Ball der einsamen Herzen - ROTE LATERNE - Band Nr. 2 (German Edition)
Emmas Finger zuckten vor, nahmen das Geld und ließen es verschwinden.
»Wenn du wieder so 'nen Freier hast, dann sagst du mir das«, meinte sie versöhnlich zu dem Mädchen. »Dann machen wir das Kino für 'ne halbe Stunde dicht, und dann kannst du auch die Hälfte behalten. Und nun geh wieder an die Arbeit!«
»Kanaille!« sagte Helena und ging. Emma grinste befriedigt.
»Also, wie du das machst«, sagte Karl. »Wie du das den Weibern gibst, das ist schon eine Wucht!«
»Man muss es eben verstehen«, sagte Emma stolz. »Nun hab ich schon wieder fast den Ausfall von Mieze und Tilly drinnen. Ja, Karlemann, so muss man es machen!«
»Du, Emma, wo hast du eigentlich das ganze Geld?«
»Ein Teil davon auf der Bank«, sagte sie.
»Und das andere?« fragte er neugierig. Sie sah ihn misstrauisch an, lächelte aber trotzdem.
»Hab ich gut versteckt!« eröffnete sie ihm. »Wegen dem Finanzamt«, erklärte sie weiter.
»Und wo hast du es versteckt?« fragte er.
»An einem sicheren Ort«, meinte sie. »Karl, ich hab keine Angst, dass du es wegnimmst. Aber die Weiber sind so raffiniert. Wenn du dir einen gesoffen hast, fragen sie dich vielleicht aus. Und dann sagst du es. Und dann sind wir alles los. Verstehst du denn das nicht?«
»Aber wenn dir - ich will das nicht hoffen, ich meine, wenn dir ganz plötzlich was passieren sollte?« fragte er bang.
»Ich bin gesund«, sagte sie.
»Ich meine doch nur falls wirklich!« bohrte er hartnäckig weiter.
»Das steht dann in meinem Testament!« gab sie ihm Auskunft.
»Dann ist es ja gut«, sagte er zufrieden. Jedenfalls war er das im Augenblick, denn es war noch nicht aller Tage Abend, und er wollte schon herausfinden wo sie das Schwarzgeld versteckt hatte!
*
Einige Wochen vergingen und es passierte nichts Gravierendes. Man hatte Irmchen und Orje vergessen, konzentrierte sich auf das Geschäft. Karl hatte wieder damit angefangen, Emma heimlich zu bestehlen. Er glaubte, diesmal klüger zu sein, weil er das Geld in einer alten Pappschachtel aufbewahrte, die auf den Küchenschrank stand und nie angerührt wurde.
Auch die Mädchen, besonders Helena, betrogen ihre Chefs nach Strich und Faden. Das ging besonders gut, wenn Karl ein wenig angeheitert war und nicht mehr richtig durchblickte. Dann klauten sie die bereits aufgespießten Bons vor seiner Nase weg und legten sie ihm ein zweites Mal vor. Emma wunderte sich, dass trotz vollen Lokals so wenig in der Kasse war.
Die Mädchen hatten ein feines Gespür. Fühlten sie sich von Emma überwacht, so ging alles ganz korrekt zu. Mittlerweile musste jeder Mann angemeldet werden, mit dem sie nach oben gingen. Und wenn sie wieder zurückkehrten, mussten sie bei Emma ihren »Obolus« abliefern, Zuerst hatten sie zwar gemeckert, sich aber dann gefügt, denn zusammen mit ihren heimlichen Betrügereien konnten sie nirgendwo so gut verdienen wie im »Ile d' amoure«.
Damit sie die Chefs auch mit den Freiern betrügen konnten hatten sie sich alle Nachschlüssel für die Hintertür besorgt, und der alte Heinrich verdiente sich ein Zubrot, indem er die Männer in unbeobachteten Augenblik-ken ins Haus ließ. Später kamen die Mädchen wieder herunter. Sie sagten, sie hätten sich etwas frisch gemacht. Das musste Emma ihnen glauben ...
So strampelten Emma und ihr Pützkesmann, aber die Umsätze wollten nicht steigen. So war sie nun fast gezwungen, die verbotenen Kopplungsgeschäfte zum Usus zu machen. Die Mädchen maulten und schimpften zwar, weil ihnen dadurch die Möglichkeit verwehrt blieb, mal einen Mann nebenbei mit hinaufzunehmen, denn die Kunden hatten ja alle im Lokal bereits für Extras bezahlt.
Doch verstanden sie es wiederum, sich ihre Kunden zu verschaffen. Die betraten nämlich das Lokal gar nicht erst, sondern warteten im Hof und machten sich beim alten Heinrich durch Blinkzeichen bemerkbar.
Und wenn eines der Mädchen oben war, so hielt ein anderes inzwischen Emma und Karl an der Theke in Atem. Emma kam gar nicht auf die Idee, nachzuschauen.
»Ich verstehe das nicht«, sagte Emma eines Nachts zu Tilly. »Der Lange vom Kaufhaus kommt auch nicht mehr. Der war doch sonst jedes Wochenende da!«
»Ihr seid zu teuer«, bemerkte Tilly. »Dreihundert für eine Flasche Sekt! Viele machen das billiger und diskreter!«
»Die Mädchen sind zu alt!« bemerkte Karl.
»Halt die Klappe!« fauchte Tilly ihn an. »Du kannst weder mit 'ner Jungen noch mit 'ner Alten etwas anfangen!«
»Emma, hast du das gehört?« hauchte er
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