BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
sich geholt. Sonst hätte er weiterhin das Leben führen dürfen, dass er bis zu jenem Zeitpunkt gelebt hatte...
Baldacci sah die Straße in beide Richtungen entlang. Das Bild, das ihm bot, war der Inbegriff amerikanischen Kleinstadttums. Schmucke Einfamilienhäuser zu beiden Seiten, gepflegte Vorgärten, und ein Stück entfernt zwei Frauen, die gerade vollbepackte Einkaufstüten aus ihren Kombis luden...
Der Gesandte wandte sich nach links, ohne zu überlegen, weshalb gerade in diese Richtung. Es schien ihm die richtige zu sein.
Nach einer Weile erreichte er die Brock Street, eine der beiden Hauptstraßen des knapp 1400 Seelen zählenden Städtchens. Die Brock Street traf sich in der Mitte von Salem's Lot im rechten Winkel mit der Jointer Avenue und teilte den Ort somit in vier Sektoren. Der nordwestliche lag etwas höher als die anderen, wenn Raphael Baldacci ihn auch nicht wirklich als hochgelegen bezeichnet hätte. In seiner Heimat begannen selbst bloße Hügel erst ab einer anderen Höhe.
Oben auf dieser Erhebung thronte ein großes Haus, und Baldacci fühlte sich bei dem Anblick ein bisschen an eines der Schlösser seiner Heimat erinnert, um die herum im Laufe der Zeit Siedlungen entstanden waren. Allerdings konnte er sich kaum vorstellen, dass es sich mit diesem Haus dort und Salem's Lot ähnlich verhalten hatte.
Niemand konnte freiwillig im Schatten dieses dunklen Klotzes ansässig geworden sein. Es hockte dort oben wie eine fette Spinne, und fast konnte man den Eindruck haben, seine dunklen Fenster würden auf die Stadt herab starren, und nichts würde ihnen entgehen.
Vielleicht, überlegte Baldacci und blieb unwillkürlich stehen, sollte er dem Haus einen Besuch abstatten. Vielleicht würde er dort etwas finden. Dass seine Gedanken sich so stark damit befassten, konnte ein Hinweis sein...
Doch es war anders.
Es wurde ihm bewusst, als er weitergehen wollte und dabei nur zufällig zur Seite sah. Sein Blick streifte das Schaufenster eines Geschäftes, das sich im Erdgeschoß des kleinen Hauses hinter Baldacci befand.
Wie angenagelt blieb er stehen. Und erst nach Sekunden tappte Raphael fast schwerfällig näher darauf zu.
Durch das Schaufenster hindurch fiel sein Blick auf eine ganze Reihe von Gemälden. Bilder, die...
Dass jemand neben ihm stehengeblieben war, registrierte Baldacci erst, als der andere sprach.
»Mein Gott, wie furchtbar! Der Stadtrat sollte verbieten, dass so etwas öffentlich ausgestellt wird!«, sagte der ältere Mann angewidert.
»Sie ist wunderschön«, hörte Raphael sich wie einen Fremden flüstern. Obwohl auch sein Magen fast revoltierte angesichts dessen, was er sah.
Wenn nur
sie
nicht auf jedem der Bilder zu sehen gewesen wäre!
»Sie... sind ja verrückt«, sagte der andere beinahe erschrocken. »Wie kann man so etwas nur schön finden?«, Dann hörte Raphael, ohne den Blick zu wenden, wie sich die Schritte des älteren Mannes rasch entfernten. Als könnte er nicht nur die Bilder nicht länger ansehen, sondern als wäre es ihm unangenehm, neben jemandem zu stehen, der auch noch daran Gefallen zu finden schien...
Blut, Tod und Schrecken waren zentrales Thema eines jeden der Gemälde. Und jedes übertraf das nächststehende noch an Grauen. Sie zeigten Szenarien, von denen man kaum glauben mochte, dass ein gesunder Geist sie ersinnen konnte. Und diese Darstellungen allein fand Baldacci schon entsetzlich. Was ihn aber wirklich tief und mit eisiger Hand berührte, war die Person, die auf die eine oder andere Weise im Mittelpunkt jedes der Bilder stand.
»Heaven...«
Baldacci spürte, wie etwas in ihm in Bewegung geriet. Wie eine Apparatur, die lange, vielleicht noch nie in Gang gesetzt worden war, die aber funktionierte, als würde sie regelmäßig und sorgfältig gewartet.
Diese Motive – oder vielmehr das, was sie ausdrückten –, deckten sich auf undefinierbare Weise mit dem, was er in Federico gefunden hatte.
Diese Bilder waren die Spur, nach der er gesucht hatte.
Und war Heaven – das Ziel seines Weges?
War er nur deshalb in der vergangenen Nacht auf sie getroffen, und hatte er nur deshalb den Kontakt zu ihr aufgenommen? Etwa nicht, weil er sie anziehend fand (und sich in sie verliebt hatte?), sondern nur, weil sie der Grund seines Hierseins war?
Raphael ging zu der Tür, die in das Geschäft führte, und fand sie verschlossen. Dann erst sah er das Schild, das hinter dem Glas hing:
Komme gleich wieder!
Darüber stand in selbstgepinselten Buchstaben der
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