Bädersterben: Kriminalroman
des Fahrgastraumes wirkten durch die neblige Suppe auf der Nordsee wie Milchglas. Irgendwann zog Duckstein einen Barhocker in die Mitte zwischen ihnen, was allerdings nicht als feindseliger Akt zu verstehen war, denn wenig später gesellte sich Svenja nun zu ihnen. Offensichtlich hatte sie dank Duckstein bereits ihren Tagesumsatz gemacht. Schnell stellte sich heraus, dass es ihre letzte Fahrt war, denn sie würde bereits morgen ein Praktikum an der Biologischen Anstalt auf Helgoland beginnen.
Aus irgendeinem Grund schien das Duckstein zu irritieren. Die Nähe zu Svenja, die er vorher gesucht hatte, schien ihm jetzt zu eng zu werden. Er stand auf.
Olli fand es bewundernswert, wie zielsicher der Mann Richtung Toilette marschierte, ohne dass ein echtes Wanken erkennbar wäre. Das Handy in seiner Hosentasche vibrierte, aber er konnte das Gespräch nicht annehmen, denn kaum war Duckstein in der Mittelsäule entschwunden, umschlangen ihn unerwartet zwei Arme. Als er sich erschrocken zur Seite drehen wollte, küssten ihn bereits warme und weiche Lippen.
»Ein toller Typ, dein Freund. Wenn ich nicht fest liiert wäre, dann könnte ich echt schwach werden. Das ist noch ein richtiger Mann.« Dann holte Svenja zum großen Zungenschlag aus.
Puh. Was sollte denn das? So innig hatte ihn schon lange keine Langhaarige mehr geküsst. Das machte ihn neugierig. »Mit wem bist du denn so fest liiert?«
Sie konnte sich das Lachen nicht verkneifen. »Na, mit wem wohl? Mit dir natürlich, mein Süßer. Würde ich dich sonst so küssen?«
Sie schien jedoch an der Bordbar die Grundregeln des Überstehens solcher Situationen gelernt zu haben, denn rechtzeitig, bevor Duckstein wie ein Elitesoldat mit festem Schritt zielstrebig an die Bar zurückmarschierte, war sie wieder auf ihren Sitz gerutscht.
Duckstein verteilte ohne Nachfrage den Rest der Whiskyflasche auf die drei Gläser im Verhältnis drei-zwei-eins, wobei Svenja die größte Schonung zuteil wurde. Dann griff er zur Brieftasche und legte den nächsten Schein auf den Tresen, der eindeutig lila gefärbt war, was das Trinkgeld von Svenja vermutlich versiebenfachte. »Ich bin der Dieter, und das ist der Olli.«
Demonstrativ zückte Olli sein Portemonnaie, aber Duckstein wehrte ab. »Quatsch, ihr seid selbstverständlich meine Gäste. Ihr müsst mich nur irgendwie auf die Insel bringen.«
Svenja wusste, wie man mit solchen Trinkgeldern umzugehen hatte. Nachdem sie die neue Flasche in das Kassensystem eingegeben, geöffnet sowie neues Eis bereitgestellt hatte, versenkte sie das Restgeld demonstrativ zwischen ihren üppigen Brüsten und hauchte Duckstein einen Dank zu. »Mein Gott, Dieter, bevor deine Hände erfrieren, dürfen sie sich gern bei mir erwärmen.«
Duckstein griente zurück. »Meine Hände müssen leider zu viel arbeiten, Svenja, um solche schönen Schätze zu heben.«
Sie prosteten sich zu. Es schien hier an Bord in jeder Beziehung noch eine stürmische Nummer zu werden. Duckstein schien in alkoholischen Dingen absolut sturmerprobt zu sein, und diese Svenja schien er zu schonen. War sie nicht sein Frauentyp, oder hatte er zurzeit andere Sorgen?
Svenja sorgte für den weiteren Gesprächsstoff. »Wo wohnst du denn, Dieter? Ihr beiden teilt euch doch hoffentlich kein Doppelzimmer?«
Diese Art von Humor schien Duckstein zu lieben. Er konnte sich kaum noch einkriegen und zwinkerte Olli zu. »Nein, meine Devise ist einfach. Einfach immer nur das Beste. Einmieten lasse ich mich immer nur im ersten Haus am Ort, schließlich erwartet man auch erstklassige Geschäftsabschlüsse von mir.« Seine Wangenknochen stachen jetzt noch kräftiger hervor. Er berichtete nicht ohne Stolz von seinen jüngsten Erfolgen in Kakanien.
Ungebildet schien Svenja nicht zu sein, aber sie blickte ihn genau wie Olli ratlos an.
Duckstein klärte die beiden auf. »Kakanien? Das ist die k.u.k.-Monarchie unterhalb der Donau. Die Ösis. Dort muss man nur mit harten Bandagen auftreten, dann zieht man die alle schnell über den Tisch. Die Sprache kennen sie noch gut von früher.« In der Folge zog Duckstein die neu auf den Tresen gestellte Whiskyflasche zu sich heran, drehte den Verschluss mit den Zähnen auf und schob die Cola weg. »Heute kann ich mir noch einmal die Kirsche richtig zuziehen, aber morgen muss ich wieder topfit sein. Es geht immerhin um sechs Millionen.«
Sechs Millionen? Na, dann kann man sich diesen Luxus locker leisten, dachte sich Olli. Duckstein begann, unglaubliche Geschichten
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