Baccara Exklusiv Band 98
kleine Geste hatte ihr geholfen, sich zu beruhigen.
Jetzt trank sie einen Schluck Kaffee. Er war kalt, doch zumindest hatte sie so etwas zu tun.
In der angespannten Stille konnte Rebecca das Rauschen des Meeres hören. Der gleichmäßige Rhythmus der Wellen war beruhigend und half ihr, sich zu entspannen.
Schade, dass sie nicht hier arbeiten würde. Die Villa der Berringers – genauer gesagt, Grant Berringers Sommerhaus – war eines der großen alten Häuser, die sie bisher nur aus der Distanz hatte bewundern können. Matthew Berringer hatte ihr vorhin ein wenig darüber erzählt. Es war in den zwanziger Jahren von einem reichen Ölmagnaten errichtet worden. Die Steine hatte man aus Europa herüberbringen lassen, genauso wie die Handwerker, die es gebaut hatten. Das riesige Haus mit seinen weitläufigen Gärten, dem Schieferdach und den Türmchen gleicht eher einem Miniaturschloss, das in einem kleinen Wald am Meer liegt, dachte Rebecca. Auch die Inneneinrichtung war exquisit.
Sie brauchte nicht nur den Job, sondern sie und ihre sechsjährige Tochter Nora brauchten auch zum Ende des Monats eine neue Unterkunft, und eine Wohnung in einem Flügel des riesigen Hauses war zusammen mit einem großzügigen Gehalt Teil des Arrangements. Matthew Berringer hatte ihr die Räume, die wirklich schön waren, bereits gezeigt. Dort war genügend Platz für sie und Nora während des Sommers. Sollte Grant Berringer ihre Dienste länger als den Sommer über benötigen, müssten andere Vorkehrungen getroffen werden, weil Nora dann wieder zur Schule musste. Aber das sah Matthew nicht als Problem an. Er hatte erklärt, dass er gern einen Privatlehrer für Nora engagieren oder sie in einer der guten Privatschulen in der Nähe anmelden würde. Rebecca war nach dieser Auskunft zufrieden. Obwohl sie die Berichte der Ärzte über Grant Berringer gelesen und seinen Zustand mit Matthew besprochen hatte, musste sie ihn noch mit eigenen Augen sehen, um festzustellen, wie lange er wohl ihre Hilfe benötigte.
Den Sommer am Strand zu verbringen, noch dazu in solch einer luxuriösen Umgebung, wäre herrlich. Aber sie hatte es sich wohl vermasselt mit ihrem Hang zur Ehrlichkeit.
Allerdings bereute sie es nicht. Sie hatte Matthew Berringer nur die Wahrheit gesagt. Die Menschen erklärten immer, sie bewunderten Ehrlichkeit. In der Theorie vielleicht, aber in der Praxis nicht. Jedenfalls nicht in ihrem Fall. Vielleicht hatte sie ihm trotzdem irgendwie geholfen. Beim nächsten Bewerber, der versicherte, dass er Grant Berringer dazu bringen könnte, in kürzester Zeit wieder an seinem Schreibtisch zu sitzen, wäre er möglicherweise vorsichtiger.
Schließlich sah Matthew Berringer sie an. Seine Irritation war verflogen.
„Ich weiß, dass das, was Sie mir gesagt haben, die Wahrheit ist, Miss Calloway. Ich weiß, dass die eigentliche Motivation von Grant ausgehen muss. Ich will es wohl einfach nur nicht wahrhaben. Ich wünsche mir immer noch, jemanden zu finden, der einfach mit den Fingern schnippt und meinen Bruder wieder gesund macht.“
„Das kann ich gut verstehen. Alle Menschen, die sich um einen geliebten Menschen sorgten, wünschen sich das.“
„Aber bei meinem Bruder liegt der Fall noch ein wenig anders als bei Ihren bisherigen Patienten. Er hat einen außergewöhnlichen Verlust erlitten. Viele Leute benutzen das Wort Tragödie, wenn sie ein trauriges, aber nicht unbedingt ungewöhnliches Ereignis beschreiben. Mein Bruder hat jedoch wirklich eine Tragödie durchlebt, ein niederschmetterndes Ereignis, das ihn alles gekostet hat. Und ihn zudem mit unglaublichen Schuldgefühlen belastet.“
Bisher hatte Rebecca nur erfahren, dass Grant Berringer einen Autounfall gehabt hatte. Sie wusste, dass er der Fahrer gewesen und dass ein Beifahrer sofort gestorben war. Grant war mit einer Reihe von Verletzungen, vor allem im Bereich der Hüfte und des Beins, davongekommen.
„Warum erzählen Sie mir nicht alles über den Unfall Ihres Bruders? Alles, was relevant für seine Genesung ist, meine ich. Ich muss über sämtliche Details Bescheid wissen.“
Verlust war etwas, worüber sie so einiges wusste. Sie konnte mit Grant Berringer mitfühlen. Aber gleichzeitig hatte sie selbst schon so viel in ihrem Leben durchgemacht, dass sie nicht sicher war, ob sie einem außergewöhnlich fordernden Job gewachsen war.
Matthew Berringer schaute sie aus seinen blauen Augen an. Er schien seine Gedanken zu ordnen. „Ich werde versuchen, es auf den Punkt zu
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