Baccara Exklusiv Band 98
streckte, lächelte er und freute sich auf den Tag. Er hatte versprochen, sich heute Morgen mit Nora am Strand zu treffen, um zu angeln. Gestern hatte er einige Stunden nach dem Abendessen damit zugebracht, die Ausrüstung vorzubereiten. Er hoffte, dass die Fische heute anbissen. Himmel, wenn er jemanden bestechen könnte, um das Meer an diesem Strandabschnitt besonders üppig mit Fischen zu bestücken, würde er das tun, nur um der Freude willen, Noras niedliches Gesicht aufleuchten zu sehen, wenn ein Fisch am Haken hing.
Er schaute auf die Uhr. Es war erst halb sechs, also brauchte er sich nicht zu beeilen. Er holte tief Luft und merkte auf einmal, dass er glücklich war. Glücklich, am Leben zu sein. Glücklich, aufzuwachen und die Arme und Beine strecken zu können, ohne Schmerzen zu haben. Na gut, abgesehen von dem einen oder anderen Krampf, aber im Vergleich zu vorher war es fast nichts. Er war ungeheuer froh darüber, dass er sich hinsetzen, die Beine über die Bettkante schwingen und auf eigenen Füßen stehen konnte. Mit der Hilfe eines Stockes konnte er gehen, wohin er wollte.
Er fühlte sich langsam wieder ganz wie der Alte. Und merkwürdigerweise hatte er gleichzeitig das Gefühl, ein neuer – vielleicht sogar ein besserer Mensch – zu sein. Er hatte immer geglaubt, dass er, wenn er diesen Punkt seiner Genesung erreicht hatte, sofort wieder nach New York eilen und sich in das Chaos der Wall Street stürzen würde.
Doch er hatte gar nicht das Bedürfnis, in diesen Wahnsinn und den Konkurrenzkampf zurückzukehren. Aus der Entfernung kam ihm das ganze Treiben dort so sinnlos vor, als hätte er Hamster vor sich, die stumpfsinnig in ihren kleinen Rädern herumliefen. Früher hatte er geglaubt, dass Reichtum der Maßstab für Erfolg war. Doch inzwischen dachte er anders. Außerdem besaß er genügend Geld. Und wenn er manchmal die mentale Herausforderung seiner Arbeit vermisste, brauchte er nur an seinen Computer zu gehen.
Die Albträume kehrten von Zeit zu Zeit wieder. Genauso wie die schlimmen Kopfschmerzen. Doch jedes Mal, wenn er in die Dunkelheit abstürzte, tauchte er mit einem wertvollen Fragment seiner verloren gegangenen Erinnerungen wieder auf. Er hatte eine Art Tagebuch, in dem er versuchte, die Bilder zu beschreiben, bevor sie verschwanden. Manchmal, wenn er sich stark genug fühlte, schaute er die Notizen durch und versuchte, die Teile zusammenzufügen. Hin und wieder hatte er das Gefühl, kurz davor zu sein, sich zu erinnern. Doch jedes Mal hielt ihn etwas zurück, eine Kraft, die ihn körperlich regelrecht krankmachte, ihn benommen, atemlos und zitternd zurückließ.
Die Ärzte hatten ihm gesagt, dass er nicht versuchen sollte, etwas zu erzwingen. Sein Gedächtnis würde zurückkehren, wann und wie es das selbst wollte, erklärten sie. Doch Grant verspürte den unwiderstehlichen Drang, sich an jene Nacht zu erinnern.
Er wusste nicht einmal, warum das so war. Viele würden es wahrscheinlich vorziehen zu vergessen. Manchmal fragte er sich, ob er sich damit selbst dafür bestrafen wollte, dass es ihm besser ging und er wieder Freude am Leben empfand.
An anderen Tagen hatte er eine positivere Einstellung. Dann sah er seine Suche als Schlüssel, der ihm sowohl die Vergangenheit als auch die Zukunft erschließen könnte. Denn ohne diese verlorenen Stunden und das wahre Verständnis der Tragödie, die ihn ereilt hatte, würde er niemals seine Trauer und seine Schuldgefühle überwinden können.
Er ließ die Hand unter das Kopfkissen gleiten und tastete nach dem Seidenband, das er dort versteckt hatte. Er nahm es heraus und schaute es an. Es war aprikosenfarben und an einem Ende ein wenig ausgefranst. Er würde eher sterben, als jemanden wissen zu lassen, dass er es hier versteckte. Es war Rebeccas. Es war aus ihrem Haar gefallen, als sie neulich Nacht in sein Zimmer gekommen war und in seinen Armen gelegen hatte. Er hatte es am nächsten Morgen gefunden, eine wunderbare Überraschung. Er hatte überlegt, es ihr zurückzugeben, sich jedoch dagegen entschieden, denn es war für ihn ein kostbares Souvenir ihrer gemeinsamen Stunden.
Jene Nacht war etwas Besonderes für ihn gewesen. Ein Wendepunkt in seiner Genesung, wie er glaubte, obwohl er es ihr nie gesagt hatte. Auch wenn sie nicht miteinander geschlafen hatten, hatte er sich ihr näher gefühlt als jemals einem Menschen zuvor. Rebecca war etwas Besonderes. Ein Lächeln oder ein Blick von ihr berührte jedes Mal sein Innerstes.
Es war
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