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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Der vertriebene König
    Ein Herr in Griechenland, der ein großes Königreich besaß, hatte einen Sohn, den er sorgsam auferziehen, in den sieben freien Künsten unterrichten und zu einem gesitteten Leben anleiten ließ. Eines Tages nahm dieser König eine Menge Goldes, gab es dem Sohne und sprach: »Verwende dies nach deinem Wohlgefallen!« Zugleich befahl er den Edelleuten am Hofe, ihm keinerlei Anleitung über den Gebrauch des Goldes zu geben, jedoch sein Benehmen sorgfältig zu beobachten.
    Jene gehorchten und standen eines Tages mit dem Jünglinge, der seinen Gedanken nachhing, an den Fenstern des Palastes, als einige Leute des Weges zogen, deren Tracht und Ansehen von Reichtum und Adel zeugte. Der Weg lief am Fuße des königlichen Palastes hin. Der Jüngling befahl, den ganzen Zug der Vorbeireisenden anzuhalten und vorzuführen. Man gehorchte, und die Fremden wurden im Beisein der Edelleute vor den Jüngling geführt; und einer derselben, der am beherztesten und gewandtesten schien, trat vor und fragte: »Herr, was ist zu Euerm Befehl?« Der Königssohn fragte ihn nach seiner Heimat und seinem Stande, worauf jener erwiderte: »Herr, mein Vaterland ist Italien; ich bin Kaufmann und Herr eines großen Vermögens, das ich nicht der Sorge meiner Vorfahren, sondern meiner eigenen Betriebsamkeit verdanke.«
    Der Jüngling wandte sich nun zu dem Zweiten, der zwar mit edlem Anstande, aber mit dem Ausdruck des Kummers und der Verlegenheit dastand, und befahl ihm vorzutreten, weil er sich unter der Menge verbarg, worauf er, jedoch nicht mit dem Selbstvertrauen des ersteren, vortrat und fragte: »Herr, was befehlt Ihr?« Der Jüngling versetzte: »Nenne mir deine Heimat und deinen Stand!« Und jener entgegnete: »Herr, ich bin König von Syrien und habe mich so betragen, daß meine Untertanen mich vom Throne stießen.« Da nahm der Jüngling all sein Gold und schenkte es dem vertriebenen Könige.
    Diese Handlung ward bald im ganzen Palaste bekannt. Die Ritter und Barone beratschlagten sich laut darüber, und der ganze Hof hallte wider von der Verwendung jenes Goldes. Auch der König erfuhr den Vorgang und ließ sich die an die Fremden gerichteten Fragen und ihre Antworten von Wort zu Wort erzählen. Dann berief er den Sohn und stellte ihn in Gegenwart vieler Barone über die Verwendung des Geldes zur Rede. »Welchen Grund hattest du, welche Rücksicht bewog dich, den unbeschenkt zu lassen, der durch seinen Fleiß vieles erworben, und alles dem zuzuwenden, der das Seinige durch seine Torheit verloren hatte?«
    Der weise Jüngling entgegnete: »Herr, ich gab dem nichts, der mich nichts gelehrt hatte; auch beschenkte ich weder den einen noch den andern: was ich gab, war nicht Geschenk, sondern Lohn. Der Kaufmann lehrte mich nichts: ich war ihm also zu nichts verpflichtet; der andere aber, eines Königs Sohn und vor einst im Besitz einer Krone, dessen Unbesonnenheit Ursache war, daß ihn seine Untertanen verstießen, lehrte mich, wie ich mich zu betragen habe, daß die Meinigen mir nicht dermaleinst ein Gleiches tun: für eine so heilsame Lehre empfing er noch zu geringen Lohn.«
    Da rühmte der König und alle Anwesende des Jünglings Verstand und hegten große Erwartungen von seiner Jugend und der Weisheit, womit er bei reiferen Jahren regieren werde, da er bei so zartem Alter schon so hohe Beweise seiner Einsicht gegeben. Briefe flogen durch das Land, den Vorfall Baronen und Edlen zu melden, und großer Hader entstand unter den Weisen.

Ein seltsamer Rechtsstreit
    In Alexandria, das im Gebiet der Romania liegt – es gibt nämlich zwölf Städte des Namens Alexandria, die Alexander im März vor seinem Tode gründete –, in jenem Alexandria gibt es Straßen, wo die Sarazenen stehen, welche Essen verkaufen. Und man sucht die Straßen nach den saubersten und leckersten Speisen ab, wie man bei uns nach Tüchern sucht.
    An einem Montag stand ein sarazenischer Koch, welcher Fabrat hieß, in seiner Küche: da kam ein armer Sarazene in die Küche mit einem Brot in der Hand. Geld hatte er nicht, um jenem etwas abzukaufen. Daher hielt er das Brot über den Kochtopf und fing den Rauch auf, der daraus hervorstieg, und das Brot wurde von dem Rauch durchdrungen, der aus dem Essen kam, und er biß hinein und verzehrte es auf diese Weise bis zum Schluß. Dieser Fabrat hatte an diesem Tage kein Glück mit dem Verkaufen; daher empfand er dies als Beschimpfung und Belästigung, ergriff den armen Sarazenen und sagte zu ihm: »Bezahle mich

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