Ballard, James G.
sie und wuschen den
Behälter sorgfältig aus.
»Mein Gott ...!« Catherine Austen sah
zum Himmel auf. »Warum sind die Menschen nur so schmutzig, Doktor?«
Ransom nahm ihr den halbvollen Eimer
aus der Hand und ließ ihn ins Wasser klatschen. Catherine sah mit
ausdruckslosem Gesicht zu, wie der Eimer langsam in den öligen Fluten versank.
Professor Austens Frau, die selbst eine bekannte Zoologin gewesen war und ihn
auf Forschungsreisen begleitet hatte, war in Afrika gestorben, als Catherine
noch ein Kind war, und Ransom vermutete, daß die Exzentrizitäten ihrer Tochter
weniger ein Anzeichen für charakterliche Mängel, sondern vielmehr ein Beweis
für ihre Einsamkeit und Verwundbarkeit waren. Während er sie aus dem
Augenwinkel heraus beobachtete, überlegte Ransom sich, daß ein einsamer Mann
zumindest noch Frauen als Gefährten haben konnte – aber eine isolierte Frau
blieb unwiderruflich isoliert.
Catherine nickte ihm noch einmal zu
und machte sich dann auf den Weg zurück ans Ufer.
»Warten Sie«, rief Ransom ihr nach. »Ich
leihe Ihnen etwas Wasser.« Mit einem gezwungen wirkenden Lächeln fügte er
hinzu: »Sie können es zurückgeben, sobald wieder Druck in der Leitung ist.«
Er führte sie über das Deck des
Hausboots und verschwand in der Kombüse. Der Tank auf dem Dach enthielt nur
wenig Wasser – kaum hundert Liter, die er mühsam in Kanistern mit dem Auto an
den Fluß transportiert hatte. Die öffentliche Wasserversorgung, die schon den
ganzen Sommer über sehr unregelmäßig funktioniert hatte, war vor drei Wochen
endgültig eingestellt worden, und Ransom war seitdem nicht mehr in der Lage
gewesen, die ständigen Verluste wettzumachen.
Er ließ etwa zwei Liter Wasser in
eine große Blechdose laufen und trug sie vorsichtig in die Kabine hinüber.
Catherine Austen hatte inzwischen neugierig seine Bücher und Andenken
betrachtet.
»Sie sind gut vorbereitet, Doktor«,
stellte sie jetzt fest. »Wie ich sehe, haben Sie Ihre eigene kleine Welt
hierher verpflanzt. Was sich außerhalb ereignet, berührt Sie vermutlich kaum.«
Sie nahm ihm die Dose aus der Hand und ging auf die Tür zu. »Ich bringe es
Ihnen gelegentlich zurück. Wahrscheinlich brauchen Sie es selbst dringend.«
Ransom hielt sie am Ellbogen fest.
»Behalten Sie das Wasser. Bitte. Ich möchte nicht, daß Sie mich ausgerechnet
für selbstgefällig halten. Daß ich so gut vorbereitet zu sein scheine, liegt
nur daran, daß ich immer ...« Er suchte nach dem richtigen Ausdruck. »Für mich
war das Leben schon immer eine Art Katastrophengebiet.«
Catherine betrachtete ihn kritisch.
»Vielleicht. Ich glaube aber, daß Sie mich vorhin nicht ganz verstanden haben,
Doktor.«
Sie ging langsam zum Ufer hinüber,
drehte sich nicht nochmals nach ihm um und verschwand im Garben ihrer Villa.
Ransom bereitete sich ein leichtes
Mahl zu und war dann die nächste halbe Stunde damit beschäftigt, alle Bullaugen
und Luken des Bootes zu verschließen. Während er vor dem Steuerbordbullauge der
Kabine kniete, sah er draußen etwas aufblitzen; dann ertönte eine laute Stimme.
»Doktor! Schnell!«
Ein langes Skiff, das von einem
kräftigen jungen Mann gerudert wurde, der nur ein Paar verblichene Khakishorts
trug, legte plötzlich an dem Hausboot an. Als Ransom aus der Kabine kam,
erkannte er, daß der junge Mann Philip Jordan war, der eben sein Ruderboot
vertäute.
»Philip, was ...?« Ransom sah in das
schmale Boot hinab, wo ein unförmiges ölgetränktes Bündel, das wie eine
verklebte Matratzenfüllung aussah, auf einer feuchten Zeitung lag. Plötzlich
erhob sich aus diesem wirren Bündel ein schlangengleicher Kopf und bewegte sich
unsicher auf Ransom zu.
»Philip, wirf das Ding ins Wasser!«
rief Ransom erschrocken. »Was hast du da – einen Aal?«
»Einen Schwan, Doktor!« Philip Jordan
kniete in seinem Boot vor dem Tier und strich ihm vorsichtig über die
verklebten Federn. »Er erstickt in dem ganzen Öl.« Der junge Mann sah wieder zu
Ransom auf und lächelte schüchtern. »Ich habe ihn draußen bei den Dünen
gefunden und zum Fluß gebracht, weil ich dachte, er könnte noch schwimmen. Ist
er noch zu retten, Doktor?«
»Ich muß ihn erst untersuchen.«
Ransom kletterte über die Reling in das Skiff, kniete ebenfalls vor dem großen
Vogel nieder und betastete vorsichtig die verklebten Federn. Dann stand er
wieder auf, schüttelte zweifelnd den Kopf und meinte: »Zieh ihm die Flügel
auseinander, Philip. Ich hole ein Lösungsmittel aus der
Weitere Kostenlose Bücher