Ballsaison: Palinskis siebter Fall
nicht. Nachdem der Roboter sein komplettes, nicht unbeträchtliches Spektrum an Bomben auslösenden Maßnahmen ohne Erfolg durchgespielt hatte, entschied Hauptmann Wegener, der Leiter der ›Bomb Squad Airport Frankfurt‹, dass das ›Scheißding‹ jetzt endlich geöffnet werden sollte.
Auch dafür war der Roboter konstruiert, und daher war nach wenigen Sekunden klar, was den unerschrockenen Mannen von der BSAF um ein Haar um die Ohren geflogen wäre. Nämlich, und das erklärte auch das befreiende Gelächter, in das alle Umstehenden nach Abklingen des Überraschungsmoments einfielen, vier Original ›Oldenburger Landschinken‹ am Bein, zu je rund 16 Pfund das Stück. Der beiliegende Brief an Chefkoch Frank Heberlein beseitigte schließlich auch noch das letzte Dunkel um diese explosive Angelegenheit: Der Lieferant der auf den Ladelisten und Transportpapieren ordnungsgemäß verzeichneten übrigen Fleischwaren hatte mit dieser inoffiziellen Geste seinen Dank und dem Team seine besten Wünsche für die Europameisterschaft zum Ausdruck bringen wollen.
So erfreulich harmlos sich die ganze Sache schließlich dargestellt hatte, sie bedeutete doch eine mindestens zweistündige Verspätung des Fluges nach Wien, wie Wiegele mit einem missvergnügten Blick auf seinen Chronometer konstatierte. Aber besser später angekommen als gar nicht.
* * *
»Dann gehen wir am besten mit einer einstweiligen Verfügung gegen ›Wieners Beisl-Bar‹ vor«, empfahl Rechtsanwalt Dr. Rainer Maria Herburger. »Damit wird Ihr Kontrahent gezwungen, dieses Schnitzel, dessen Rezept er gegen Ihren Willen verwendet, sofort von der Karte zu nehmen. Und dann verklagen wir den Laden in aller Ruhe auf Schadenersatz .« Palinski nickte zustimmend. So hatte auch er sich das vorgestellt. Eine normale Klage auf Unterlassung hätte im konkreten Fall wenig Sinn. Die würde vielleicht in drei Monaten, also lange nach Ende der EURO, verhandelt werden und dem miesen Geschäftemacher lediglich ein müdes Lächeln kosten. Nein, um Wiener das präpotente Lachen aus dem feisten Gesicht zu vertreiben, musste sofort etwas geschehen.
Die ganze Sache hatte eigentlich schon vor knapp zwei Jahren begonnen. Palinski hatte damals aus schierer Lust am Spaß an einem Schnitzelwettbewerb anlässlich der Eröffnung eines neuen Lokals Hektor Wieners teilgenommen. Dabei hatte er mit seiner Kreation, dem ›Palinski-Schnitzel‹, den beachtlichen, für ihn persönlich aber eher enttäuschenden 5. Platz belegt * . So weit, so gut.
Vor etwas mehr als drei Wochen war Palinski eine ganzseitige Anzeige der Wiener Beisl-Bars in einer Tageszeitung ins Auge gesprungen, in welcher der smarte Gastronom sein spezielles Angebot für die Fußballverrückten aus allen Ländern Europas vorgestellt hatte. Nämlich Schnitzelkreationen aller teilnehmenden Nationen.
Und da war er dann auch unübersehbar zu sehen gewesen, sein, Palinskis Wettbewerbsbeitrag, der jetzt plötzlich ›feurig-scharfes Schnitzel à la Polska‹ hieß. Wiener hatte sich nicht einmal entblödet, den Hinweis ›nach einem Originalrezept der Familie Palinski‹ anzubringen. Hatte wohl gemeint, mit der Angabe der Quelle wäre alles erledigt.
Da war dem sonst eher langmütigen Mario der Hut hochgegangen. Das war nicht nur eine schamlose Aneignung seines Rezeptes, sondern auch eine ungeheuerliche Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte. Und nicht zuletzt in der dargestellten Form auch schlicht und einfach irreführend. Mit einem Wort, eine Riesensauerei.
Von schierer Frechheit zur veritablen Chuzpe mutierte die Angelegenheit dann aber angesichts eines seit etwa einer Woche landesweit ausgestrahlten Fernsehspots, in dem eine kurze Sequenz der seinerzeitigen Wettbewerbsreportage verwendet worden war. Nämlich jene, in der Palinski sein Schnitzel, leicht dümmlich lächelnd, in die Kamera hielt. Die Aufnahme war seinerzeit im Zuge des finalen Schnitzelbackens von einem lokalen TV-Team gemacht worden.
Zornig hatte Palinski in Wieners Zentrale angerufen, den Herrn über österreichweit inzwischen insgesamt 71 Betriebe aber nicht zu sprechen bekommen. Und ein Dr. Rambader von der Geschäftsleitung hatte ihn nur kalt abfahren lassen. »Die ganze Kampagne ist juristisch wasserdicht«, hatte der unmögliche Kerl behauptet und ihn beinahe ausgelacht. »Sie können uns ja verklagen .«
Dazu war Palinski ursprünglich auch wild entschlossen gewesen. Jetzt aber ging es ihm nur mehr darum, die Sache in Ordnung zu
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