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Ballade der Liebe

Ballade der Liebe

Titel: Ballade der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DIANE GASTON
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seine Schwestern zu necken. Wie lang war es eigentlich her, dass er laut gelacht hatte? Eine Frau in den Armen gehalten hatte? Wann hatte er „Eileen Aroon“ zuletzt gesungen?
    Ehrgeizige Zukunftspläne hatten ihn frühzeitig zum Mann reifen lassen, ihn seiner Jugend entfremdet. Seit sechs Jahren war er der Sekretär des Marquess, wobei diese Stellung lediglich eine Sprosse auf seiner Karriereleiter sein sollte. Denn Flynn hatte hohe Ziele und strebte eine Position in der Regierung an. Sein größter Wunsch war, einem Mitglied des Königshauses als Berater zu dienen. Tanner unterstützte Flynn in seinem Eifer, hatte ihn zum Wiener Kongress mitgenommen und nach Brüssel, wo der zielstrebige junge Mann hochrangige Staatsmänner kennengelernt hatte.
    Nicht zuletzt deshalb erschrak Flynn angesichts seiner Reaktion auf Rose O’Keefe. Sie lenkte ihn ab, ihre süße Stimme weitete ihm das Herz, weckte erotische Gefühle in ihm. Lüsternes Verlangen und Sehnsucht nach der Heimat ergaben eine seltsame Mischung, eine höchst unwillkommene dazu. Im Augenblick fühlte er sich indes seinen Empfindungen hilflos ausgeliefert, gefangen vom Zauber ihrer Stimme und ihrer Schönheit.
    Dieser Zauber würde vergehen, bald würde er wieder festen Boden unter den Füßen finden, was auch dringend nötig war, denn diese Frau, die so unvermutet seine Sinne geweckt und eine vergessen geglaubte Sehnsucht nach der Heimat in ihm aufgewühlt hatte, war die Frau, die er seinem Dienstherrn zuführen sollte.
    Rose ließ den Blick über ihre aufmerksam lauschenden Zuhörer schweifen. Mit jedem Auftritt in Vauxhall hatte sie ein größeres Publikum angezogen, und vor ein paar Tagen war sie sogar lobend im Morning Chronicle erwähnt worden. Sie genoss es, wenn ihre Stimme das Orchester übertönte und sich in die Sommernacht schwang. Der Zauber von Vauxhall zog sie in einen magischen Bann, und ihr war beinahe, als sehe sie sich selbst wie im Traum aus großer Höhe auf der Bühne stehen und irische Lieder singen.
    Mr. Hook persönlich hörte ihr von einer Seitengasse der Bühne zu und nickte wohlwollend. Rose schenkte dem Musikdirektor ein Lächeln, bevor sie sich wieder ihrem Publikum zuwandte. Sie war stolz darauf, dass Miss Hart – vielmehr inzwischen Mrs. Sloane – vor ihrer Hochzeitsreise nach Italien eine ihrer Vorstellungen besucht hatte. In der kurzen Zeit, die Rose bei Miss Hart gewohnt hatte, hatte sie viel gelernt. Eine ihrer Lektionen schätzte sie besonders: Miss Hart hatte ihr beigebracht, stolz auf sich selbst zu sein. Und an diesem Abend war Rose sehr stolz auf sich. So stolz, dass sie glaubte, all ihre Träume könnten wahr werden. Sie glaubte daran, eines Tages eine gefeierte Sängerin zu sein, die ganz London bejubelte. Sie würde in Covent Garden singen, in der Drury Lane oder sogar – wagte sie zu hoffen? – in King’s Theatre.
    Erneut flog Roses Blick über ihr Publikum, vorwiegend Männer, die bewundernd zu ihr aufblickten. Seit sie zehn Jahre alt war, sahen Männer sie bewundernd an. Mittlerweile hatte sie gelernt, diesen meist dreisten Blicken ohne Scheu zu begegnen. Und sie hatte gelernt, mit Herren zu plaudern, ohne zu erröten, und sie nötigenfalls in ihre Schranken zu weisen.
    Zufällig streifte Roses Blick zwei Herren in der ersten Reihe seitlich unter den Lampen. Der eine war sehr hochgewachsen und gut aussehend, aber ihre Aufmerksamkeit galt dem Herrn neben ihm, der so hingerissen zu ihr aufblickte, dass ihr Herzschlag ins Stolpern geriet.
    Sie sang die letzten Verse.
    Truth is a fixed star …
    Als das Lied verklang, erhob sich donnernder Applaus. Rose warf dem Herrn, der ihr so andächtig gelauscht hatte, einen verstohlenen Blick zu. Er stand immer noch reglos wie eine Statue, den Blick auf sie fixiert. Sie spürte, wie ihre Wangen sich erhitzten.
    Anmutig verneigte sie sich, sah ihren Bewunderer noch einen heimlich an, schloss die Augen und stimmte sich innerlich auf das nächste Lied ein. Und während sie sang, kehrte ihr Blick wie magisch angezogen immer wieder zu ihm zurück.
    Irgendwann setzte das Orchester zum letzten Lied des Abends an: „The Warning“.
    List to me, ye gentle fair ,
    Cupid oft in ambush lies …
    Rose begann leise, beinahe im Flüsterton, und begleitete ihren Gesang mit gefühlvollen Gesten.
    Of the urchin have a care,
    Lest he take you by surprise …
    Ihre Stimme schwoll, gewann an Volumen, und sie musste sich zwingen, ihr Lied nicht direkt an den mysteriösen Fremden zu richten,

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