Bädersterben: Kriminalroman
Verwaltungsleiterin, die überaus korrekt zu sein scheint. Sie hat bei einer Revision viele Formfehler von Reinicke aufgedeckt, die zugunsten von Duckstein durchschlugen. Die Vermutung lag nahe, dass Reinicke dafür Geld unter der Hand von Duckstein bekam. Als Dr. Sommerfeld, so heißt die Kollegin von Dr. Rogge, gestern mitbekam, dass sie von Duckstein beschattet wurde, ist sie bei uns aufgetaucht und hat Anna als Nutte bezeichnet, die sich mit Duckstein von der Insel wegscheren solle.«
Es fiel Rasmussen sichtlich schwer, bei der Schilderung, wie sein Lebenstraum sich zerstörte, die Haltung zu bewahren. Schön war das gesamte Familiendrama nicht, aber die Aufklärung einer der Morde war immer noch nicht näher gerückt. Hansen gewährte eine Pause, bevor Rasmussen fortfuhr. »Na ja, Anna ist ziemlich ausgerastet und zum Hafen abgehauen. Sie wusste, dass Duckstein auf dem Weg zum Rückflug war. Als sie bemerkte, dass er bereits auf dem Dünen-Taxi war und keinerlei Anstalten unternahm, zu ihr zurückzukehren, da ist sie ausgeflippt und hat ihn wüst beschimpft. Erst Stunden später ist sie nach Hause gekommen, hat ihre Sachen gepackt und ist dann wortlos abgehauen. Ich habe irgendwie geahnt, dass ich sie nie wieder sehen würde. Was habe ich nur verkehrt gemacht?«
»Hatten Sie denn eine Ahnung, dass sie umgebracht werden würde?«, hakte Hansen nach.
Rasmussen wies das vehement von sich. »Nein, keineswegs. Nur die bestimmte Art, wie sie mich verließ, und die Tatsache, dass sie mir den Ehering vor die Füße geworfen hat, brachten mich zu der Überzeugung, dass sie für immer weggehen wollte. Heute Morgen habe ich dann erfahren, dass sie mit Fiete von der Insel abgehauen ist, im Börteboot. Ich habe Ruth in der Biologischen Anstalt aufgesucht und ihr reinen Wein eingeschenkt. Das war nicht schön. Ich muss sogar vermuten, dass mein Bruder Fiete der Mörder von Anna Maria ist.«
Kommissar Hansen schüttelte ungläubig den Kopf. Fiete Rasmussen hatte also tatsächlich seine Schwägerin im Boot nach St. Peter-Ording befördert. »Herr Rasmussen, warum sollte Ihr Bruder Anna Maria umbringen, wenn er sie eigentlich liebte?«
Rasmus Rasmussen griff jetzt in die Tasche seines Jacketts und holte einen Lederbeutel hervor. »Mein Bruder ist zwar gern mit dem Börteboot gefahren, aber gekümmert habe ich mich um das Boot. Diesen Ring habe ich letzten Montag in der Bilge gefunden. Auf der Innenseite ist ›Claudia‹ eingraviert. Ich kenne den Ring. Er gehört Michael Reinicke. Offensichtlich hat ihn mein Bruder dem Opfer abgezogen, um die Identifizierung der Leiche zu erschweren. Er muss dann unter die Planken gerutscht sein. Als ich die Motorverkleidung hochgenommen hatte, lag er vor meinen Füßen.«
Es war still im Schankraum geworden.
»Haben Sie noch mehr in Ihrem Lederbeutel?«
Wortlos zog Rasmussen ein Haarbüschel heraus, an dessen Haarwurzeln noch vertrocknetes Blut klebte. »Das habe ich am Mittwochmorgen in einer Ritze auf dem Boot gefunden, nach dem Mord in Cuxhaven.«
Hansen musterte den Hotelbesitzer ernst. »Herr Rasmussen, Sie haben wichtige Beweismittel zurückgehalten.«
Der Hotelbesitzer wehrte ab. »Kommissar, ich habe doch nicht vermuten können, dass mein Bruder ein Mörder ist. Aber jetzt, wo Anna Maria tot ist …«
Rasmussen versagte die Stimme, und Ten Hoff sah ihn mitleidig an.
Auf Hansens Handy-Display erschien der Name von Oberkommissar Stüber. Er hastete nach draußen.
»Chef, der Kollege vom Ermittlungsdienst hat eben angerufen. Halten Sie sich fest. Die Rasmussen ist vor ihrem Tod vergewaltigt worden. Sie haben auch frische Spermaspuren gefunden, die gerade analysiert werden. Ich habe schon Blutproben bei Duckstein und Rasmussen im Untersuchungsgefängnis veranlasst. Morgen früh wissen wir mehr.«
Hansen wurde flau im Magen. Sollte er das jetzt etwa dem genug gebeutelten Rasmus Rasmussen mitteilen? Nein, das konnte er nicht, der tat ihm so schon leid genug. Das war eindeutig eine Sache für den Wasserschutzpolizisten und Insulaner Jörn Rost.
34 Spielschluss
Es war endlich Freitagabend, und wieder saß Stuhr im Vereinsheim bei Torge am Brett. Die Freitagsspiele vom zweiten Bundesliga-Spieltag standen unmittelbar bevor, und er hatte ein Nucki Nuss Schoko geordert. Unparteiisch wie immer war er in seinem blauen Lieblingstrikot von Holstein Kiel aufgelaufen, auf dem in nostalgischer weißer Schrift ›Deutscher Meister 1912‹ aufgedruckt war. Er bezweifelte,
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