Baccara Exklusiv Band 98 - Ebook
sie eigentlich nicht fühlen sollte, und doch hatte sie irgendwie jedes Recht dazu. Ihr Ehemann hatte sie mit einer anderen Frau betrogen. War es da so falsch, ihr erschüttertes Selbstbewusstsein und ihre schwindende Selbstachtung mit einem Mann, der sie offensichtlich attraktiv fand, wieder aufbauen zu wollen? Selbst wenn der Mann eigene Pläne verfolgte?
Sie dachte erneut an Raffaeles Kuss. Augenblicklich wurde sie von heftigem Verlangen erfasst. Ja, bei ihm fühlte sie sich ganz als Frau – anziehend, feminin. Mit seinen Küssen hatte er begonnen, ihr gebrochenes Herz zu heilen, ihr zerstörtes Vertrauen.
Es war zu früh, solche Gefühle zu hegen, noch dazu für einen Mann wie ihn. Himmel, ihr Ehemann war erst vor wenigen Tagen begraben worden! Was dachte sie sich dabei? Und doch war ihr tief im Innern klar, dass Kyle sie nicht erst vor einem Monat verlassen hatte, als er vor seinem tödlichen Unfall verreist war, sondern sehr viel früher. Sie wusste das, aber war sie auch bereit, es zu akzeptieren?
Gleich darauf betrat Lana das Büro, in dem sie seit drei Jahren arbeitete. Den ganzen gestrigen Nachmittag über hatte sie versucht, Frank Burnham, den Vorsitzenden des Wohltätigkeitsvereins, zu erreichen. Bis jetzt hatte er sie nicht zurückgerufen. Vielleicht nahm er einfach nur Rücksicht auf ihre Trauer. Zumindest hoffte sie das. Dieser Job mit seinem geringen Gehalt war die letzte Einnahmequelle, die ihr geblieben war.
„Mrs Whittaker? Was machen Sie hier?“ Katie, die Dame am Empfang, erhob sich hinter ihrem Schreibtisch.
„Ich will immer noch arbeiten, Katie.“
„Lana, was für eine Überraschung!“ Frank Burnham kam den Flur entlang.
„Überraschung, Frank? Ich habe Ihnen doch auf Band gesprochen, dass ich heute zur Arbeit kommen würde.“
„Also, Sie brauchen nichts zu überstürzen. Warum nehmen Sie sich nicht noch etwas Zeit?“
„Das ist nicht nötig. Ich muss zurück an meine Arbeit, muss wieder etwas zu tun haben.“ Und Geld verdienen , ergänzte Lana im Stillen. Das Gehalt, das sie bekommen hatte, als sie wegen des Trauerfalls beurlaubt war, war auf Kyles und ihrem Gemeinschaftskonto eingefroren.
„Vielleicht sollten Sie kurz mit in mein Büro kommen.“
Lana beschlich ein ungutes Gefühl, denn der Blick, den Frank ihr zuwarf, hatte etwas Beunruhigendes. In seinem Büro kramte er in Unterlagen herum und räusperte sich mehrmals.
„Kommen Sie zur Sache, Frank. Warum haben Sie nicht zurückgerufen?“
„Lana, es tut mir sehr leid. Ich sage Ihnen das sehr ungern, aber Sie können nicht zurückkommen.“
„Das ist nicht Ihr Ernst. Natürlich kann ich das. Auf mich muss jede Menge Arbeit warten. Was ist mit dem Wohltätigkeitsball? Der Oldtimer-Rallye? Ich muss mich um alles Mögliche kümmern.“
„Sie haben mir nicht richtig zugehört. Es ist nicht so, dass es nichts zu tun gäbe – und es ist auch nicht so, dass wir nicht zu schätzen wüssten, was Sie all die Jahre für uns getan haben.“
„Was ist es dann?“
„Wir werden Sponsoren verlieren, wenn Sie bleiben.“
„Dann werde ich Neue auftreiben. Geben Sie mir eine Chance, Frank. Es war Kyle, der diesen ganzen Schlamassel angerichtet hat, nicht ich.“
„Ich weiß, aber seine Aktivitäten haben zu viele Fragen aufgeworfen, und da Sie mit ihm verheiratet waren, sind auch Sie in die Sache verwickelt, ob Ihnen das gefällt oder nicht. Jeder unserer Sponsoren hat sich besorgt darüber geäußert, dass Sie hier arbeiten. Einer hat sogar eine Prüfung unserer Bücher gefordert. Solche Geschichten bringen uns von unserem Ziel ab, Lana. Die Konkurrenz um Spenden ist groß genug, das wissen Sie so gut wie ich. Wir können uns einen solchen Skandal nicht leisten.“
„Lassen Sie mich mit den Sponsoren reden.“ Aber Lana war klar, dass es keinen Zweck hatte. Viele ihrer Freunde hatten die Wohltätigkeitsarbeit für Kinder unterstützt – die gleichen Freunde, die sie vor gerade einmal zwei Tagen im Stich gelassen hatten.
„Das ist sinnlos. Es tut mir leid.“
„Mir auch.“
Ohne sich noch einmal umzudrehen, verließ Lana das Büro. Ihr blieb eine letzte Möglichkeit. Eine, die sie gern umgangen hätte. Sie musste ihren Vater anrufen. Da sie nicht das Telefon in der Suite benutzen wollte – sie hatte sowieso nicht vor, ins Hotel zurückzukehren –, blieb nur ein öffentlicher Fernsprecher. Das Problem war nur, dass sie kein Geld hatte. Sie musste etwas verkaufen, aber was?
Ein Sonnenstrahl fiel auf die
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