Baccara Exklusiv Band 98 - Ebook
Geliebten? Das würde Sinn machen. Willig genug war sie in seine Arme gesunken. Er wurde von heftiger Eifersucht gepackt. Sich vorzustellen, dass sie mit einem anderen Mann zusammen war, behagte ihm gar nicht. Er biss die Zähne zusammen, um ihr nicht unverhohlen seine Meinung zu sagen.
„Nein. Ich hatte meine Gründe.“
„Verzeih mir“, murmelte er. Arme Maria – er hätte früher handeln sollen. Das alles war seine Schuld, und es wäre absolut vermeidbar gewesen.
„Dir verzeihen? Weswegen? Da gibt es nichts zu verzeihen. Ich hätte nicht zurückkommen sollen, aber ich wusste nicht, wohin ich sonst hätte gehen sollen. Ich brachte es nicht über mich, mich in einer preiswerten Pension einzuquartieren, nicht als ich mich in einer umgesehen habe. Es tut mir leid. Ich nutze deine Großzügigkeit aus.“
Raffaele hatte nicht gemerkt, dass er so laut gesprochen hatte, dass Lana es hörte. Er bat nicht sie um Verzeihung, sondern seine Schwester. Wie typisch, dass Lana alles auf sich bezog. Und was sollte das Gerede von einer Pension? Er konnte sich Lana Whittaker ebenso wenig in einer Pension vorstellen, wie er sich ausmalen konnte, ihr zu verzeihen, dass sie das Glück seiner Schwester zerstört hatte.
„So, was hast du heute gemacht? Außer dir Pensionen anzusehen?“
Lana stellte ihr Weinglas, aus dem sie nicht einen Schluck getrunken hatte, beiseite. „Ich bin hauptsächlich herumgelaufen und habe versucht, mir zu überlegen, was ich als Nächstes tun soll.“
Raffaele schwieg. Er wünschte, er könnte annehmen, sie habe vielleicht irgendwann im Laufe des Tages an das Kind seiner Schwester gedacht, an sein Angebot, das er ihr am Vorabend gemacht hatte.
„Und? Bist du zu einer Entscheidung gekommen? Was ist mit deiner Arbeit für die Wohlfahrt? Hast du damit nichts mehr zu tun?“
Ein Schatten huschte über ihr Gesicht. „Nein, ich arbeite nicht mehr dort.“
„Dein mildtätiges Engagement ist also beendet. Ich nehme an, es war alles nur Show?“
„Natürlich nicht!“ Lana errötete. Wütend fragte sie: „Wieso, um alles in der Welt, sagst du so etwas?“
„Korrigiere mich, falls ich mich irre, aber du hast dich für unterprivilegierte Kinder eingesetzt, vero ?“
„Ja.“
„Was ist denn der Unterschied zwischen den fremden Kindern, für die du Spenden gesammelt hast, um ihnen ein Heim, Kleidung und Nahrung zu geben, und einem hilflosen Baby?“
„Der Unterschied? Der Unterschied ist …“ Lana brach ab, weil ihr keine Antwort einfiel.
„Der Unterschied ist, dass du so voller Rachsucht gegen deinen verstorbenen Mann bist, dass du sie an seinem Kind auslassen willst. Vielleicht hast du recht. Es wird Zeit, dass du dir eine andere Bleibe suchst.“
Seine Hand zitterte leicht, als er sein Glas an die Lippen hob und einen großen Schluck Wein trank. War er zu weit gegangen? Schwer zu sagen. Sie verzog keine Miene. Die Wut, die so unvermittelt in ihren faszinierenden Augen aufblitzte, war ebenso schnell wieder erloschen. Dann bemerkte er plötzlich, wie ihre Züge kaum merklich weicher wurden. Es war Zeit, zum Angriff überzugehen.
„Vielleicht habe ich mich gestern Abend nicht klar genug ausgedrückt. Ich bin bereit, dir die Schulden deines Mannes zu erlassen, dich finanziell zu unterstützen, dir ein Heim und deinen gewohnten Lebensstandard zu bieten. Du bräuchtest dich nicht einmal um die tägliche Babypflege zu kümmern. Dafür kann ich ein Kindermädchen einstellen. Plus die erwähnte Abfindung, eine großzügige.“ Er nannte eine Summe, von der er glaubte, sie würde ihr Interesse wecken.
Lana hörte Raffaele gar nicht mehr zu, weil sie schlagartig erfasste, wie wahr seine vorherige Bemerkung war. Er hatte absolut recht. Sie war so sehr mit ihrem Schmerz beschäftigt, mit Kyles Betrug und dem Schock, praktisch über Nacht alles zu verlieren, was sie besaß, dass sie jeden Sinn für die Realität verloren hatte. Die fortgesetzte Zurückweisung ihres Vaters hätte ihr die Augen öffnen sollen. Die Ähnlichkeit mit ihrer Mutter, die psychisch nie stark genug gewesen war, die strengen Anforderungen des Diplomatenlebens auszuhalten, machte sie in seinen Augen zum gleichen Typ Frau. Obwohl sie sein eigen Fleisch und Blut war, lehnte er sie immer noch ab.
Schon vor Jahren hatte sie sich geschworen, einem Kind so etwas niemals anzutun, und doch tat sie es. Indem sie sich weigerte, für Kyles Baby die Vormundschaft zu übernehmen, machte sie es genauso zum Opfer, wie sie es selbst
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