0429 - Höllenfahrt der Templerkutsche
Ein nächtlicher Friedhof ist immer etwas Besonderes, auch noch für mich, der ich oft genug an solchen Plätzen zu tun hatte. Er ist vor allen Dingen dann etwas Besonderes, wenn aus seiner Erde lebende Leichen gestiegen waren, wie wir es erlebt hatten.
Kreuzritter-Zombies!
Und wir standen ungefähr dort, wo sie das Grab verlassen hatten. Es war kaum vorstellbar, daß wir vor gut zwei Stunden noch einen Blick in die flammenerfüllte und erhellte Erde hatten werfen können, jetzt allerdings sah alles sehr normal aus.
Und es war doch nicht normal.
Der kühle Märzwind schien sich aus wispernden und flüsternden Stimmen zusammenzusetzen, als er über den Friedhof wehte, uns tastend in die Gesichter fuhr und unter unsere Jacken drang. Er brachte Geschichten mit von wilden Kämpfen auf Leben und Tod, von einer gnadenlosen Blutschlacht, die hier stattgefunden hatte.
Die Kreuzritter waren letztendlich unterlegen gewesen. Man hatte die Toten in Massengräber geworfen. Unter anderem befand sich eines davon hier auf dem Friedhof.
Aber weshalb waren die schrecklichen Gestalten wieder zurückgekehrt?
Diese Frage brannte mir auf dem Herzen, und ich glaubte fest daran, daß mir Sergio Ivic eine Antwort darauf geben konnte.
Ich schaute ihn an.
Er blickte an mir vorbei, während Suko sich in Richtung Friedhofsmauer begab, die die hintere Grenze des großen Grabs bildete.
»Zigarette?« fragte ich ihn.
»Wenn du willst.«
»Sicher.« Ich klopfte eine aus der Packung. Er griff mit seinen gefesselten Händen danach.
Ich konnte ihm aus nächster Nähe ins Gesicht blicken. In seinen Augen standen Wut und Falschheit zu lesen.
Wenn es möglich gewesen wäre, hätte mich dieser Mann umgebracht, aber seine Gelenke steckten in einer stählernen Acht, so war er behindert.
Feuer gab ich ihm auch. Als die Flamme aufzuckte, wurde, ich wieder an Jiri, den Feuermann, erinnert. Er lebte nicht mehr, Suko hatte ihn erledigt. Eigentlich hatte Jiri uns umbringen wollen, denn er gehörte zu denen, die das Höllenfeuer stark gemacht hatten.
Ivic rauchte und ließ die Zigarette dabei zwischen den Lippen stecken.
Der Qualm floß aus seiner Nase und verteilte sich vor dem Mund. Die Augen hatte er verengt, und als er sprach, nahm er den Glimmstengel auch nicht aus dem Mund.
»Was wollt ihr eigentlich von mir?«
»Die Wahrheit wissen!«
Er lachte aus dem Mundwinkel. »Welche Wahrheit? Es gibt viele.«
»Die Wahrheit über diesen Friedhof, über die Kreuzritter und den Grund, weshalb sie ihre Gräber verlassen haben.«
»Wie soll ich das wissen?«
Ich schaute ihn an. Sergio Ivic sah außergewöhnlich aus. Er war ein ungewöhnlicher Mensch mit hellblonden, fast weißen Haaren, einer ebenfalls sehr hellen Haut und erinnerte an einen Albino.
Ich war ihm ohne Vorurteile begegnet, als er mich in meinem Büro besuchte. Er hatte von Jiri, dem Flammenmann, berichtet und auch von dem Grusel-Star Vincent van Akkeren, einem meiner härtesten Gegner.
Der Name van Akkeren hatte mich aufhorchen lassen. Sergio war Fahrer bei ihm gewesen, hatte sich aber angeblich von ihm getrennt, weil er dessen Machenschaften nicht mehr decken wollte. Er war mit Informationen herausgerückt und hatte uns in eine Falle gelockt.
Nun ja, wir hatten ihm ebenfalls nicht getraut, so war die Falle keine geworden.
Aber es blieben noch genügend offene Fragen. Weshalb hatten die Kreuzritter die Gräber verlassen, und weshalb war dieser alte Friedhof interessant für van Akkeren?
Ich wußte nicht, wie weit der Mann seinen Chauffeur eingeweiht hatte.
Ein Vertrauter war er wahrscheinlich nicht gewesen, aber er wußte sicherlich mehr als wir.
»Ich glaube dir nicht!« sagte ich leise.
»Das mußt du aber.«
»Wollte van Akkeren nicht kommen?«
Er grinste und spie dabei den Zigarettenstummel aus. »Wer hat das gesagt?«
»Du!«
»Ein Bluff.«
Ich nickte. »Gut, wenn es ein Bluff war, nehme ich das hin. Aber die Zombies waren kein Bluff. Sie sind tatsächlich aus den Gräbern gestiegen, und das muß einen Grund gehabt haben. Weshalb sollte dieses große Grab durchleuchtet werden? Aus welch einem Grund hat van Akkeren den Flammenmann geholt? Was wollte er in der Tiefe des Grabes finden? Ich kann mir vorstellen, daß dort nicht nur Leichen verborgen liegen - oder?«
»Keine Ahnung.«
Irgendwie hatte ich das Gefühl, als würde mich dieser Albino anlügen.
Aber wie konnte ich ihn zum Reden bringen?
»Nun, Bulle? Jetzt stehst du da, wie?«
»Nicht ganz. Dir geht es
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