BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
konnte: der Tod.
Eine Balance, von der sie zuvor nicht einmal etwas geahnt, sich nie den Kopf darüber zerbrochen hatte, glaubte sie nun intuitiv zu durchschauen: die Balance des Kommen und Gehen, des Lebens und seinem Gegenteil...
Gegenteil?
Unter ihr lag das, was sie meinte.
Genau unter ihr lag die Frau, die sie einmal gewesen war. Sterblich.
Gestorben!
Ihr Kopf lag in unmöglichem Winkel vom Körper angewandt.
Als sie aus einem Impuls heraus glaubte, die Konfrontation mit dieser nie mehr atmenden, erkalteten Hülle nicht mehr ertragen zu können, entzog sie sich dem Anblick tatsächlich durch eine schattenhafte Flucht ihres Geistes!
Zufrieden machte es sie nicht, sich von dem, was sie ein Leben lang begleitet hatte, abrücken zu sehen.
Zufrieden nicht, nein,
todunglücklich
wurde sie...
Ihre Sicht der Dinge, diese unmögliche außerkörperliche Erfahrung, erfuhr eine neuerliche Wandlung.
Ihre Umgebung, in der es wenigstens noch den vertrauten Bezugspunkt ihres Leichnams gegeben hatte, entartete nun völlig, zog sich enger und enger um sie zusammen und bildete eine Art... Schlauch.
Ein Tunnel?
Ein Korridor, der in purpurnen Schimmer von einer solchen Verderbtheit und Düsternis getaucht war, dass selbst einer losgelösten, einsamen Seele, die ihn durchirrte, schaudern musste!
Am Ende des Korridors, so weit entfernt, dass
körperliche
Augen es nicht hätten sehen können, war dagegen ein helles Licht – strahlend und rein und überhaupt nicht vergleichbar mit dem grässlichen Abglanz, dessen Ursprung in einer Quelle lag, um deren Dämonie die fliehende Seele zumindest noch verschwommen wusste.
Purpur war die Farbe des Bösen.
Des Bösen, das auch sie umgebracht hatte...
Da waren Türen zu allen Seiten des Korridors, der kein "oben" und kein "unten", kein "links" und kein "rechts" zu kennen schien, sondern sich schnurgerade wie ein Lineal von einem Ankerpunkt des Nichts zum anderen zu ziehen schien.
Keine der Türen stand offen. Was sie verbargen, kümmerte die Seele nicht.
Nie wieder Türen oder Tore!
dachte sie voller Grauen.
Hinter einem Tor war sie ermordet worden – feige und gemein, und der Gipfel der Niedertracht war, dass sie nicht einmal im Tode ihre Ruhe finden durfte...!
Also mied sie diese Ausgänge ins Unbekannte, floh weiter zielstrebig dem Ende des Tunnels entgegen, wo jenes warme Licht loderte, von dem sie sich Trost erhoffte.
Und Hilfe.
Ewigen Schlaf...
... oder einen Platz zum Sein, an dem sie nie mehr – von niemandem – gestört werden würde!
Je länger diese sphärenhafte Reise nach dem eigenen Empfinden dauerte, desto selbstverständlicher wurde sie.
Die Seele verschwendete keinen Gedanken mehr daran, welche Kraft sie eigentlich bewegte. Sie hatte es verdient, nicht einfach zu erlöschen wie eine von boshaftem, klirrendem Atem ausgeblasene Kerzenflamme.
Verdient!
Warum hat sie das getan?
Immer wieder glomm die Frage nach dem Motiv ihrer Mörderin in ihr auf. Aber eine Antwort blieb ihr versagt.
Hoffentlich brätst auch du in der Hölle!
Hoffentlich gibt es eine Hölle NUR FÜR DICH!
Hass überrollte sie wie eine alles verschlingende Woge, griff nach ihren Gedanken und vergiftete sie mit Purpur...
Was war das?
Im gleichen Maße, wie die Wut sie überkam, schien sich ihr Geist mühsamer auf das Licht zubewegen zu können. Als würden die zerstörerischen Gelüste, die sie selbst sich in dieser Intensität nicht erklären konnte, den Vorwärtsdrang hemmen, sie von dem Licht, der Wärme und Zuflucht fernhalten wollen.
Sie hielt inne.
Es ging ganz leicht: Die Gedanken, das Wollen und die Hoffnung waren mächtig an diesem Ort, und so drängte sich der Seele die Frage auf, warum sie sich nicht einfach zum Ende des Tunnels
wünschte
.
DA GESCHAH ES.
Noch ehe sie ihren Einfall erproben konnte, strömte der Purpur explosionsartig aus den umgebenden Wänden des Tunnels und hüllte alles in seinen monströsen Schein!
Sie wusste es, ohne den Grund für dieses Wissen zu erfahren:
Etwas war jenseits der Schwelle ihrer Wahrnehmung, am Ende der Zeit ERWACHT!
Plötzlich waren da andere Seelen, die der einsamen entgegen rasten – von jenem immer noch fernen, immer noch erhaben strahlenden und von Purpur unberührten Punkt des Korridors!
Diener-Seelen! (?)
Geister von Toten, von denen einige der Ermordeten im Leben bekannt gewesen waren.
Sogar ein
Freund
war darunter...
Hat sie also auch dich geopfert? Hat sie auch dich im Stich gelassen und hintergangen – um ihrer
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