BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
nicht nur traf, sondern tief in ihn drang.
Der Großmeister der Illuminati schien zusammenzuzucken.
»Er war nicht nur dein liebster Schüler.« Elias Worte waren eine Feststellung.
Salvat antwortete noch immer nicht.
»Was war er? Wer war er?«
Salvat sah Elias fest an. Der Blick seiner Augen war nur an der Oberfläche kalt und teilnahmslos. Dahinter tobte das Leid eines...
»Es gibt Geheimnisse, die Geheimnisse bleiben sollten«, sagte er.
»Manche Geheimnisse sind leichter zu ertragen, wenn man ihr Gewicht teilt«, erwiderte Elias.
»Nicht an diesem Ort.«
Elias nickte schwach. Ja, Salvat hatte recht. Dieser Ort war geschaffen, um Geheimnisse zu wahren. Für eine Ewigkeit. Vielleicht durfte man hier nie damit beginnen, auch nur die kleinen Geheimnisse zu offenbaren. Denn irgendwann würde dann die Reihe auch an den großen sein. Und das durfte nie geschehen. Aus diesem und keinem anderen Grund gab es diesen Ort, nur dafür war Monte Cargano einst geschaffen worden. Und selbst dieses
einst
zählte schon zu jenen Geheimnissen...
Der dunkelhäutige Bruder erhob sich.
»Es ist an der Zeit«, sagte er. »Ich werde die Kammer der Träumer kontrollieren und nachsehen, ob unsere Brüder neue Erkenntnisse gewonnen haben.«
Es war eine Ausflucht, doch Salvat nahm sie ihm nicht übel. Er wollte allein sein, und im stillen war er Elias dankbar dafür, dass er ging. Außerdem konnte es nicht schaden, zu überprüfen, ob die Auswertung der Träume jener, die sie in aller Welt gefunden und hierher gebracht hatten, etwas Neues ergeben hatte. Ihre diesbezüglichen Bemühungen der vergangenen Wochen waren alles andere denn befriedigend.
Die Gründe, weshalb das Gleichgewicht der Kräfte ins Schwanken geraten war, hatten sie noch nicht erkennen können. Zu unterschiedlich und vage waren die Visionen der »Para-Träumer«. Und lange würden sie diese Träume nicht mehr »anzapfen« können. Wahnsinn, hervorgerufen durch wochenlange Alpträume, machte sich in den Tiefen unter dem Kloster breit...
»Gut«, meinte Salvat, als Elias schon fast an der Tür war. »Die Anstrengungen sollen vervielfacht werden. Ich würde ungern zu drastischeren Mitteln greifen.«
Elias fröstelte, als er die Tür hinter sich schloss. Es mochte durchaus stimmen, dass Salvat es »ungern« tun würde.
Aber es würde ihm andererseits auch nicht wirklich etwas ausmachen...
Gabriel erreichte den Hof seiner »Eltern«, als die Sonne längst schon am Himmel stand. Lachend und strahlend und die Szenerie damit verhöhnend, die der Junge vorfand.
Giuseppe Mazzano war etwas abseits des Hauses im Schatten einer uralten Eiche dabei, einen Erdhaufen abzutragen. Schaufel um Schaufel schleuderte er hinab in Livias Grab. Sein Schluchzen hörte Gabriel schon von fern.
Neben dem Mann blieb der Junge stehen.
Giuseppe hielt für einen Moment inne, schien eine Frage auf den Lippen zu haben. Doch er vergaß sie, kaum dass sein Blick dem des Jungen begegnet war.
»Möge sie in Frieden verrotten«, sagte Gabriel lächelnd.
Alles in Giuseppe schrie auf!
»Ja, das möge sie«, sagte er teilnahmslos, aber mit Tränen in den Augen.
»Ich lege mich ein wenig hin«, erklärte der Junge.
»Tu das, mein Sohn.«
Giuseppe schaufelte weiter, während Gabriel zum Haus hinüberging. Sein Blick wanderte in die Höhe, bis er das Kloster am Berghang erreicht hatte.
»Es ist an der Zeit«, meinte er.
In seiner Kammer angelangt, legte der Junge sich aufs Bett, sah noch einmal zum Fenster hinaus und hinauf zu Monte Cargano.
Dann schloss er die Augen.
Und träumte.
Salvat hatte sich nicht gerührt, seit Elias das Zimmer verlassen hatte. Nur seine Augen bewegten sich, zogen wieder und wieder dieselbe Bahn.
Die Einrichtung der Kammer war so karg wie die eines jeden Bruders der Illuminati. Und doch erzählte ihm jedes Detail eine Geschichte, weckte schmerzliche Erinnerungen.
An Raphael Baldacci, seinen Sohn.
Seinen
toten
Sohn.
Salvat schluckte hart. Er fühlte sich verantwortlich. Nicht schuldig, aber verantwortlich. Er hätte Raphael nicht seines Weges ziehen lassen dürfen. Er war noch zu jung, zu unerfahren gewesen. Seine Ausbildung war noch nicht abgeschlossen; er hatte noch nicht wirklich gewusst, was es hieß, ein »Gesandter« zu sein.
Und doch hatte er Raphaels Wunsch entsprochen. Wie es Väter eben taten, wenn ihre Söhne etwas um jeden Preis durchsetzen wollten.
»Es war ein Fehler, ihn hierher zu holen«, murmelte Salvat im Selbstgespräch.
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