Backstage
rausrücken, von Brauns Ankunft am Flughafen Tegel.
Paula suchte die Nummer des Mannes, der sie bei der BfA beraten hatte, als sie ihm Unterlagen brachte, um prüfen zu lassen, wie es um ihre Ansprüche mal bestellt sein würde; immerhin hatte sie lange Jahre als Angestellte Beiträge bezahlt. Die vermutliche Höhe der Rente war niederschmetternd, er genierte sich beinahe, ihr die Summe, überschlagen, zu nennen, sah zweimal auf ihre Altersangabe, als könne er nicht fassen, dass man mit Ende dreißig nicht mehr eingezahlt hatte.
Sie war die letzte Kundin vor seinem Feierabend, er war geduldig, beinahe altmodisch Kavalier. Sie lud ihn zum Abendessen ein, nachdem sein Magen vernehmlich geknurrt und der Junge rot angelaufen war.
Ein netter Abend. Ein sehr netter. Und irgendwo musste noch seine Telefonnummer sein.
«Was hast du vor?», fragte Gladys.
«Als Freiberufler muss man Sozialabgaben bezahlen, auch, wenn man keine Einnahmen hat. Man kann aber einen Antrag auf Befreiung stellen. Ich kenne einen, der dort beschäftigt ist, der mir sagen kann, ob Teichert so einen Antrag gestellt hat. Panitz war bei ihm angestellt. So ein Antrag wäre ein Indiz, dass die Firma in finanziellen Schwierigkeiten steckt.»
Paula erreichte den Mann und benötigte zehn Minuten, um ihn dazu zu bringen, ihr zu gestehen, dass er die Software zu Hause hatte, mit der im Büro gearbeitet wurde, Zugang zu den Daten hatte, das Wochenende nutzte, um sich weiterzubilden, um voranzukommen, etwas zu lernen. Niemand wisse, wie lange das noch ein sicherer Arbeitsplatz, ob die Behörde auch in zwanzig Jahren noch existiere, er wolle lernen, selbständig zu beraten.
Gladys bewunderte Paulas Gesprächsführung, die Art, wie sie sich auf den Mann einstellte, zu dem gelangte, was sie wollte, in einer Mischung aus mütterlichem und flirtendem Umgang mit dem jungen Mann.
Schließlich war er bereit, ihr zu helfen, ritterlich, der Frau in Not. Und er fand das Gesuchte.
Teichert hatte den Antrag auf Befreiung von Sozialabgaben gestellt. Die Sekretärin war bei ihm angestellt, aber nicht Panitz. Teicherts Unterlagen enthüllten eine katastrophale Bilanz. «Die Bank wird ihm den Kredit kündigen, er ist im Verzug.» Paula wählte Tamara an. Das Handy war abgestellt. Melissa musste jetzt bei der Fanclubvorsitzenden sein.
Gerade, als Melissa den Klingelknopf drücken wollte, trat Evelyn Kunz aus der Haustür.
«Ich hab keine Zeit, es ist etwas dazwischen gekommen», schnauzte sie und wollte Melissa stehen lassen.
«Moment mal. Ich bin die ganze Strecke hierher gefahren, um dich zu treffen. Und du gehst einfach? Ich hab mich sogar früher von Tom aufgemacht, um pünktlich hier zu sein», köderte sie.
Das brachte Kunz zum Stehen.
Eine Straßenbahn fuhr vorbei, Autos drängelten nach.
In die eingetretene Stille hinein legte Melissa nach.
«Ich weiß, wo und wann du Tom treffen kannst.»
Kunz ging zurück in das Haus, noch eines der unrenovierten mit grauer Fassade, mit wackeligem Treppengeländer, Briefkästen, teilweise aufgebrochen, Graffiti an den Wänden.
Kunz wohnte im ersten Stock, führte Melissa in die schmale, lichtlose Küche, mit Blick auf den engen Hinterhof, so eng, dass man in das Gebäude dahinter spucken konnte.
Kunz bot Kaffee an, den Melissa akzeptierte, um die Frau mit einer Ablehnung nicht wieder störrisch zu machen.
Während das Wasser durch den Filter lief, verließ Kunz die Küche, kehrte mit Ausdrucken auf Fotopapier zurück.
«Die sind immer noch nicht im Album», entschuldigte sie und legte den Stapel vor Melissa auf den Küchentisch.
Eines nach dem anderen betrachtete Melissa die Fotos, die Braun zeigten, die Ankunft, den fluchtartigen Gang zum Auto. Schnappschüsse in die Menge, die zurückblieb, als Braun im Auto war. Lilli auf einem Foto. Und Panitz. Im Gespräch mit Teichert, der Panitz am Revers der Lederjacke gepackt hielt. «Da wollte ich noch ein gutes Foto von Toms Frau, aber die haute auch ab.»
Das Foto bewies nur, dass Teichert nach Abfahrt von Braun am Flughafen war, allerdings sah die Szene nach einem Streit aus. «Sind das alle?»
Kunz nickte.
Noch einmal blätterte Melissa die Fotos durch, legte sie enttäuscht auf den Tisch.
«Sind das wirklich alle, die du gemacht hast? Vielleicht hast du schon welche aussortiert?»
«Moment mal.»
Kunz lief in den Flur, kam mit einem Briefumschlag zurück. «Hier drin sind noch welche, für meinen Vater. Der hat keine E-Mail, da kann ich sagen, was ich will,
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