Baccara Extra Band 5
uns auf den ersten Platz gesetzt hat, was die Förderung von Frauen anbelangt? Wir sind stolz auf unsere fortschrittliche Personalpolitik. Aber du musst nicht mitmachen. Schließlich gehörst du zur Familie und wirst sowieso immer deinen Platz in der Firma haben. Das habe ich deiner Mutter versprochen, nachdem du mit der Highschool fertig warst und nach Vanderbilt gegangen bist.“
Typisch, dachte Harry. Grandpa Joe konnte es nicht lassen, ihm bei jeder Gelegenheit die Wahl seines Studienortes unter die Nase zu reiben. Er hätte es gern gesehen, wenn sein ältester Enkel in Princeton studiert hätte wie er selbst. Aber Harry wollte nicht nach New Jersey ziehen, sondern in der Nähe von Saint Louis bleiben. Und so hatte er sich an der weniger renommierten Universität von Vanderbilt eingeschrieben. Sein Großvater war darüber sehr enttäuscht gewesen.
Dass er es jetzt erwähnte, war wahrscheinlich ein Hinweis darauf, dass er ihn bei der nächsten Beförderung wieder übergehen würde. Es war nicht so, dass Familienmitglieder automatisch bevorzugt wurden. Sein Cousin Shane zum Beispiel hatte überhaupt keine Stelle in der Firma bekommen, sondern lebte von dem Investmentfonds, den jeder Enkel mit einundzwanzig Jahren bekam. Harry hatte den Wert seines Fonds inzwischen verdreifacht. Aber das schien Grandpa Joe nicht im Geringsten zu beeindrucken.
Die Stille lastete im Raum, während Harry über seine Möglichkeiten nachdachte. „Vielleicht könnte ich jemand anders unter meine Fittiche nehmen. Ein Mann wäre mir, ehrlich gesagt, lieber. Zumindest wäre in dem Fall keine Klage wegen sexueller Belästigung zu erwarten.“
„Hast du Angst, Megan MacGregor könnte dich wegen so was verklagen?“
Oh, schon wieder dieser spöttische Unterton. Harry schob das Kinn vor. Er kannte Frauen wie Megan nur zu gut. „Ja, allerdings.“
„Interessant.“ Grandpa Joe kratzte sich am Kopf. „Na, vielleicht hast du recht. Ich werde sehen, was sich machen lässt, aber alle anderen habe ich schon untergebracht. Falls niemand bereit ist, mit dir zu tauschen, lassen wir das Ganze einfach. Du hörst von mir.“ Damit verließ er das Büro.
Harry blinzelte ungläubig. Wieso diese plötzliche Kehrtwendung? Er setzte sich in den bequemen Ledersessel hinter seinem Schreibtisch und begann die Unterlagen für das Förderprogramm durchzublättern. Dann legte er den Ordner unwirsch beiseite. So wie das Programm gestaltet war, würde Megan MacGregor quasi die Schlüssel zum Jacobsen-Imperium in die Hand bekommen. Hatte sein Großvater denn noch nicht gemerkt, was für eine Schlange sie war, sowohl privat als auch geschäftlich? Obwohl Harry Büroklatsch verabscheute, hatte er doch mitbekommen, dass sie sich einen zwanzig Jahre älteren Liebhaber an Land gezogen hatte.
Nein, mit so jemandem wollte er nichts zu tun haben. Sie gehörte zu den Frauen, die vor nichts zurückschrecken. Sie würde über Leichen gehen.
Aber offenbar hatte Grandpa Joe an ihr einen Narren gefressen. Megan hatte für ihn gewissermaßen Darci abgelöst. Harry musste also auf der Hut sein, sonst würde sie auch noch Darcis Posten bekommen.
Megan MacGregor blickte zufrieden über ihren Schreibtisch. Die Arbeit, für die sie zwei Tage veranschlagt hatte, war bereits erledigt, und das um drei Uhr nachmittags. Sie steckte ihren Bericht in einen Hauspostumschlag und legte ihn in den Ausgangskorb.
„Darf ich hereinkommen?“
Megan sah überrascht hoch. In der Tür zu ihrem kleinen Büro stand Joe Jacobsen, Firmengründer und Generaldirektor. Sie atmete tief durch, um ihre plötzliche Nervosität zu unterdrücken. „Selbstverständlich, Mr Jacobsen. Ich habe gerade den Montana-Bericht fertig gemacht.“ Sie stand auf, um ihn zu begrüßen.
„Gut, sehr gut. Kommen Sie, setzen wir uns. Und nennen Sie mich bitte Joe.“
Megan versuchte, möglichst gelassen zu wirken, während er ihr gegenüber Platz nahm.
„Sicher fragen Sie sich, warum ich hier bin“, begann Joe.
Megan faltete die Hände im Schoß, um ihr Zittern zu verbergen. „Ja. Allerdings ist mir schon aufgefallen, dass Sie viel in der Firma unterwegs sind und immer mal in die Büros reinschauen.“
„Das hält die Leute auf Trab, und ich lerne dabei. Zumindest ist immer Leben in der Bude.“
„Es ist eine gute Firma.“ Das klang irgendwie lahm, aber Joe Jacobsen schien es nicht zu bemerken.
„Natürlich ist es eine gute Firma. Ich habe sie schließlich aufgebaut. Aber jetzt ist es Zeit, über die
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