder ein wenig Spannung in meine Ehe bringe und meinem Billy zeige, dass ich ihn nicht für selbstverständlich nehme. Diese zarte Satin- und Spitzenwäsche sollte dafür genau das Richtige sein. Vielen Dank auch für Ihre Hilfe, Haven. Ich werde Ihnen dann berichten, ob ich Erfolg hatte. Ich werde Billy Emerson hoffentlich davon überzeugen können, dass das Leben nicht nur aus Ölquellen besteht. Ciao.“
„Auf Wiedersehen, Mrs. Emerson.“ Havens Lächeln wurde eine Spur wehmütig, als sich die Tür hinter ihrer Kundin geschlossen hatte. Billy Emerson konnte sich wirklich glücklich schätzen. Er wurde von einer Frau geliebt, die nicht nur schön war, sondern auch kultiviert und elegant. Mrs. Emerson würde es sicher gelingen, ihren Billy seine Ölquellen für eine Weile vergessen zu lassen.
Die Kunden des „Schatzkästchens“ stammten alle aus der reichen Oberschicht, wo Jachten, riesige Häuser, Privatflugzeuge und Autos mit Chauffeur zum täglichen Leben gehörten.
Ihre Welt war eine ganz andere, und sie konnte sich kaum vorstellen, in einem solchen Reichtum zu leben wie ihre Kundinnen.
Aber beneidete sie sie darum? Manchmal schon, wenn sie wieder einmal Mühe hatte, mit ihrem Geld bis zum nächsten Ersten auszukommen, oder wenn sie von einer wirklich guten, liebevollen Beziehung hörte wie der der Emersons. Auf der anderen Seite hatte sie etwas, was all die Schwierigkeiten ihres täglichen Lebens wettmachte. Sie hatte Paige, ihre wunderbare, achtzehn Monate alte Tochter. Geld und soziale Stellung bedeuteten nichts im Vergleich zu diesem Glück.
Haven lächelte, als
Weitere Kostenlose Bücher