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Balkan Blues

Balkan Blues

Titel: Balkan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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euch nicht aus dem Haus. Hier ist die Hölle los.«
    »Machst du Witze, Papa? An einem solchen Abend bleiben wir doch nicht zu Hause! Heute geht die Post ab!«
    Ich beende das Gespräch und beschließe zu warten. Ich kann ohnehin nicht weiterfahren. Ich war sehr stolz, als meine Tochter, die Juristin, eine Beziehung mit einem Kardiologen einging. Eine Wissenschaftlerin und ein Wissenschaftler, die ideale Verbindung. Wie hätte ich mir vorstellen können, daß sich die beiden als Fußballfans entpuppen würden? Die Seele des Menschen ist ein weites Land.
    Drei junge Männer beginnen, auf die Kühlerhaube des Mirafiori zu trommeln und im Takt zu skandieren: »Nächstes Mal, nächstes Mal, schlagen wir dann Portugal!«
    Den Mirafiori ereilt heute bestimmt kein natürlicher, sondern eher ein gewaltsamer Tod. Im Gegensatz zu dem jungen Mann, der uns die Hand mit der Moutsa entgegenstreckte.
     
    Dritter Abend: Portugal – Griechenland 0:1
     
    Im Traum höre ich ein Lied aus alten Zeiten, und mir scheint, als befände ich mich irgendwo in der Athener Altstadt meiner Jugendzeit oder in der Taverne von Kanioglou in Nea Philadelphia, Mitte der sechziger Jahre. Die Melodie setzt immer wieder aufs neue ein, als wolle sie mich zum Walzertanzen verführen, bis ich endlich Adrianis Stimme neben mir höre.
    »Aufwachen, dein Handy läutet!«
    Ich schrecke hoch und fingere schlaftrunken nach der Gesprächstaste. Zehn Sekunden später bin ich wach genug, um Vlassopoulos’ Stimme zu erkennen.
    »Herr Kommissar, es ist noch eine Leiche aufgetaucht. Auf dem Larissis-Bahnhof. Ich bin in zehn Minuten bei Ihnen zu Hause.«
    Gott sei Dank holt er mich ab, denn der Mirafiori liegt nach den Freudenhieben, die nach dem Sieg über Tschechien auf ihn herabgeprasselt sind, in den letzten Zügen.
    Ich werfe einen Blick auf den Wecker: fünf nach sechs. Mit einem Satz springe ich aus dem Bett. Neben mir ist Adriani wieder eingeschlummert, aber ich werde sie wecken müssen, um ihr zu sagen, daß sich unser Programm ändert. Wir hatten abgemacht, Fanis und Katerina zum Flughafen zu bringen. Fanis hatte sich in den Kopf gesetzt, zum Endspiel nach Lissabon zu fliegen, und hatte dafür alle Beziehungen spielen lassen.
    »Ich bin jetzt schon so lange mit Fanis zusammen, und wir sind noch kein einziges Mal ins Ausland verreist«, rechtfertigte sich Katerina.
    »Fahrt ruhig, mein Schatz. Aber ihr hättet ja auch zuerst mal nach Istanbul zur Hagia Sophia fahren können, dorthin führt doch die erste Auslandsreise eines jeden Griechen.«
    Vlassopoulos wartet bereits mit dem Streifenwagen vor der Haustür. Er fährt mit Blaulicht, aber nur aus Prinzip, denn die Straßen sind ohnehin leer.
    »Wo hat man ihn gefunden? Im Intercity?«
    Er blickt mich an und lacht.
    »Nein. Sie werden schon sehen.«
    Zehn Minuten später sind wir am Larissis-Bahnhof angelangt, doch Vlassopoulos fährt daran vorbei und bleibt ein Stück weiter stehen, vor einem glänzenden Zug der neuen Vorortbahn.
    »Man hat ihn in den Vorortzug gesetzt?« frage ich Vlassopoulos ungläubig.
    »Ja, noch bevor er überhaupt in Betrieb genommen wurde. Als Glücksbringer sozusagen.«
    Vor dem Zug stehen zwei Streifenwagen und ein Krankenwagen. Ich trete in den Waggon und erkenne sofort Parker, den amerikanischen Agenten. Er steht in der Mitte des offenen Wagens und unterhält sich leise mit Gikas.
    Ich will mir nicht gleich am frühen Morgen die Stimmung verderben und werfe lieber zuerst einen Blick auf den Toten. Er ist dunkelhäutig, mit eingefallenen Wangen und dünnem Oberlippenbärtchen. Ich schätze, ein Pakistani oder auch ein Tamile – ich kann die nie recht auseinanderhalten. Er ist nackt, genau wie der andere im Olympiastadion, und auf der unbehaarten Brust steht mit grünem Filzstift ANSAR AL - ISLAM geschrieben. Seine rechte Hand ist erhoben und zeigt die offene Handfläche und die gespreizten Finger der Moutsa . Stavropoulos und Garner beugen sich gerade über ihn und untersuchen ihn sorgfältig. Zu Lebzeiten konnte der arme Schlucker von einer solchen Vorzugsbehandlung nur träumen.
    »You know what this means: Iraq, Al Zarqawi!« höre ich Parkers aufgebrachte Stimme hinter mir.
    Ich wende mich um und sehe, wie er zusammen mit Gikas auf mich zukommt. Da ich ihm für sein schlechtes Benehmen vom letzten Mal noch etwas schuldig bin, würdige ich ihn keiner Antwort. Ich richte einen fragenden Blick auf meinen Vorgesetzten.
    »Das ist eine Organisation, die im Irak Ausländer entführt

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