Bädersterben: Kriminalroman
aus der Finanzwelt zu erzählen, wie er Leute über den Tisch gezogen hatte. Später berichtete er von seinem Aufstieg vom Boten zum Unternehmensberater. Früher überbrachte er schlechte Botschaften, jetzt konnte er sie erteilen. Topp oder hopp, das war seine Devise. Das Ausleuchten von Grautönen schien Ducksteins Sache nicht zu sein.
Das Aufschaukeln der Katamaranfähre wurde unangenehm. Duckstein löste das Problem auf seine Art und Weise. Er kippte sein Glas bis zum Rand mit Whisky voll. »Macht, was ihr wollt. Bringt mich nur irgendwie auf die Insel. Ich gebe mir jetzt den Hirnschuss.«
Na ja, irgendwann später kam dann auch schon dieser mächtige Rettungshubschrauber, und nach einem kurzen Telefonat von Svenja mit dem Kapitän war klar, dass die ersten drei Plätze im Helikopter von der fröhlichen Runde aus der ersten Klasse belegt werden konnten.
Während sich Duckstein regungslos wie ein schlaffer Sack in den Flieger hieven ließ, schien Svenja die Situation eher zu erregen. Nachdem die Luke des Hubschraubers verschlossen war, befummelte sie Olli vor dem ihnen zu Füßen liegenden Duckstein immer wieder. Aber Olli war eigentlich nur heilfroh, von der restlichen Überfahrt und der dritten Whiskyflasche verschont geblieben zu sein.
An die Einlieferung heute Mittag ins Inselkrankenhaus konnte er sich nicht mehr so richtig erinnern, nur dass Svenja irgendwann weg war. Vor einer Stunde war er mit einem ziemlichen Brummschädel aufgewacht. Er hatte kurz Stuhr über seinen Verbleib informiert, bevor er sich mehrfach übergeben hatte. Dennoch musste er lächeln. Die anderen Fahrgäste hatten vermutlich auch gespuckt, aber Olli wusste wenigstens, weswegen. Dass der Duckstein schnell wieder auf die Beine kommen würde, das bezweifelte er. Es klopfte an der Tür. Das konnte nur Svenja sein.
17 Flundern und Flachzangen
Abgerissen war die Verbindung nicht. Sicherlich, die Qualität des Telefonats hier unten auf der Toilette war allein schon durch die Betongründung der Gaststätte heftigen Schwankungen unterworfen gewesen und zum Schluss deutlich schlechter geworden. Er musste immer lauter sprechen, und als er viel zu spät das Trommeln wahrnahm, das mit zunehmender Intensität auf die Toilettentür einhämmerte, hatte er keine andere Wahl mehr. Er musste schnell den roten Abstellknopf drücken.
Wer konnte nur vor der Toilettentür stehen, und was könnte er gehört haben? War er jetzt bereits als Hansens erster Scherge enttarnt, bevor der zweite ins Geschehen eingreifen konnte? Da er nur zum Telefonieren auf dem Toilettendeckel gesessen hatte, musste er notgedrungen aufstehen und einen Anziehvorgang simulieren. Dann wartete er kurze Zeit und drückte den größeren Spülknopf. Die nutzlos einfließende große Wassermenge erzeugte ein Geräusch, das auf ein großes Geschäft hinwies. Dann öffnete er die Toilettentür, um möglichst schnell und unerkannt an dem unliebsamen Zeitgenossen vorbeieilen zu können. Es war jedoch Dr. Rogge, der ihn am Jackenärmel festhielt. »Entschuldigung, Herr Stuhr. Ich konnte ja nicht ahnen, dass ausgerechnet Sie den WC-Sitz blockieren. Aber es drängt wirklich sehr. Nochmals Entschuldigung.« Dann zwängte sich der Anstaltsleiter in die enge Kabine.
Stuhr ging zum Waschbecken, um seinen Toilettenbesuch ordnungsgemäß abzuschließen. Sein Handy vibrierte. Er zog es schnell aus der Hosentasche, um es auf stumm zu stellen. Auf dem Display erkannte er Hansens aufleuchtenden Namen. Nein, mit dem konnte er jetzt unmöglich sprechen, und liefern konnte er ja auch noch nicht. Er steckte das Gerät weg. An den heftigen Keuchbewegungen des Direktors und der Untermalung durch Geräusche, die offenbar sein Darmausgang erzeugte, war zu vermuten, dass der Direktor mit gewaltigeren Problemen beschäftigt gewesen sein musste, als seinem Gespräch mit Dreesen analytisch zu folgen. Das bestätigte sich, als sich die Tür öffnete und der Direktor mit schwitzender Stirn auf das Waschbecken zustürzte.
»Es muss die Ruhr sein, Herr Stuhr. Entschuldigen Sie bitte, aber meine Gesundheit quält mich. Seitdem die Geschichte mit Herrn Reinicke bei uns passiert ist, fühle ich mich aus dem Gleichgewicht geworfen. Der Magen spielt verrückt. Ich bekomme von meiner Verwaltungsleiterin und von alten Freunden seltsame Fragen gestellt. Wenn das alles nach Bremerhaven zur Stiftung dringt, dann kann ganz schnell eine sinnvolle Forschungseinrichtung der Angst geopfert werden. Ich habe nur eine Chance,
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