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Bädersterben: Kriminalroman

Bädersterben: Kriminalroman

Titel: Bädersterben: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Geisler
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fliegen, aber die Maschine hat es wegen des Nebels leider nur bis Cuxhaven geschafft. Ein grauenhafter Flug übrigens, fast wären wir abgeschmiert. Aber mein Gott, ich lebe nun einmal vom Zeitgewinn, da gab es keine andere Möglichkeit als dieses Flatterding hier, denn ich habe dringende Geschäfte auf Helgoland zu erledigen. Ich bin absolut kein Seemann. Doch was soll ich machen? Eine Autobahn nach Helgoland, die gibt es nicht.«
    Olli nickte verständig. Er konnte eine klammheimliche Freude nicht verbergen, das bessere Reisemittel als Stuhr gewählt zu haben. »Das kenne ich, Herr Duckstein. Deswegen trinke ich immer einen Gin Tonic vor jedem Flug, dann geht das alles wunderbar ab.«
    Diese Sprache schien Duckstein zu verstehen. »Aber hier an Bord kann man sich das Leben ja auch angenehm gestalten. Nehmen Sie einen Drink mit mir?«
    Einen Drink? Ja, warum denn eigentlich nicht? Olli nickte.
    Aber anstatt sich die Getränke zu ihren Sesseln kommen zu lassen, sprang Duckstein unvermittelt auf. Besonders groß war er nicht, aber recht drahtig. In seinem dunklen Anzug mit dem weißen Hemd wirkte er wie ein James Bond aus den Siebzigern. »Kommen Sie, wir gehen an die Bar.«
    Die Bar? Welche Bar denn?
    Zielstrebig schlug Duckstein mit leicht wackeligen Schritten den Weg zur anderen Bordseite ein. Als sie die große Mittelsäule umkurvt hatten, die die Toiletten für die Komfortklasse beherbergte, bemerkte Olli tatsächlich eine kleine Bar, die vermutlich nicht ohne Grund von der Ruhezone entfernt im hinteren Bereich eingebaut worden war. Hinter dem hohen Tresen nickte ihnen eine jüngere studentische Aushilfskraft zu, die offenbar bis jetzt gelangweilt Notwache für die in der Komfortklasse ausbleibenden Passagiere geschoben hatte.
    Die ersten drei Bestellversuche Ducksteins bei der jungen Dame nach von ihm favorisierten Drinks scheiterten schnell an der begrenzten Auswahl. Nach kurzer Diskussion ließ sich Duckstein auf Whisky-Cola herunterhandeln, allerdings bestand er auf einen zwölfjährigen Single Malt Scotch und erbat sich eine ungeöffnete Flasche. Den grünlichen Geldschein, den er anschließend dafür über die Theke schob, konnte Olli nicht recht einordnen, weil er Scheine dieser Farbe im Zeitalter der Plastikkarten relativ selten im Portemonnaie mit sich führte. Auf Wechselgeld verzichtete Duckstein, was die Freundlichkeit der Bedienung erheblich steigerte und sich später im viertelstündlichen Erneuern des Eises manifestieren sollte.

     
    Die junge Bedienung zauberte eine dreieckige Flasche Scotch aus dem Regal, stellte Gläser, Cola und Eis dazu und nickte ihnen ermunternd zu. Duckstein dankte ihr kurz und begann, einzuschenken. Dann drehte er sich um und reichte ihm ein Glas. »Ich bin der Dieter. Wohlsein, Olli prostete zurück. »Zum Wohl, Dieter.« Das Zeug aus der dreieckigen Flasche schmeckte auch nicht schlecht, obwohl sich Olli erinnerte, dass richtige Scotch-Liebhaber höchstens Wasser zum Verdünnen nahmen. Als die Bordansage erfolgte, dass die Passagiere sich anschnallen sollten, kam sogleich Entwarnung von der jungen Bedienung hinter der Bar. »Keine Sorge. Das ist nur eine Sicherheitsansage für das Volk auf dem Hauptdeck. Sie gilt nicht für Kunden bei mir an der Bar. Order vom Chef. Also locker bleiben, die Herren. Ich bin übrigens die Svenja. Wenn ich Ihnen irgendeinen Wunsch erfüllen kann …«
    Olli wusste nicht recht, wo er hinschauen sollte. Duckstein prostete auch ihr zu und nahm einen ordentlichen Zug von seinem Drink. Er blickte Svenja tief in die Augen, und sie wich seinem Blick nicht aus. Das war durchaus zu verstehen, denn Dieter Duckstein war schon eine bemerkenswerte Erscheinung. Er war schlank, trug einen klasse Anzug und konnte als vermuteter Mittvierziger immerhin noch tiefschwarze gepflegte Haare vorweisen. Seine klassischen Gesichtszüge wurden von stechenden blauen Augen gekrönt, die fast eine halbe Minute lang nicht von der Servierkraft ließen. Er bat um ein drittes Glas und schob es ihr zu. Dann schien er sich auf wichtigere Dinge zu besinnen und goss reihum Whisky aus der Flasche nach. Wenn die Luft brannte, dann hier an der Bar.

     
    Das Schaukeln der Schnellfähre nahm nach dem Ablegen kräftig zu, was Olli veranlasste, nicht zu viel Cola nachzuschenken, damit der Tresen nicht vollgeschwappt würde. Schnell stellte sich bei ihm ein gewisser Tunnelblick ein, was aber durchaus nicht unangenehm war, denn die von Wellenschlag und Gischt malträtierten Scheiben

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